Wie kann sich ein kommunales Unternehmen im Wettbewerb behaupten, wenn der Markt liberalisiert ist und die Konkurrenz mit Supersonderrabattaktionen die Kunden umwirbt? Das war auch für die Stadtwerke ein Thema, wurde es immer mehr, je aggressiver Unternehmen in den Leipziger Markt gingen, die ihre Preise nach dem Spotmarkt einrichteten und auf große Serviceabteilungen verzichten. Was tun? Die Frage stellten sich die Stadtwerke 2011 ganz ernsthaft. Jetzt bekamen sie für die Antwort sogar eine TÜV-Zertifizierung.
Denn auch wenn im alten Kundencenter alles seinen gemächlichen Gang ging, Telefonanrufe beantwortet wurden oder auch nicht und Beschwerdebriefe fleißig abgeheftet wurden. So wirklich toll war das Ergebnis der Analyse, die man damals startete, dann doch nicht, stellt Matthias Pfeffer nun fest. Er ist bei den SWL für den Vertrieb verantwortlich. Und eines war 2011 klar: Wenn die Stadtwerke Leipzig (SWL) gegen die vielen scheinbar so preiswerten und unbürokratischen Angebote Stand halten wollte, musste sie ihre Beziehungen zu ihren Leipziger Kunden deutlich verbessern, musste Schwellen absenken, den Service verbessern und das Image polieren.
Ein erster Schritt war just vor zwei Jahren die Eröffnung des Energie- und Umweltzentrums in der Katharinenstraße 17, wo es neben den Beratungsangeboten der SWL auch Angebote der Wasserwerke Leipzig und der LVB gibt. Eigentlich war es schon der zweite Schritt. Denn ein ähnliches Service-Center war zuvor schon in der Markgrafenstraße / Ecke Petersstraße eröffnet worden. Dort waren es die LVB, die die Vorreiterrolle übernahmen. Die SWL gingen mit hinein. Denn wenn kommunale Dienstleistungen einen Vorteil haben gegen die zumeist online agierende Konkurrenz, dann ist es die Kundennähe. Nur lagen die Service-Läden vorher beide außerhalb der Innenstadt. Der Schritt war nur logisch: kürzere Wege für die Kunden, indem man einfach den Schritt in die City wagte.
“Und aus heutiger Sicht muss man sagen: Es war genau die richtige Entscheidung”, sagt Matthias Pfeiffer.
Der Umzug hätte natürlich wenig genützt, wenn man nicht auch die Mitarbeiter fit gemacht hätte. Denn zur niederschmetternden Analyse gehörte ja nicht nur die etwas abseitige Lage des Kundencenters. Wenn ein Unternehmen vor Ort punkten will, dann muss es seinen Kunden und allen, die es vielleicht werden wollen, persönliche, kompetente und freundliche Beratung geben. Eine Art Kompass-Funktion auch im Tarifdschungel, der für Privatkunden schier unüberschaubar ist. Einige recht aggressiv agierende Unternehmen bauen auch darauf, dass die Kunden über das Tarifangebot ihrer Stadtwerke nicht wirklich Bescheid wissen. Auch das ist nicht immer leicht überschaubar.
Also braucht es Beratung, kompetente Analyse, Freundlichkeit und vor allem auch schnelle Erledigung.
Nun wollten die Stadtwerke aber auch wissen, ob man die richtigen Schritte gegangen ist. Also hat man bei der TÜV SÜD Management Service GmbH angefragt, ob das überhaupt machbar ist, ob es dafür überhaupt schon Messinstrumente gibt. Gibt es, bestätigte der TÜV. Und startete im März und April eine große Telefonbefragung bei 500 Kunden der Stadtwerke Leipzig, die möglichst das ganze Spektrum der knapp 250.000 Kunden abdecken. Grundlage war ein umfassender Kriterienkatalog, der das ganze Themenfeld von der Erreichbarkeit der Beratungs-Center über Kompetenz und Freundlichkeit der Beratung bis zu Image und Beschwerdemanagement abdeckt. “Wissenschaftlich fundiert”, betont Michael Weigl, Niederlassungsleiter Dresden der TÜV SÜD Management Service GmbH.Am Montag, 30. Juni, hat er Matthias Pfeiffer das Zertifikat überreicht. Es ist ein gutes, denn herausgekommen ist eine 2,08 bei einer Bewertungsskala bis 6.
Das Kundenzentrum selbst wurde von den befragten SWL-Kunden mit 1,89 bewertet, die Telefonberatung mit 2,06, der Service mit 2,08 und das Image mit 2,14. Nur an einer Stelle kommt jetzt auf Matthias Pfeiffer noch ein Stück Arbeit zu: Fürs Beschwerdemanagement gab’s nur eine 3,33. “Da müssen wir besser werden”, sagt er. Schränkt aber auch ein: “Eigentlich haben wir derzeit sehr wenige Beschwerden. Aber das heißt nicht, dass wir hier nichts tun müssen.” Barrieren beseitigen und Zugänge erleichtern, ist ein Thema dabei.
So gesehen ist die Zertifizierung auch ein Deutlichmachen von Stellen, an denen noch nachgebessert werden muss, auch wenn die guten Noten für die sonstige Arbeit schon so eine Art Bienchen sind. Vor allem das Kundenzentrum hat sich als barrierefreier Zugang erwiesen – für Kunden und auch für solche, die es werden könnten. “Auch da wollen wir noch offener werden”, sagt Pfeiffer. “Denn das Verhältnis der Menschen zu unserer Arbeit ändert sich sichtlich, wenn sie auch nur einmal bei uns im Kundencenter waren.”
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Das Zertifikat beschreibe natürlich nur den Ist-Zustand, das, was die TÜV-Befrager im Frühjahr an aktuellen Aussagen der Stadtwerke-Kunden eingesammelt und ausgewertet haben. “Aber natürlich werden wir damit auch in die Werbung gehen”, sagt Pfeiffer. “Wir können uns sehen lassen mit unserem Service. Und ich denke, das dürfen wir auch zeigen.” Ansporn sei es sowieso, erst recht, wenn die Mitarbeiter das gute Ergebnis erst einmal kennen. Jetzt ginge es darum, noch an den Stellen zu arbeiten, an denen noch Verbesserungen möglich sind.
Die Zertifizierung bleibt keine Eintagsfliege, auch wenn die Stadtwerke das Zertifikat jetzt zwei Jahre nutzen können. Sinn macht es natürlich erst, wenn die Servicequalität immer wieder überprüft wird und eine Anschlussüberprüfung folgt. Denn es geht ja nicht um die schöne Urkunde an der Wand, sondern um einen Wettbewerb, der nicht nachlässt. Da können kommunale Unternehmen tatsächlich nur punkten, wenn sie beim Service mehr bieten als die Konkurrenz.
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