Vor Kurzem haben die sächsischen IHK ihre Gesamtkonjunkturbilanz für Sachsen vorgelegt. Das frische Datenmaterial vom Jahresbeginn gibt es natürlich auch extra für Leipzig. Samt der erstaunlichen Nachricht, dass das Gastgewerbe keineswegs Arbeitsplätze abbaut, sondern im Gegenteil: Nirgendwo ist der Arbeitskräftebedarf derzeit größer.

Was nicht heißt, dass die schrägen Diskussionen zum Mindestlohn nun langsam aufhören. Die Wirtschaftsinstitute, die höhere Löhne allesamt für ein Werk des Teufels halten, versuchen ja gerade, neue Statistiken zu entwickeln, die belegen sollen, dass der Mindestlohn Arbeitsplätze gekostet hat. Mit geradezu bürokratischer Ignoranz blenden sie aus, dass gerade das gestiegene Einkommen vieler Arbeitnehmer schon 2015 weitere positive Effekte generiert hat – insbesondere der Einzelhandel profitierte von einer als steigend registrierten „Kauflaune“.

Tatsächlich hat sich auch die Region Leipzig seit 2010 sichtlich stabilisiert. Die gute konjunkturelle Entwicklung verleiht der Wirtschaftsregion Leipzig weiter Auftrieb, betont die IHK zu Leipzig. Die aktuelle Geschäftslage beurteilen mehr als die Hälfte der Unternehmen als gut.

Auch die Geschäftserwartungen für 2016 bleiben ausgesprochen zuversichtlich. Beides dürfte zu einem weiteren Beschäftigungszuwachs in der Region führen.

„Besonders erfreulich ist, dass die regionale gewerbliche Wirtschaft nicht nur ihre aktuelle Geschäftslage ausgesprochen gut beurteilt, sondern in den meisten Branchen auch große Zuversicht für das Jahr 2016 herrscht. Zugleich hellt sich das Bild auch bei den bisher schwächelnden Investitionsplanungen auf“, fasst Wolfgang Topf, Präsident der IHK zu Leipzig, die Ergebnisse der Befragung zum Jahresauftakt zusammen. Hat aber auch ein paar Bedenken: „Die aktuell gute Lage sollte jedoch nicht über unsichere Entwicklungen der Weltwirtschaft hinwegtäuschen. Insbesondere die wirtschaftlichen Turbulenzen im Schwergewicht China, aber auch die sanktionsbedingten Einschränkungen für den russischen Markt mahnen zur Vorsicht. Deshalb sollte von Seiten der Politik alles dafür getan werden, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu stärken – dazu zählt unter anderem, die Arbeitskosten durch Gesetze und Regelungen nicht weiter nach oben zu treiben, die werkvertragliche Gestaltungsfreiheit und flexible Zeitarbeit zu erhalten und die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen zu beschleunigen.“

An der Konjunkturbefragung zum Jahresbeginn 2016 im IHK-Bezirk Leipzig (Stadt Leipzig, Landkreise Nordsachsen und Leipzig) beteiligten sich 641 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit rund 45.000 Beschäftigten. Der ausführliche Ergebnisbericht (PDF-Dokument) steht unter www.leipzig.ihk.de/konjunktur als kostenloser Download zur Verfügung.

Lage gut, Geschäftserwartungen optimistisch

Und auch für Leipzigs Unternehmen gilt: Über die Hälfte der Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage mit gut. Nur 7 Prozent sind unzufrieden. Der Saldo konnte sowohl gegenüber dem Herbst 2015 als auch dem Vorjahresstand um 3 auf +45 Punkte zulegen und erzielt bereits zum dritten Mal seit 2013 einen neuen Höchststand.

Auch die Geschäftserwartungen sind ausgesprochen zuversichtlich. Der Saldo von +13 Punkten ist fast doppelt so hoch wie zum Jahresbeginn 2015. Im Vergleich zum vergangenen Herbst ist er mit -2 Punkten aufgrund saisonaler Einflüsse unwesentlich niedriger.

Und das bedeutet: Man braucht weiter neue Leute. Nur 6 % der Unternehmen rechnen mit rückläufigen Beschäftigungszahlen. Mit  18 % planen hingegen dreimal mehr Unternehmen, weitere Mitarbeiter einzustellen. Der Saldo steigt zum Vorjahresstand um 5 auf +12 Punkte. Gleichzeitig vermeldeten mehr Unternehmen, sie wollten auch wieder investieren. Das Aufatmen in den Kammern des Freistaats ist unüberhörbar.

Aber in fast allen Branchen macht sich der Fachkräftemangel verstärkt bemerkbar. Einzige Ausnahmen sind derzeit der Handel und das Transportgewerbe, wo die Angst, man könnte nicht genügend Personal finden, im Jahresverlauf zurückgegangen ist – im Einzelhandel sogar sehr deutlich. Auch das ein Effekt des Mindestlohns: Für besseres Geld findet man augenscheinlich auch wieder leichter Personal für den Verkauf. Und eine feste Vollzeitstelle ersetzt mehrere prekäre Teilzeitjobs. Mathematik in schönster Wirkung.

Ganz anders das Bild im Gastgewerbe. Auch da wurde ja vor anderthalb Jahren heftig über die Einführung des Mindestlohnes diskutiert.

Und nun das: „Tourismus – Fachkräftemangel entwickelt sich zur Wachstumsbremse“, meldet die IHK. „Durch das gute Adventsgeschäft und einen voraussichtlichen Übernachtungsrekord im Jahr 2015 ist die Stimmung freundlich und lässt den Geschäftslagesaldo um 9 auf +39 Punkte steigen. Die umsatzschwächeren Wintermonate lassen die Geschäftserwartung zu Jahresbeginn erfahrungsgemäß zurückgehen. Der Saldo sinkt gegenüber Herbst 2015 um 4 auf -1 Punkt. Vor allem den zunehmenden Fachkräftemangel sehen insbesondere die Unternehmen im Gastgewerbe immer kritischer, könnte er sich zur Wachstumsbremse entwickeln.“

Hatten vor einem Jahr noch 33 Prozent der befragten Unternehmen in der Gastronomie Probleme bei der Fachkräftegewinnung gemeldet, ist der Wert auf 43 Prozent hochgeschnellt, liegt nun deutlich über dem Bedarf anderer Branchen wie dem Dienstleistungssektor (30 Prozent) oder Industrie und Baugewerbe (jeweils 26 Prozent). Das Thema entwickelt sich langsam zu einem heißen Eisen, und wer hier noch versucht, mit Niedriglöhnen sein Unternehmen zu pampern, der hat schlechte Karten. Die Einführung des Mindestlohns hat tatsächlich den seit 2010 spürbaren Effekt des Fachkräftemangels noch verstärkt. Und auch die alten Puffer schmelzen ab (Minijobber, Leiharbeiter, Selbstständige). Und das auch in scheinbar so einfach zu bestückenden Branchen wie der Dienstleistung.

Ein Effekt ist dabei sofort wieder positiv wirksam geworden. Das vermeldet ja zum Beispiel der Einzelhandel. Die IHK dazu: „Einzelhandel – zunehmende Kaufkraft lässt Kassen klingeln. – Die verbesserte Kauflaune der privaten Verbraucher durch höhere Einkommen ließen im vergangenen Jahr die Kassen im Einzelhandel klingeln. Im Ergebnis beurteilt der Einzel­handel seine Lage besser denn je. Die neue Bestmarke des Lagesaldos liegt bei +37 Punkten und damit zwei Punkte höher als zuletzt. Selten waren auch die Geschäfts­aussichten im Einzelhandel zu Jahresbeginn so gut. Der Saldo liegt mit +8 Punkten um 16 Punkte über dem Vorjahresstand. Die gute Konjunktur und der robuste Arbeitsmarkt bleiben auch 2016 Garanten für ein gutes Konsumklima.“

Sorgen bereitet eher die Industrie.

Auch wenn die Lage der hiesigen Industrieunternehmen derzeit gut ist und sich nur leicht eingetrübt hat. Der Lagesaldo verringert sich um 4 auf +38 Punkte. Der kräftige Umsatzzuwachs ist vor allem der Automobilbranche zuzuschreiben. Die Geschäftserwartungen der Unternehmen bleiben zuversichtlich, haben aber deutlich nachgegeben. Der Saldo fällt um 8 auf +10 Punkte und liegt damit unter dem Vorjahresstand von +15 Punkten. Die steigende Unsicherheit bezüglich des weltweiten Wirtschaftswachstums dämpft die Prognosen, interpretiert das die IHK.

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