Es wäre ja auch eine Überraschung gewesen, wenn ausgerechnet das Handwerk in Leipzig darben würde, wo ringsum der Laden brummt, die Baustellen schnurren und die Fachkräfte rar werden. Aber die Meldung für die Frühjahrsentwicklung lautet: „Der Motor brummt“. Und mit einem Konjunkturindex von 93,6 erreicht der Handwerksbezirk einen neuen Höchststand seit Beginn der Umfragen im Jahr 1993.

Dabei sind Handwerker vorsichtig. Sie beginnen schon zu zögern, wenn die großen Medien noch Jubelmeldungen verbreiten. Sie zögern mit Investitionen, so lange eine Entwicklung noch wie ein Feuerwerk aussieht, machen lieber Überstunden, als neue Leute einzustellen. Handwerk ist tatsächlich konservativ. Im besten Sinne. Denn gerade in echten Krisenzeiten zeigt es dann seine Stabilität. Dann rauschen zwar die Erwartungswerte in den Keller – so wie 1998 bis 2005, als sie unter die 70-Punkte-Marke rutschten.

Aber das Handwerk dämpft so eine Konjunkturschlappe, bildet weiter aus, hält die Leute auch in trüben Zeiten bei der Stange.

Eigentlich ist Leipzigs Handwerk derzeit in der Belohnungsphase: Es könnte jetzt so richtig einsammeln, was es damals in den kargen Jahren ausgehalten hat.

„Die Handwerksunternehmen der Region sind gut aufgestellt. Die Beschäftigungssituation ist stabil – mit deutlichen Wachstumstendenzen. Die größte Herausforderung für die weitere positive Entwicklung besteht in der Deckung des Fachkräftebedarfs“, fasste der Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig, Claus Gröhn, am Dienstag, 9. Mai, die Ergebnisse Konjunkturumfrage zusammen.

Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der an der Umfrage beteiligten Unternehmen bezeichnet ihre Geschäftslage als gut. Das ist ein Anstieg um fünf Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Knapp 40 Prozent sind zufrieden und nur 6,5 Prozent schätzen ihre Geschäftslage mit schlecht ein.

Und auch der Blick in die Zukunft ist optimistisch. Für die kommenden Monate erwarten fast alle Betriebe (96 Prozent) eine gleichbleibend große Nachfrage ihrer Leistungen. Knapp zwei Drittel erwartet eine gute und ein Drittel zumindest eine befriedigende Geschäftsentwicklung.

Heißt: Die vorsichtigsten Unternehmer in der Region schauen vertrauensvoll in die nächsten sechs Monate. Was natürlich mit den Auftragsbüchern zu tun hat. Die sind voll.

Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung der Betriebe hat gegenüber dem Vorjahreszeitraum um zwei Prozentpunkte zugenommen und liegt bei 84,9 Prozent. Mehr als jeder dritte Handwerksbetrieb (39,5 Prozent) ist voll ausgelastet, kann also oft auf Monate hinaus keine Aufträge mehr annehmen. Leipziger, die handwerkliche Dienstleistngen in Anspruch nehmen wollen, müssen mittlerweile oft sehr lange warten, bis der Handwerker kommen kann.

Fast die Hälfte (45,6 Prozent) aller Handwerksbetriebe hat Planungssicherheit mit einem Auftragsvorlauf von mindestens zwölf Wochen. Dies ist ein Anstieg um 21,5 Prozentpunkte gegenüber dem Frühjahr 2016.

Geschäftsklimaindex der Leipziger Handwerksbetriebe. Grafik: Handwerkskammer zu Leipzig
Geschäftsklimaindex der Leipziger Handwerksbetriebe. Grafik: Handwerkskammer zu Leipzig

Aber eine brummende Konjunktur hat auch Schattenseiten. Zwei davon bekommen die Leipziger Handwerksbetriebe direkt zu spüren.

Zwei Drittel der Unternehmen erwartet, dass ihre Einkaufspreise in den kommenden Monaten weiter steigen werden. Hingegen erwartet nur etwas mehr als ein Drittel der Befragten sicher, dass sie zukünftig höhere Verkaufspreise erzielen.

Denn die Nachfrage in Leipzig ist zwar hoch. Aber das bedeutet nicht, dass sich in Leipzig auch höhere Abnehmerpreise durchsetzen lassen. Gerade Dienstleister merken es, wenn ihre Kunden eben doch nur das übliche Geld im Beutel haben. Was dann die Möglichkeiten, die gestiegenen Einkaufspreise auch auf die Kunden umlegen zu können, deutlich einschränkt.

Aber die Zuversicht wächst, dass die Leipziger nun doch nach und nach etwas mehr Geld zum Ausgeben haben: Jeder vierte Befragte (24,4 Prozent) rechnet mit steigenden Umsätzen bis zum Herbst. Lediglich sieben Prozent gehen von einem Umsatzrückgang aus, im Vorjahr waren es noch 33 Prozent.

Die gute Lage und die optimistische Stimmung spiegeln sich auch in der Personalpolitik der Unternehmen wider, betont Gröhn. Die Zahl der Mitarbeiter ist gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen. Mehr als zehn Prozent der Betriebe hat im Verlauf der letzten Monate sein Personal aufgestockt. Oder in Zahlen ausgedrückt: Seit 2015 ist die durchschnittliche Mitarbeiterzahl in den befragten Handwerksbetrieben von 8,7 auf 11 gestiegen. Bei 11.868 Mitgliedsbetrieben ist das Handwerk die wichtigste Job-Maschine in der Region. Aber da das natürlich direkt an Einkommen und Nachfrage hängt, prosperiert es logischerweise erst dadurch, dass eine Region sich stabilisiert. Wenn es dem Handwerk gutgeht, ist das ein sehr eindeutiger Indikator für den Zustand der regionalen Landschaft.

Trotz des spürbar zunehmenden Fachkräftemangels werden in den Handwerksbetrieben weiter Stellen geschaffen. Für den Frühsommer planen acht Prozent der Betriebe Neueinstellungen und nur wenige (3 Prozent) wollen Personal abbauen. Die Ausbildung bleibt für die Handwerksbetriebe die Basis für die Sicherung des Fachkräftebedarfs. Zum 30. April wurden 256 Ausbildungsverträge geschlossen, sechs mehr als im vorigen Jahr zu diesem Zeitpunkt.

Und in der Summe ergibt das dann so eine Art Handwerker-Sonnenschein: Der Geschäftsklimaindex stieg gegenüber dem Frühjahr 2016 um zwei Punkte auf 94,6. Er bleibt damit das sechste Jahr in Folge bei einem Wert von über 90 und erreicht einen neuen Frühjahrs-Höchststand.

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