Vielleicht sollte man doch in allen Schulen der Welt einen ordentlichen Wirtschaftskundeunterricht einführen. Dann könnten sich vielleicht solche Schmalspurpolitiker verhindern lassen, die derzeit überall aufploppen und eine Art Wirtschaft betreiben, die nur noch als chaotisch-protektionistisch bezeichnet werden kann. Auch Leipziger Unternehmen kommen so langsam die Absatzmärkte abhanden. Auch wenn die Lage noch freundlich ist.

Auf den ersten Blick ist das, was die IHK zu Leipzig zum Jahresstart meldet, voller Zuversicht: Zu Jahresbeginn beurteilen 55 Prozent der Unternehmen – mehr als je zuvor – ihre Geschäftslage mit gut. Nur sechs Prozent sind unzufrieden. Die Lagebeurteilung erreicht damit eine neue Bestmarke. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Konjunkturbefragung der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig, an der sich 685 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit rund 42.000 Beschäftigten beteiligten.

„Das Lagehoch der hiesigen Wirtschaft darf über die zukünftigen Herausforderungen nicht hinwegtäuschen. Denn die positive wirtschaftliche Entwicklung wird vorwiegend durch privaten und staatlichen Konsum und Bauinvestitionen getragen. Für die investitions- und exportabhängige Industrie reicht es nur für ein leichtes Wachstum“, fasst Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig, zusammen und blickt voraus: „Dieses Jahr stehen sehr spannende Wahlen zum Deutschen Bundestag an. Hier fordere ich heute schon die zukünftigen Mitglieder auf, mutige Entscheidungen für eine positive wirtschaftliche Zukunft unserer Region und des ganzen Landes zu treffen.“

So deutlich war auch im Konjunkturbericht der IHK selten ablesbar, dass zwei Entwicklungen nebeneinanderher laufen.

Während im Außenhandel ein Markt nach dem anderen ins Schwimmen gerät, weil Krisen und Autokraten die globalen Austauschprozesse (zer-)stören, ist im Inland seit nunmehr sechs Jahren ein deutlicher Stabilisierungsprozess im Gang.

In allen Wirtschaftsbereichen hat sich die Geschäftslage gegenüber der vorherigen Umfrage im Herbst 2016 verbessert, was auf einen starken Jahresendspurt hindeutet. Neue Höchststände erreicht aber vor allem der Lagesaldo im Einzelhandel sowie im Verkehrs- und im Gast-/Tourismusgewerbe. Es wird also – auch aufgrund gestiegener Einkommen – wieder mehr konsumiert, transportiert und verreist.

Insgesamt 42 Prozent der Unternehmen konnten in den vergangenen Monaten ihre Umsätze steigern. Ein Drittel der Unternehmen konnte auch die Erträge gegenüber dem Vorjahr verbessern.

Und was erwarten sich die Unternehmen von 2017?

Die Geschäftserwartungen der Unternehmen haben sich gegenüber der vorherigen Umfrage auch wieder aufgehellt und lassen auch für 2017 ein stabiles wirtschaftliches Wachstum erwarten. Ein Viertel der Unternehmen rechnet mit einer Verbesserung der Geschäftslage und nur jede zehnte Firma ist pessimistisch. Nahezu zwei Drittel der Firmen gehen von einer gleichbleibenden Geschäftslage auf aktuell hohem Niveau aus.

Insbesondere in der Industrie haben sich die Geschäftsaussichten deutlich verbessert. Auch außerhalb der dominierenden Automobilbranche ist die Zuversicht in verschiedenen Industriebranchen gestiegen. Die Exporterwartungen legen nach einem Tiefpunkt im Frühjahr 2016 weiter zu.

Aber warum nur?

Die IHK hat das diesmal extra abgefragt.

Demnach exportieren zurzeit 52 Prozent der antwortenden Industrieunternehmen und gut 18 Prozent der Dienstleister. Die nicht exportierenden Unternehmen geben zu jeweils rund einem Viertel an, dass kein Bedarf an neuen Absatzmärkten besteht oder dass die eigenen Produkte und Dienstleistungen nicht für den internationalen Markt geeignet sind. Fehlende personelle Kapazitäten spielen immerhin noch für knapp zehn Prozent der Industrieunternehmen und für sieben Prozent der Dienstleister eine Rolle. In der Industrie nennen darüber hinaus jeweils gut acht Prozent fehlende Kenntnisse über Exportmöglichkeiten und Sprachbarrieren als Exporthemmnisse, in der Dienstleistungswirtschaft sind diese Anteile deutlich geringer. Von den derzeit nicht exportierenden Unternehmen planen lediglich drei Prozent binnen der nächsten zwei Jahre einen Einstieg ins Exportgeschäft.

Dies zeige, so interpretiert es die IHK, dass sowohl die Sächsische Staatsregierung als auch die Industrie- und Handelskammern gezielt weitere Unterstützungsarbeit zur Förderung der Außenwirtschaftskontakte der regionalen Wirtschaft leisten müssten, um deren Internationalisierungsgrad zu erhöhen.

Aber das wird ganz bestimmt nicht leichter.

Im Gegenteil.

Denn trotz der insgesamt guten Situation bleiben die Risiken insbesondere für den Welthandel hoch. Neben der Vielzahl an regionalen Konfliktherden schüren nicht zuletzt der Brexit sowie die aktuell vorhandenen Unwägbarkeiten in der künftigen US-amerikanischen Außen- und Wirtschaftspolitik die Unsicherheiten weiter.

Ohne sichere Absatzmärkte aber keine Exportsteigerung. Und man darf auch nicht vergessen: Von Donald Trumps Protektionismus ist auch und gerade der Warenaustausch mit Europa betroffen.

Wir benutzen dieses schöne alte Wort jetzt einfach mal, weil das ewige Gerede vom (Nur-)Export immer wieder vergessen läst, dass die Weltwirtschaft hochgradig verflochten ist und alle beteiligten Länder sowohl ex- als auch importieren. Und zwar nicht nur fertige Produkte, sondern auch Rohstoffe, Halbwaren, Zubehör, Bauteile. Es gibt kaum noch ein Industrieprodukt, das in einem Land allein hergestellt wird. Und gerade die Entscheidungen zum Brexit in Großbritannien und der Trump-Wahl in den USA haben gezeigt, dass nicht einmal die großen Lobbyverbände, Parteien und Medien begriffen haben, dass die Wirtschaft in weiten Teilen der Welt nur funktioniert, weil sie hochgradig verflochten ist.

Wer das zu kappen versucht, zerstört vor allem die Prosperität des eigenen Landes.

Aber wohin geht die Reise?

Noch wird in Leipzig kräftig produziert. Und zwar ohne Delle, auch wenn das Viele mit Einführung des Mindestlohnes befürchtet haben und die Arbeitskosten im Ranking der geschäftlichen Unternehmensrisiken nach wie vor am häufigsten genannt werden, dicht gefolgt von der Inlandsnachfrage. Auf dem dritten Platz rangiert dann schon der Fachkräftemangel, deutlich vor der Entwicklung der Energie-, Kraftstoff- und Rohstoffpreise.

Offen ist, ob es bei den Investitionen eine wirkliche Trendwende gibt, auch wenn das Bild der Investitionsplanungen der Unternehmen derzeit erfreulich aussieht. Danach könnten die zuletzt eher schwachen Investitionsaktivitäten dieses Jahr wieder etwas Schwung erhalten. Inwieweit diese Entwicklung nachhaltig ist, wird der Jahresverlauf zeigen.

Die Personalplanungen der Unternehmen, so die IHK, stimmen ebenfalls zuversichtlich. Der Anteil der Unternehmen, die in den kommenden Monaten zusätzliche Mitarbeiter einstellen möchten, ist fast dreimal höher als der Anteil der Unternehmen, die mit rückläufigen Beschäftigtenzahlen planen. Sollten die Unternehmen ihre Planungen umsetzen, ist auch 2017 von einem weiteren Beschäftigungsaufbau im gewerblichen Sektor auszugehen.

Der Aufschwung in Leipzig geht also weiter. Vorerst.

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