Es ist schon erstaunlich, wie oft Leipzigs Verwaltung in letzter Zeit diverse Medienberichte korrigieren musste. Am Donnerstag, 3. März, schon wieder. Aber diesmal war es nicht derselbe Zeitungskandidat, der jüngst mit einer etwas eigenen Interpretation städtischer Entscheidungen aufgefallen war. Diesmal war es die Leipziger Ausgabe der „Bild“, die mit breiter Brust meinte: „So wäre Leipzig billiger gekommen“.

Es ging um die 2003 beschlossenen Cross-Border-Leasing (CBL) Verträge zum Trinkwassernetz der Kommunalen Wasserwerke Leipzig – seinerzeit in einer nichtöffentlichen Stadtratssitzung beschlossen, im Dezember 2015 dann offiziell  beendet. Da stimmte der Stadtrat dem Rückkauf des Netzes vom CBL-Vertragspartner Verizon für 90 Millionen Euro zu. Ein happiger Preis, nachdem man doch 2003 den Leipzigern erzählt hatte, das sei ein echtes Win-Win-Geschäft. Beide Seiten würden richtig Geld verdienen (auf Kosten des amerikanischen Fiskus).

Aber seit es die steuerlichen Vergünstigungen für solche Deals nicht mehr gibt, haben auch die us-amerikanischen Vertragspartner großes Interesse daran, die Verträge vorzeitig wieder aufzulösen. Manchmal – wie bei den CBL-Verträgen mit der städtischen Tochter LVB – geht das ohne weiteren finanziellen Schaden ab.

Aber im Fall des Trinkwassernetzes stand – bei Weiterlaufen des Vertrages – im Jahr 2032 sogar eine Summe von 250 Millionen Dollar im Raum, die Leipzig für den Rückkauf des Netzes hätte aufbringen müssen. Die These, die dann die „Bild“ am 3. März verkündete in Berufung auf den „auf CBL-Geschäfte spezialisierten und weltweit renommierten Anwalt Prof. Julian Roberts (65) aus München“, lautete, Leipzig hätte doch einfach vor Gericht die Unwirksamkeit der Verträge erstreiten können.

Ganz von allein ist „Bild“ weder auf die These noch auf den berühmten Anwalt gekommen. Denn zuerst verkündet hatte die These die Zeitschrift „Der Neue Kämmerer“ schon am 25. Februar. Das klingt nach einer Fachzeitschrift des Bundesverbandes der deutschen Finanzbürgermeister, ist es aber nicht. Sie wird von der Frankfurt Business Media GmbH herausgegeben, und die wieder gehört zur Verlagsgruppe Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH (FAZ). Ihr Ziel: „Die Fachzeitung zeigt Strategien für eine erfolgreiche und nachhaltige Haushaltskonsolidierung auf und vermittelt Entscheidungsträgern im öffentlichen Sektor modernstes Finanzierungswissen.“

Und dort wurde der „auf CBL-Transaktionen spezialisierte Anwalt Julian Roberts“ am 25. Februar schon zitiert mit: „Auf Basis aktueller Rechtsprechungen hätte die Stadt Leipzig gute Chancen gehabt, vor Gericht eine Unwirksamkeit der Verträge zu erstreiten. Dass die Stadt jetzt so einen hohen Verlust in Kauf nimmt, ist nur schwer nachvollziehbar.“

Das griff „Bild“ dann auf und war sich dann sehr sicher, dass Leipzig „60 Millionen Euro umsonst versenkt“ hat.

Aber ganz so einfach ist es nicht. Auch nicht, was eine mögliche erfolgreiche Anfechtung des Vertrages betrifft.

Aber dazu einfach die Klarstellung der Stadt selbst:

Korrektur: Klarstellung zu Medienberichten i. Z. m. der vorzeitigen Beendigung der CBL-Transaktion „KWL-Trinkwassernetze“

These 1: Die Stadt Leipzig hätte aufgrund aktueller Rechtsprechungen gute Chancen gehabt, vor Gericht eine Unwirksamkeit des CBL-Trinkwasservertrages zu erstreiten und damit ohne Verlust aus dem Geschäft herauszukommen. Es sei ein vermeidbarer Schaden von 60 Mio. EUR entstanden.

Weder der Stadt noch Ihren Unternehmen lagen belastbare Hinweise vor, dass dies bis heute eine Kommune oder ein kommunales Unternehmen hinsichtlich bestehender CBL-Transaktionen angestrengt oder diesen Weg gar erfolgreich beschritten hätte. Der Gerichtsstand für rechtliche Auseinandersetzungen liegt zudem nicht in Deutschland, sondern in den USA.

These 2: Der Stadt Leipzig war es schon bei Vertragsabschluss aus (kommunal-) rechtlichen Gründen verwehrt, derartige grenzüberschreitende Transaktionen abzuschließen.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses lagen alle dafür erforderlichen rechtlichen Genehmigungen, insbesondere die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vor.

These 3: Die Entscheidung der vorzeitigen Terminierung der CBL-Transaktion erfolgte ohne Not und die damit verbundenen Kosten von 60 Mio. EUR hätten vermieden werden können.

Leipzig hat sich unter Abwägung von Wirtschaftlichkeits- und Risikoaspekten für die vorzeitige Beendigung zu den Bedingungen entschieden. Damit konnte das weit höhere und nicht unwahrscheinliche Risiko eines Totalausfalls oder eines noch geringeren Wertes der MBIA-Anleihe einschließlich damit verbundener finanzieller Folgen ebenso ausgeschlossen werden, wie eine Zahlungspflicht im Jahr 2032 in Höhe von 250 Mio. US-$. Unter Berücksichtigung vereinnahmter Barwertvorteile und Zinseffekte verbleibt Netto ein Betrag von rd. 40 Mio. EUR.

Leipzig wurde beim Abschluss der CBL-Trinkwassertransaktion, bei der laufenden Vertragsüberwachung und bei der vorzeitigen Terminierung von verschiedenen externen Experten unterstützt. Die derzeit beratenen Akteure waren nicht am Transaktionsabschluss beteiligt. Auch seitens dieser externen Experten lagen dazu zu keinem Zeitpunkt konkrete Hinweise hinsichtlich einer etwaigen erfolgversprechenden Anfechtung dieser Transaktion vor.

Wenn diese Option grundsätzlich realistisch bestanden hätte, hätten davon bereits alle von CBL-Transaktionen betroffenen und im Deutschen Städtetag vereinigten Kommunen sicher umfänglich Gebrauch gemacht und nicht zusätzliche Zahlungen in Millionenhöhe auf Grundlage von Vertragsbestimmungen in deren CBL-Verträgen geleistet.

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Keine Kommentare bisher

Naaaaja… Speziell bei der Stadtverwaltung glaube ich lieber sogar der Bild-Zeitung mehr als dem, was diese Stadtverwaltung so verbreitet.

So unplausibel sind die Vorwürfe der Bild nämlich nicht, nur die Stadt möchte das nochmals kleinreden
(“keine belastbaren Hinweise” … man beachte das “belastbar”…).

Die seinerzeitgen Warner vor diesen Cross-Border-Geschäften wurden niedergeschrien (genauso wie nochmals ein paar Jahre früher die Flughafengegner).

Im Neuen Rathaus sitzen Nieten nicht nur an den Hosentaschen.

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