Als der Londoner Highcourt of Justice am 4. November sein Urteil im Prozess der Schweizer Großbank gegen die Wasserwerke Leipzig verkündete und im Anschluss OBM Burkhard Jung in einer Pressekonferenz noch einmal Stellung nahm für den so wichtigen Sieg Leipzigs, gerieten auch noch einmal die Cross Border Leasing-Geschäfte der Leipziger Kommunalunternehmen in die Diskussion. Auch L-IZ-Leser diskutierten noch einmal die Frage: Waren diese CBL-Verträge nicht noch viel brenzliger als die von Klaus Heininger eingerührten CDO-Geschäfte?
Das Thema beschäftigt die Leipziger Stadtholding LVV schon seit Jahren, denn eingetütet wurden die Geschäfte mit Cross Border Leasing-Verträge (CBL) sämtlich vor 2004, als auch in den USA die Stimmung schwenkte und diese Geschäfte als reine Steuerumgehungs-Geschäfte begriffen wurden. Bis dahin waren sie für die Partner solcher Verträge durchaus lukrativ und in Leipzig waren mehr als ein Dutzend solcher Verträge über diverse Sahnestückchen der Leipziger Infrastruktur abgeschlossen worden. In den vergangenen Jahren vermeldeten die Kommunalunternehmen immer wieder mal, dass ein solcher CBL-Vertrag im beiderseitigen Einverständnis aufgelöst wurde.
Aber die L-IZ hat lieber noch einmal bei der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV) nachgefragt, wie der Stand der Dinge ist.
Wie viele von den von Burkhard Jung genannten 7 Cross Border Leasing Verträgen sind innerhalb der LVV zu verorten und welche Infrastrukturen betreffen sie?
Vorausgeschickt sollte klargestellt werden, dass eine CBL Transaktion in der Regel aus einer Vielzahl von Verträgen besteht (u. a. Mietverträge, Sicherungsverträge etc.). Außerdem sind häufig verschiedene Tranchen zu einer Transaktion zusammengefasst.
Innerhalb des LVV Konzern bestehen zwei US Cross Border Lease Transaktionen
– Klärwerke-Transaktion der KWL.
– Trinkwassernetz-Transaktion. Hier ist direkter Vertragspartner des amerikanischen Investors die Stadt Leipzig – die KWL hat einen Untermietvertrag mit der Stadt Leipzig abgeschlossen. Außerdem hat die LVB noch eine grenzüberschreitende Leasing-Transaktion mit der schwedischen Bank SEB. Sie weist nicht die Komplexität von amerikanischen CBL-Transaktionen auf. Leasinggegenstand sind Straßenbahnen.
Wie viele wurden in den letzten Jahren schon abgelöst?
Innerhalb des LVV-Konzerns wurden die bisherigen CBL-Transaktionen der LVB
– 4 Straßenbahn-Beiwagen-Transaktionen aus den Jahren 1996-1998
– 1 Schienennetz-Transaktion aus dem Jahr 2002 (direkter Vertragspartner des Investors war die Stadt Leipzig)
– 1 Straßenbahnanhänger-Transaktion aus dem Jahr 2003
im Zeitraum 2009 bis 2011 aufgelöst.
Wie lang ist die Laufzeit der noch existierenden CBL-Verträge?
Bei planmäßigem Verlauf enden die noch bestehenden Transaktionen wie folgt:
– Klärwerke-Transaktion 2025
– Trinkwassernetz-Transaktion 2033
Bei der Transaktion der SEB hat die LVB erstmals in Jahre 2023 die Option, die Fahrzeuge zurückzuerwerben.
Welchen Wertumfang haben sie?
Das Transaktionsvolumen beträgt:
– Klärwerke-Transaktion 192 Mio. USD
– Trinkwassernetz-Transaktion 647 Mio. USD
– Straßenbahnen-Transaktion 23 Mio. EUR
Welche Kosten – ein Hauptpunkt in der Leserdiskussion – kommen damit noch auf die betroffenen Unternehmen zu?
Bei planmäßigem Verlauf entstehen keine Rückkaufskosten, die für die Ablösung der Anlagen notwendigen Mittel werden im Rahmen der CBL-Transaktion “angespart”. Sollte die reale Wertentwicklung der Ansparinstrumente, zum Beispiel Anleihen, unter dem prognostizierten Verlauf liegen, könnte dies zu finanziellen Lasten führen. Da ein Monitoring der CBL-Geschäfte bei KWL und LVB implementiert ist und wir hierbei auch auf die Expertise externer Spezialisten zugreifen, bestehen überschaubare laufende Kosten für das Vertragscontrolling.
Bestehen Risiken beim Weiterlaufen oder Ablösen der Verträge? Wenn ja, welche?
Grundsätzlich unterliegen alle CBL-Transaktionen spezifischen Risiken, u.a.
– Bonitäts- bzw. Ausfallrisiken der jeweiligen Vertragspartner
– steuerliche Risiken
– Rechtsrisiken
– Betriebsrisiken
– Risiko von Vertragsverstößen
– Kostenrisiken, die im Rahmen der Laufzeit (= Weiterlaufen) der Verträge eintreten könnten.
Bei einer (vorzeitigen) Ablösung (besser: Auflösung) werden die Auflösungsparameter individuell mit den Vertragspartnern verhandelt. Die Stadt Leipzig hat hier klar definiert, dass eine vorzeitige Auflösung angestrebt werden soll, sofern dies wirtschaftlich sinnvoll ist.
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Dies gilt es im Einzelnen abzuwägen. Faktoren sind hier u.a.:
– Wie viel Barwertvorteil hat man ursprünglich erhalten?
– Gibt es Einschränkungen in Bezug auf betriebliche Entscheidungen zu den jeweiligen Transaktionsgegenständen (z.B. Pflicht zur Inbetriebhaltung alter Tatra-Straßenbahnen)?
– Gibt es sonstige bereits bestehende Risikopositionen in der Transaktion?
Abhängig davon kann es für den Konzern sinnvoll sein, bei der Ablösung eine einmalige Auflösungszahlung zu leisten.
Werden die betroffenen Unternehmen dabei ein Minusgeschäft machen oder besteht diese Gefahr nicht?
Siehe vorhergehende Frage.
OBM Burkhard Jung hatte in der Pressekonferenz extra betont, dass die CDO-Geschäfte nichts mit den CBL-Verträgen zu tun hatten. Wie kann dann öffentlich trotzdem der Eindruck entstehen, dass dem so war und die CBS-Verträge dennoch Risiken in sich bergen?
Die Verträge der CBL-Transaktion bestanden und bestehen unabhängig von den Finanzgeschäften der KWL. Ein Zusammenhang zwischen den legalen CBL-Verträgen und den rechtswidrig abgeschlossenen CDO-Transaktionen gibt es nicht.
www.lvv.de
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