Natürlich war auch der Brief des Delitzscher OBM Dr. Manfred Wilde ein Thema bei der Bilanzpressekonferenz der Sparkasse Leipzig am Donnerstag, 27. April. Seit Februar ist die Schließung verschiedener Filialen im Netz der Sparkasse Thema der politischen Diskussion. Immerhin hat das Geldinstitut doch wieder Gewinn gemacht. Trotz alledem, muss man sagen.
Denn hinter dem im Januar beschlossenen Straffungspaket, bei dem das Filialnetz von 85 auf 75 Filialen verkleinert werden soll, steht ein finanzieller Druck, der sich in der Bilanz der Sparkasse als Rückgang des Zinsüberschusses liest – von 160,3 Millionen Euro im Vorjahr ging er auf 154,9 Millionen zurück.
Das, so Harald Langenfeld, der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse, habe mit der Nullzinspolitik der EZB zu tun. Diese zerstöre nach und nach das Geschäftsmodell der Banken. „Das ist eine dramatische Entwicklung“, sagt er. 2009 habe die Sparkasse mit Zinsen noch 176 Millionen Euro eingenommen. 2018 rechnet Langenfeld nur noch mit 140 Millionen.
„Wir spüren die Auswirkungen der Niedrigzinsphase von Jahr zu Jahr stärker“, sagt Langenfeld. Eigentlich, so merkt er an anderer Stelle an, zahle man bei Kundeneinlagen nur noch drauf. Das Verwalten von Privatkundenkonten sei ein reines Zuschussgeschäft geworden.
So dass die Sparkasse nicht nur versuchen muss, über andere Geschäftsfelder mehr Umsatz zu machen – und gleichzeitig zu sparen. Wobei die Sparkasse Glück hat: Sie arbeitet in einer wachsenden Region. Die Nachfrage nach Krediten wächst. So wuchs der Neuumsatz bei Unternehmenskrediten von 544 auf 664 Millionen Euro.
Den Kundenstamm habe man gehalten. 441.000 private Girokonten gebe es bei der Sparkasse Leipzig – jeder zweite Kontoinhaber in der Region sei also bei der Sparkasse. Bei den gewerblichen Kunden sind es sogar 54 Prozent. Dahinter stecken 33.000 Geschäftsgirokonten.
Auch die Höhe der Kundeneinlagen stieg – von 7,388 auf 7,632 Milliarden Euro.
Das klingt doch gut. Aber siehe oben: Die Einlagen bringen der Sparkasse kein Geld. Ab Einlagen von einer Größenordnung ab 500.000 verlangt die Sparkasse seit Januar sogar einen Verwahrzins von 0,4 Prozent. „Das ist im Grunde das, was uns die EZB auferlegt“, sagt Langenfeld.
Aber der Schwund beim Zinsgeschäft ist nicht der einzige Grund für die Straffung des Filialnetzes. Auch auf die zunehmende Abwanderung des Kundengeschäfts ins Internet reagiere man damit. 170.000 Kunden würden ihre Geschäfte mit der Sparkasse schon online abwickeln.
Zwei Jahre lang habe man das komplette Filialnetz unter die Lupe genommen, habe auch extra einen externen Berater hinzugezogen. „Und wir haben auch mit allen Verantwortlichen Gespräche geführt, unsere Pläne erklärt und auf Problemfeststellungen auch entsprechend reagiert“, sagt Langenfeld.
Auch dem Delitzscher OBM habe man so ein Gespräch angeboten. „Doch er hat das Angebot nicht angenommen und uns dann lieber einen Offenen Brief geschickt“, so der Sparkassenvorsitzende.
Reagiert hat auf den Offenen Brief Kai Emanuel (parteilos), Landrat des Landkreises Nordsachsen und Vertreter im Verwaltungsrat der Sparkasse.
„Die Sparkasse Leipzig hat nahezu alle Abläufe im Privatkundengeschäft auf den Prüfstand gestellt und eine Strategie entwickelt, welche die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Instituts langfristig sichert. Dazu gehört auch, dass nicht alle Geldautomaten an allen Standorten erhalten werden können“, erklärte er am Donnerstag. „Die rasante Digitalisierung von Bankdienstleistungen, die demografische Entwicklung im ländlichen Raum und die anhaltende Niedrigzinsphase zwingen zu wirtschaftlich vernünftigem Handeln. Der Verwaltungsrat hat alle Argumente sorgfältig geprüft, gründlich abgewogen und schließlich den unumgänglichen Veränderungen zugestimmt. Wir brauchen eine marktgerechte und zukunftssichere Sparkasse als zuverlässigen Partner in der Region.“
Womit er ganz ähnlich reagiert wie der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, der diese Gemengelage im Leipziger Stadtrat zu erklären versuchte.
Die Sparkasse Leipzig wird nach den Standortveränderungen mit ihren 75 Filialen und 42 SB-Stellen auch ab 2018 noch über das größte Netz und die meisten Selbstbedienungsgeräte aller Kreditinstitute in Leipzig und den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen verfügen. Das betonte auch Langenfeld am Donnerstag. Auch manche Filiale, die defizitär arbeite, werde man erhalten, wenn der Weg bis zur nächsten Filiale oder SB-Stelle unzumutbar weit würde. In Delitzsch Nord ginge es um zwei Kilometer. Das sei im Vergleich mit abgelegeneren Filialen noch verkraftbar.
Darüber hinaus werden insgesamt 48 Orte in der Stadt und den beiden Landkreisen regelmäßig von zwei fahrbaren Filialen mit Bankdienstleistungen versorgt.
Im Rahmen der Umstrukturierung werde die Sparkasse aber auch 215 Vollzeitstellen (von derzeit 1.637) abbauen.
Wobei er den Aspekt der zunehmenden Digitalisierung noch deutlicher betonte. „Junge Leute wickeln ihre Bankgeschäfte nur noch mit dem Ding hier ab“, sagte Langenfeld und nahm sein Smartphone in die Hand. Worauf die Sparkassen schon in den vergangenen Jahren reagiert haben, indem sie ihre digitalen Service-Angebote deutlich ausgebaut haben. Die Sparkassen-App hält Langenfgeld sowieso für die beste Banken-App, die es gibt.
Bleibt noch die Frage: Was blieb übrig im letzen Jahr?
Vor Steuern hat die Sparkasse Leipzig mit 41,6 Millionen Euro fast genauso viel erwirtschaftet wie im Vorjahr (42,3 Millionen Euro), hat dann auch brav 24,6 Millionen Euro an Steuern gezahlt, so dass 17 Millionen Euro als Jahresüberschuss blieben.
14 Millionen davon fließen in das Eigenkapital der Sparkasse, so wie das auch im Vorjahr geschah. Mit 15,5 Prozent Eigenkapitalquote liegt man schon spürbar über den 10 Prozent, auf die sich andere Banken noch mühsam hinarbeiten.
Bleiben 3 Millionen Euro, die man wie im Vorjahr an die Gesellschafter (zu denen auch die Stadt Leipzig gehört) ausschütten möchte.
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