Nein, die Gesellschafterversammlung der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) am Donnerstag, 15. Juni, wurde nicht zum großen Showdown. Es flogen auch nicht die Fetzen. Und niemand setzte den beiden Geschäftsführerinnen die Pistole auf die Brust. Auch wenn scheinbar seit der April-Stadtratssitzung die große schwarze Wolke über dem städtischen Wohnungsunternehmen schwebt: 5.000 zusätzliche Wohnungen soll es in den nächsten acht Jahren schaffen.
Von 35.000 auf 40.000 Wohneinheiten soll der LWB-Bestand steigen, parallel zum Bevölkerungswachstum der Stadt. So formulieren es die neuen Eigentümerziele, die der Stadtrat im April beschloss. Scheinbar holterdipolter. Aber hinter dem Ursprungsantrag der SPD-Fraktion steckte eine Menge Überlegung. Wenn die Stadt auf dem Wohnungsmarkt handlungsfähig bleiben will, braucht sie ein starkes Wohnungsunternehmen. 10,5 Prozent Marktanteil sind seit ein paar Jahren Standard in Leipzig. Auch wenn bisher galt: Die LWB verkauft so viele Bestände, bis sie diesen Anteil erreicht.
Das war ein harter Sanierungskurs, der die letzten zehn Jahre dominierte.
Aber seit 2013 ist klar, dass die LWB nicht nur die Konsolidierungsziele erreicht hat. Seitdem denkt das Wohnungsunternehmen auch wieder an Zuwachs. Wenn auch vorsichtig. Und so sahen es auch Iris Wolke-Haupt und Ute Schäfer, die beiden LWB-Geschäftsführerinnen am Donnerstag, als die Wohnungsgesellschaft gleich nach der Gesellschafterversammlung die Bilanz für das Jahr 2016 vorstellte.
Denn während sich Teile der Politik schon wieder heiß diskutiert haben, haben die beiden Geschäftsführerinnen nach dem ersten Schock in der April-Ratsversammlung erst einmal alle Zahlen angeschaut. Beschließen kann der Stadtrat viel. Aber die LWB ist vor allem ihrer Gesellschafterversammlung verpflichtet, sagte Ute Schäfer. Und die würde ein Risiko-Unternehmen ganz bestimmt nicht befürworten. Das Unternehmen muss – so auch der Stadtratsbeschluss – auf wirtschaftlich tragfähiger Grundlage arbeiten. Das setzt Grenzen.
In der Bilanzpressekonferenz wurde denn auch schon einmal vorgestellt, was die LWB aus eigener Kraft an neuen Wohneinheiten schaffen kann. Dazu gehören die Wohnprojekte, die schon in Arbeit sind, wie die rund 100 Wohnungen, die die LWB an der Wintergartenstraße baut und die im Frühjahr 2018 bezugsfertig sein sollen. Dazu kommen 75 neue Wohnungen, die man in der Bernhard-Göring-Straße bauen will. Da laufen schon die Planungen.
Aber was dann?
Aus eigener Kraft und in relativ kurzer Zeit stemmen, so Iris Wolke-Haupt, könne man 500 bis 600 zusätzliche Wohnungen bis 2020.
Das sind 130 bis 165 Wohnungen in der zentrumsnahen Littstraße, 70 bis 85 Wohnungen auf einem LWB-Grundstück in der Landsberger Straße in Gohlis, bis zu 35 Wohnungen in der Hardenbergstraße in der Südvorstadt. Alles Neubauten auf LWB-eigenen Grundstücken, für die schon Baurecht besteht. Dasselbe gilt für 300 bis 375 Wohnungen in der Saalfelder/Holbergstraße im Dunckerviertel in Neulindenau. In der Summe also 500 bis 600 neue Wohnungen, die die LWB auch aus eigener Kraft finanzieren kann.
„Sie sehen, da fehlt noch ein Stück zu den 5.000 vom Stadtrat beschlossenen Wohnungen“, sagt Wolke-Haupt.
Und was sagt der OBM, der sich nach wie vor überrascht zeigt vom Stadtratsbeschluss? Immerhin wird ja schon eifrig über Grundstücke diskutiert, die man der LWB städtischerseits überlassen kann, über Kredite, Bürgschaften …
„Es kann nur ein Strauß von Maßnahmen sein“, sagt Jung. Und: „Die Messlatte ist verdammt hoch gelegt.“ Und er erinnert daran, dass auch die Stadt nicht einfach Geld zuschießen könne. Das verhindere schon das Beihilferecht. Aber er erinnerte auch daran, dass die Stadt selbst ja auch noch Wohneinheiten verwaltet und dass Bürgschaften sicher ein Thema sind. Aber noch gibt es keinen Plan. „Es muss alles genau abgewogen werden.“
Was auch LWB-Geschäftsführerin Ute Schäfer bestätigt. „Wir werden uns das jetzt ganz genau anschauen und in der Herbst-Aufsichtsratssitzung dann unsere Vorschläge machen.“
Wozu auch kommt, dass die LWB mit der 2013 begonnen Wachstumsphase auch nach und nach die neuen Strukturen aufbauen muss, um das Neubauprogramm auch personell und planerisch zu bewältigen. Und Vorrausetzung für jede Expansion sei nun einmal, dass die LWB erst einmal selbst berechnet, was sie aus eigener Kraft realisieren kann.
Die Spielräume sind größer geworden, seit die LWB wieder steigende Umsätze und steigende Gewinne hat. Die 500 bis 600 Wohnungen stehen schon ziemlich fest. An anderen Projekten arbeite man derzeit noch mit dem Stadtplanungsamt, sagt Wolke-Haupt.
Und wachsen soll der Bestand ja nicht nur durch Neubau. 2016 hat das Unternehmen eine kleine Wohnanlage mit 49 Wohneinheiten in Großzschocher erworben, 2017 kommen 79 Wohneinheiten in Wiederitzsch dazu. Wobei Wolke-Haupt einschränkt: Die LWB kauft nur größere Wohnanlagen an. Und man merke jetzt schon, dass der Leipziger Markt ziemlich eng geworden ist.
Aber das erste Fazit ist: Für bis zu 600 neue Wohneinheiten sind die Planungen bis 2020 schon belastbar. Ein Teil davon wird auf jeden Fall auch mit sozialer Wohnraumförderung gebaut – so auch die Wohnungen in der Bernhard-Göring-Straße.
Ob noch mehr Spielraum besteht, werde man dann im Herbst im Aufsichtsrat der LWB berichten, betont Ute Schäfer. Die Zeit brauche man einfach, um das Mögliche in Zahlen und Plangrößen zu packen.
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