Im Grunde ist es ein beklemmendes Datenmaterial, das das Sächsische Landesamt für Statistik am Dienstag, 4. November, vorgelegt hat, auch wenn forsch getitelt wurde: "Ein Viertel der aus der Natur in Sachsen entnommenen Rohstoffe wird weiterverarbeitet und verbraucht". Das klingt nicht nach Kohle und auch nicht nach dem Verheizen einer Landschaft. Aber genau das steckt dahinter.

“Im Jahr 2012 wurden in Sachsen 383 Millionen Tonnen an Rohstoffen aus der Natur entnommen”, formuliert das Landesamt das gigantische Ergebnis, als ginge es um eine Art Wettbewerb unter den Bundesländern, wer im Jahr den meisten Erdraum bewegt. “Das war nach Nordrhein-Westfalen und Brandenburg die dritthöchste inländische Rohstoffentnahme unter den Bundesländern.” Und dann wird’s sogar romantisch: “Die Natur der drei genannten Bundesländer hatte damit allein fast zwei Drittel der gesamten bundesweiten Rohstoffentnahmen von insgesamt 3,1 Milliarden Tonnen zu verkraften.”

Als wäre das Ganze nicht ein einziger großer Raubbau, bei dem nicht nur Millionen Tonnen Kohle aus der Erde geholt werden und gigantische Abraumhalden und Tagebaurestlöcher entstehen, sondern auch komplette Landschaften ihr Gesicht verlieren – Dörfer verschwinden, Straßen werden gekappt und umverlegt, Flüsse werden in Kanalbetten umverlegt, wertvolle Ackerkrume geht verloren und uralte Grundwasserleiter werden zerschnitten. Und der größte Teil der bewegten Erdmassen werden nicht einmal genutzt.”In Sachsen wurden 24,2 Prozent der Rohstoffentnahme verwertet”, stellen die Statistiker fest. Ein Wert, er noch schlechter ist als 1995, als noch 26 Prozent der Aushubmasse genutzt wurde. Schlechter sind die Werte nur noch in Brandenburg (16,4 Prozent) und NRW (22,2 Prozent). “Dieser Anteil floss in den Produktions- und Konsumtionsprozess der Volkswirtschaft”, formulieren die Statistiker weiter und haben das Wort Braunkohle noch kein einziges Mal verwendet. “Der Rest waren nicht verwertbare Entnahmen, u. a. Abraum und Bergematerial. Er fiel unvermeidbar bei der Gewinnung der verwertbaren Rohstoffe an.”

Natürlich stecken auch andere Rohstoffe drin – Kies zum Beispiel, Tone, Metalle. Aber so ganz verschämt kommt dann die wichtige Erklärung doch noch: “Die Angaben belegen den vorrangig durch die Gewinnung fossiler Energieträger verursachten Eingriff in die Natur.” Fossile Energieträger sind in Sachsen nun einmal die Kohlevorkommen in der Lausitz und im Leipziger Raum. Und die Tabelle, die das Landesamt für Statistik liefert, zeigt auch, dass die drei Braunkohleländer allein schon in der Tonnage unangefochten an der Spitze liegen: NRW mit 988.047.000 Tonnen vor Brandenburg mit 409.627.000 Tonnen und Sachsen mit 383.046.000 Tonnen.

“In Sachsen lag dabei die inländische Rohstoffentnahme 2012 um reichlich ein Fünftel unter dem Vergleichswert von 1995”, stellen die Statistiker fest und trauen sich dann endlich, das Wort auszusprechen: “Hierbei prägte die Braunkohle das Bild.” Textende. In der Tabelle ist es dann noch genauer aufgeschlüsselt: Auf 271.130 Tonnen Abraum kamen ganze 35.136 Tonnen Rohstoffe, also im Wesentlichen Kohle. Das sind knapp 4.000 Tonnen weniger als 1995 (39.033 Tonnen).

Direkt zur Meldung des Statistischen Landesamtes: www.statistik.sachsen.de/download/200_MI_2014/MI-22714.pdf

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