Da munkelte es ja wieder mal einen Tag vorab: Was ist da los bei der Verbundnetz Gas AG? 100 Millionen Euro ins Minus gewirtschaftet? Und das nach einem Spitzenergebnis im Vorjahr? Was ist passiert? Eigentlich nichts anderes als in den Vorjahren. Es gibt wohl kein einziges deutsches Energieunternehmen, das vom Irrsinn der Welt-Energie-Mรคrkte verschont bleibt.

Denn da liegt das Problem. Was auf der Pressekonferenz zur Bilanz 2015 am Donnerstag, 10. Mรคrz, im Haus der VNG auch schรถn deutlich wurde in der Frage eines russischen Korrespondenten, der von einem โ€žPreiskriegโ€œ sprach und die Rolle der US-Amerikaner dabei hinterfragte โ€“ und natรผrlich, wie die VNG nun damit umgehen wolle. รœbrigens keine neue Frage auf den jรคhrlichen Pressekonferenzen der VNG. Denn seit die USA ihre Eigenfรถrderung von Erdรถl und Erdgas drastisch gesteigert haben, haben sie sich von einem sehr verlรคsslichen Importeur von LNG (engl. liquefied natural gas, Flรผssigerdgas) zu einem Selbstversorger entwickelt. Was zu einem Riesenproblem all jener Staaten wurde, die enorme Produktionskapazitรคten fรผr LNG aufgebaut haben, extra zur Belieferung des amerikanischen Marktes: Und nun nehmen die Amerikaner nichts mehr ab. Die Tanker mit LNG an Bord suchen sich neue Hรคfen โ€“ und landen dann irgendwann in Europa.

Nur treffen sie hier auf eine Versorgungsstruktur, bei der weite Teile des Kontinents schon mit Erdgas aus Pipelines versorgt werden โ€“ aus Russland zum Beispiel. Es ist also gar nicht so abwegig, dass die Russen diese Entwicklung als direkten Preiskrieg gegen ihre wichtigste Einnahmequelle verstehen. Denn nicht nur der Preis fรผr Erdgas ist so in den Keller gerauscht, auch der fรผr Erdรถl.

Eigentlich mรผsste sich dann ein Versorger wie VNG freuen: Der Einkauf wird billiger, da kann man ja richtig Geld verdienen im Weiterverkauf?

Pustekuchen warโ€™s. Und auch das ist nichts Neues, denn genau so denken ja auch alle 900 Mitbewerber auf dem europรคischen Markt. Ein Ergebnis des Preisverfalls ist also auch ein kontinentweites รœberangebot. Da kann man mehr Erdgas verkaufen, wie es die VNG 2015 auch getan hat, aber man verkauft es zu deutlich niedrigeren Preisen. Ergebnis: Die Marge sinkt.

Ein Effekt, den so ja auch schon die Leipziger Stadtwerke erlebt haben, als sie noch glaubten, auf dem Strommarkt richtig Geld verdienen zu kรถnnen.

Sinkende Marge heiรŸt aber nicht, dass der GroรŸhandel der VNG 2015 das Geschรคft verhagelt hat. Er fiel nur als Gegengewicht aus, um groรŸe Abschreibungen an anderer Stelle ausgleichen zu kรถnnen.

Dazu kommen wir gleich.

Denn direkte Folge, wenn ein Markt wie der europรคische mit Erdgas regelrecht geschwemmt ist, ist natรผrlich auch, dass man mit der Vermietung von Speicherkapazitรคten kaum noch Geld verdient, auch das ja ein wichtiges Standbein der VNG. โ€ž90 Prozent unserer Speicher arbeiten profitabelโ€œ, sagte Bodo Rodestock, Vorstand Finanzen/Personal der VNG, am Donnerstag. Das betrifft vor allem die gut eingespielten Speicher bei Bernburg und Bad Lauchstรคdt. Aber dafรผr schlugen die neu gebauten Speicher โ€“ Stichworte:  Jemgum und Etzel โ€“ mit besonders starken Abschreibungen in Hรถhe von 114 Millionen Euro zu Buche. Das ist der Einmaleffekt, von dem im Konzernbericht mehrmals die Rede ist und der vor allem dazu gefรผhrt hat, dass aus einem positiven operativen Ergebnis am Ende ein Minus wurde: fรผr die VNG AG allein ein Minus von 102 Millionen Euro. Da aber die Tรถchter der VNG โ€“ wie z. B. die Goldgas โ€“ ordentliche positive Ergebnisse erwirtschaftet haben, blieb am Ende fรผr die VNG-Gruppe unterm Strich ein Minus von 53 Millionen Euro.

Ohne den Einmaleffekt, so Rodestock, hรคtte die Gruppe ein Plus erwirtschaftet.

Aber trotzdem bleibt Vorsicht geboten. Denn der rapide Preisverfall fรผr Erdgas im vergangenen Jahr hat natรผrlich auch dazu gefรผhrt, dass der โ€žSpreadโ€œ abgesunken ist. Dabei geht es vor allem um die Spreizung der Gaspreise zwischen Sommer und Winter. In ruhigeren Zeiten hat die VNG mit dem im Sommer preiswert eingekauften Erdgas im Winter, wenn es benรถtigt wurde, ordentlich Geld verdient. Besonders, wenn die Winter knackekalt waren und die Bรผrger und Unternehmen ordentlich heizen mussten. Da hat der โ€žSpreadโ€œ nicht nur die Speichervorhaltung finanziert, sondern dem Unternehmen auch das nรถtige Plus erwirtschaftet.

Logisch, dass VNG an die Bundesregierung appelliert, endlich auch ein Honorierungsmodell fรผr die Speichervorhaltung zu entwickeln.

Aber das Fazit ist klar: So lange Erdgas- und Erdรถlpreis im Keller sind, ist mit groรŸen Gewinnen aus dem Erdgasgeschรคft nicht zu rechnen, auch wenn Bodo Rodestock fรผr die nรคchsten Jahre ein jรคhrliches Plus im zweistelligen Millionenbereich fรผr mรถglich hรคlt. Aber auch dazu muss im Unternehmen gestrafft und umorganisiert werden. Und das soll auch nicht ohne Personalkรผrzungen abgehen. In der LVZ waren zwar schon Zahlen zu lesen. โ€žAber wir mรผssen da an die Organisationsstruktur gehenโ€œ, so Rodestock. โ€žBevor wir nicht die neuen Organisationsstrukturen kennen, kann ich auch nichts รผber die mรถglichen Stellenstreichungen sagen.โ€œ Aber man wolle sich auf jeden Fall bemรผhen, die Entlassungen sozial gut abzufedern. Man sei mit dem Betriebsrat dazu in intensiven Gesprรคchen.

Und es darf auch nicht ausgeblendet werden, dass auch die deutsche Energiewende den Erdgasversorgern das Geschรคft verhagelt. Denn ursprรผnglich war nur eine einzige, weil hochflexible รœbergangstechnologie vorgesehen, bis irgendwann die alternativen Energien die volle Energielast tragen kรถnnen: die Erdgaskraftwerke. Reihenweise haben deutsche Stadtwerke sich moderne, leicht steuerbare Gaskraftwerke hingestellt oder bestehende noch einmal mit modernen Turbinen aufgerรผstet (so wie die Stadtwerke Leipzig). Aber wenn der Strommarkt mit โ€žbilligemโ€œ Kohlestrom geflutet ist und die Kohlemeiler auch den Fernwรคrmemarkt dominieren, rechnen sich Gaskraftwerke einfach nicht. Ergebnis: Jahr um Jahr fรคllt auch der Absatz von Erdgas an die Abnehmer โ€žIndustrie und Kraftwerkeโ€œ, frรผher mal eins der wichtigsten Standbeine der VNG. 2011 konnten noch 53,7 Milliarden kWh an Kraftwerke und Industrie abgesetzt werden, 2014 waren es noch 49 Milliarden, 2015 fiel die Menge (auch aufgrund des milden Winters) auf 42 Milliarden.

Logisch, dass die VNG darauf hofft, dass jetzt wenigstens mit der staatlichen Fรถrderung fรผr Blockheizkraftwerke wieder mehr Abnehmer fรผr Erdgas entstehen. Denn umweltfreundlicher als ร–l oder erst recht Kohle ist Erdgas auf jeden Fall. Man wird also โ€“ wie es in der Meldung zur Bilanz so schรถn heiรŸt โ€“ in vielen kleinen Schritten das Unternehmen โ€žzukunftsfรคhigโ€œ machen mรผssen. Die Voraussetzungen sind eigentlich gut. Mit der รœbernahme der Goldgas hat man vor drei Jahren erfolgreich den Schritt ins Endkundengeschรคft gemacht.

Nur gegen die GroรŸwetterlagen auf dem Weltenergiemarkt kann man nichts ausrichten, gegen die falschen Weichenstellungen in der deutschen โ€žEnergiewendeโ€œ eben auch nicht.

Die bittere Pille fรผr die Aktionรคre (zu denen ja auch Leipzig gehรถrt): Eine Ausschรผttung gibt es diesmal wieder nicht.

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Aberโ€ฆ Aberโ€ฆ Aberโ€ฆ
Hatte ich schon mal geschrieben, dass diese Artikel, wo jeder zweite Satz mit โ€œAberโ€ oder โ€œOderโ€ oder โ€œUndโ€ beginnt, mir Kopfschmerzen beim Lesen verursachenโ€ฆ? Ich glaube, jaโ€ฆ

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