Kann man aus einem aktuellen Wohnungsmarkt ablesen, wohin die Reise geht bei den Mietpreisen in einer Stadt wie Leipzig? Es gibt mehrere Wohnungsmarktakteure, die das schon seit Jahren regelmäßig versuchen. Auch weil es ihr Geschäft ist. Man meldet ja gern, wenn ein Markt sich berappelt. Und der Leipziger Wohnungsmarkt berappelt sich.
Der Immobilienvermittler Engel & Völkers hat am Freitag ein paar Zahlen vorgelegt, mit denen die Entwicklung im ersten Halbjahr 2014 beschrieben wird. Immehin eine Zeit, in der die Diskussion um zunehmend knapper werdenden Wohnraum in einzelnen Leipziger Stadtbezirken wieder aktuell war – das Rathaus aber abwiegelte: Es gibt noch keinen allgemeinen Mietpreisanstieg. Und der Wohnungsleerstand ist noch lange nicht erschöpft.
Trotzdem ist Engels & Völkers nicht das einzige Unternehmen, das aus zentralen Lagen der Stadt deutlich gestiegene Kauf- und Mietpreise meldete: “Die Preise für Wohnimmobilien in Leipzig sind im ersten Halbjahr 2014 in nahezu allen Lagen und Segmenten gestiegen. Die stärksten Preissprünge verzeichnete das Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser. In sehr guten Lagen wurden hier Preise bis zu 1 Millionen Euro aufgerufen. Bei Eigentumswohnungen waren leichte Preissteigerungen zu verzeichnen. In sehr guten Lagen reichte die Preisspanne im Maximum bis zu 3.800 Euro pro Quadratmeter. Bei den Mieten haben die Preise in der Spitze in allen Lagen angezogen.”
Der von Engel & Völkers veröffentlichte “Wohnimmobilien Marktbericht Deutschland 2014/2015” bemerkt aber auch, dass Leipziger Preise im bundesweiten Vergleich durchaus noch moderat sind. Und wenn in Spitzenlagen die Preise anziehen, bedeutet das noch nicht, dass die ganze Stadt sich in Richtung Münchener oder Frankfurter Niveau auf den Weg macht. Es bedeutet aber trotzdem, dass es mittlerweile schwerer geworden ist, seine Wunschwohnung auch in einer Wunschlage zu finden. Die attraktiven Lagen sind so begehrt, dass hier das durchschnittliche Leipziger Mietniveau von 5,10 Euro je Quadratmeter deutlich überschritten wird. Und weiter steigt.
Das sind die auf der von Engel & Völkers vorgelegten Karte knallrot gemalten Gebiete: Zentrum, alle vier Vorstädte (Nord-, West-, Süd- und Ostvorstadt/Grafisches Viertel), Waldstraßenviertel, Leutzsch und Schleußig. “Sehr gute Lage” heißt das beim Vermieter und/oder Immobilienverkäufer.
Stadtlagen – Randlagen
Wobei das mit dem Immobilienkauf durchaus extra zu betrachten ist. Denn der Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser hat noch nicht wirklich angezogen. Engel & Völkers gibt hier die Zahl der Verkäufe in den letzten Jahren immer um die 500 bis 550 Fälle an. Wobei ein Effekt 2014 auch aus Perspektive der Stadt sichtbar wurde: Die Zeit, dass man verfügbare Grndstücke für Eigenheime (oder Stadthäuser) im inneren Leipziger Stadtgebiet finden konnte, sind wohl vorbei. Die noch verbliebenen freien Grundstücke im Bestand sind zunehmend wieder interessant geworden für Investoren im Mehrgeschoss-Wohnungsbau. Was dann eben auch heißt, dass Villen und Eigenheime im inneren Stadtgebiet nun wieder teurer werden. Daher wohl auch der erwähnte 1-Million-Euro-Fall.
Junge Familien, die oft als Erwerber von Eigenheimen aktiv werden, suchen ihr Häuschen jetzt wieder verstärkt am Stadtrand oder gleich in den angrenzenden Landkreisen.
Der Kauf von Eigentumswohnungen (rund 3.500 Fälle im Jahr 2014) ist nach wie vor ein Thema, das hauptsächlich von Käufern außerhalb Leipzigs dominiert wird, die ihr Geld in Leipziger Immobilien anlegen, die gerade im inneren Stadtgebiet durchaus die Geldanlage wert sind. Obwohl die Kluft zum Leipziger Mietmarkt noch unübersehbar ist: Oft genug versprechen Immobilieninvestoren den Käufern noch immer Mietniveaus von 10 bis 12 Euro pro Quadratmeter. Die Klientel, die sich das als Mieter wirklich leisten kann, ist in Leipzig nach wie vor überschaubar.
Auch wenn in den erwähnten Spitzenlagen das Mietniveau bei Neuvermietungen mittlerweile 7 bis 11 Euro beträgt.
Aber mit Betonung auf Neuvermietung: Wer sich hier eine Wohnung sucht, muss es sich mittlerweile wirklich leisten können. Und wer schon länger da wohnt, kann durchaus froh sein, wenn noch die “normalen” Leipziger 5 Euro im Mietvertrag stehen. Auf Dauer wird das natürlich dafür sorgen, dass die attraktiven Lagen im Mietpreisniveau weiter ansteigen und für Otto Normalverbraucher irgendwann unerschwinglich werden. Die Entmischung der Leipziger Bevölkerung über die Mietpreise ist längst im Gang.
Die Frage ist nur: Wie weit wird dieser Effekt reichen?
Denn nach wie vor verdienen 90 Prozent der Leipziger nicht so viel, dass sie sich Mieten über 6 Euro je Quadratmeter leisten könnten.
Diese Leipziger haben es eher mit den leichten Mietpreisanstiegen in den mittleren und einfachen Lagen zu tun. Dort nennt Engel & Völkers bei Neuvermietungen mittlerweile eine Preisspanne von 4,50 bis 7 Euro (mittlere Lage) und 3,60 bis 5,20 Euro (einfache Lage). Wobei auch diese Preisspannen deutlich machen, dass selbst in diesen Lagen einige Quartiere besonders begehrt sind und auch hochwertiges Bauen und Sanieren erlauben, viele andere aber eben nicht.
Der Traum des Verkäufers und Maklers ist natürlich, dass die Preise weiter anziehen. Und so prognostiziert auch Engel & Völkers weiter anziehende Preise.
“Die Mieten und Kaufpreise von Wohnimmobilien in Leipzig befinden sich im Vergleich zu vielen anderen Städten in Deutschland auf einem noch niedrigen Niveau. Grund dafür ist das nach wie vor große Angebot an Wohnimmobilien in Leipzig”, schätzt das Unternehmen ein. Man sieht: Die Tatsache des niedrigen Einkommensniveau macht den Vermittlern von Immobilien noch keine Sorgen. Sollte sie aber. Versprechen auf Renditen aus Immobilien muss man auch einlösen können. Sonst gibt es wieder Ärger mit den Käufern.
“Seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl leer stehender Wohnungen im Stadtgebiet allerdings mehr als halbiert. Vor dem Hintergrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und steigender Bevölkerungszahlen beobachten wir eine deutlich anziehende Nachfrage nach Wohnraum und sehen bei den Preisen daher noch viel Potenzial nach oben”, meint Christian Rocca, Geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers in Leipzig. Als bedeutender Wirtschafts-, Universitäts- und Messestandort ziehe die sächsische Großstadt viele Auszubildende, Studenten und Arbeitskräfte aus ganz Deutschland an. Die Ansiedlung großer Unternehmen wie BMW, DHL und Porsche begünstige diese Entwicklung. Für Anleger böten die vergleichsweise moderaten Wohnimmobilienpreise gute Wertsteigerungsperspektiven.
“Auch Investoren und Projektentwickler haben den Markt schon seit einigen Jahren für sich entdeckt und sorgen für eine zusätzliche Dynamik”, meint Christian Rocca.
Aber deren Engagement konzentriert sich genau da, wo die besten Filetstücke zu finden sind.
Das stellt auch Engel & Völkes fest, auch wenn das nicht extra betont wird: “Zu den besonders begehrten Lagen zählen die Innenstadt, das daran angrenzende Musik- und Bachviertel am Johannapark und Clara-Zetkin-Park, das Waldstraßenviertel sowie Gohlis Süd am Auwald und Schleußig. Aufgrund des nahezu erschöpften Neubaupotenzials in diesen Lagen erfreuen sich mittlerweile auch die zentrumsnahen südlichen und südwestlichen Stadtteile wie Plagwitz und die Südvorstadt zunehmender Beliebtheit. Durch den neuen City-Tunnel, der den Südosten mit der Innenstadt verbindet, wird das Wohnen im Grünen immer interessanter. Entsprechend ist hier mit einer weiteren Aufwertung der attraktiven Wohnlagen des Leipziger Neuseenlands in Markkleeberg zu rechnen.”
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