Heute morgen, noch mitten in der Nacht und mit einem Tag Verspätung, kam der neue Speicherbehälter endlich an in der Arno-Nitzsche Straße, wo die Stadtwerke Leipzig ein Stück von dem bauen, was Leipziger Energiezukunft ist. Denn das Problem ist nicht die Energiegewinnung. Das Problem sind die Speicher: Wie hebt man Energie auf für die Zeiten, wo man mal mehr braucht? - Die Fernwärmespeicher der Stadtwerke Leipzig sind ein Teil der Lösung.

Eigentlich sollte am Donnerstag, 22. Mai, in den frühen Morgenstunden der erste von insgesamt neun Stahldruckbehältern für die neue Wärmespeicheranlage der Stadtwerke Leipzig in der Arno-Nitzsche-Straße ankommen. Doch das verschob sich dann auf die Nacht von Donnerstag auf Freitag. Nachdem der Schwerlasttransport am Dienstagabend, 20. Mai, 22:00 Uhr planmäßig gestartet war, mussten die Fahrer bereits vier Stunden später auf dem Rasthof Auetal ihre Fahrt vorzeitig beenden. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie erst rund die Hälfte der vorgesehenen Strecke zurückgelegt. Grund dafür war ein Unfall im weiteren Streckenverlauf auf der A2 bei Peine. Der Transport kann nur nachts fahren, wenn Straßen und Kreuzungen frei sind.

Per Schwerlasttransport werden in den folgenden Wochen insgesamt neuen Behälter nach Leipzig transportiert. Dafür sind diese planmäßig je zwei Nächte unterwegs. Mit durchschnittlich 40 km/h geht es, bedingt durch die Größe des Transports, mit einem Umweg in Richtung Berlin nach Leipzig – insgesamt rund 16 Stunden.

Insgesamt werden die Wärmespeicher in der Arno-Nitzsche-Straße ein Volumen von 3.000 m3 umfassen. Sie sind zu drei Gruppen zusammengeschaltet und speichern 225 MWh thermische Energie. Jeder der neun Behälter misst 29 Meter in der Höhe und vier Meter im Durchmesser bei einem Leergewicht von 92 Tonnen.

Bereits im Herbst 2014 soll der Wärmespeicher in Betrieb gehen und für noch mehr Sicherheit und Flexibilität im Leipziger Fernwärmenetz sorgen. Das bedeutet konkret: Der Speicher ist an das Heißwasserverbundnetz angeschlossen und verzögert beim Ausfall einer Heizanlage das Auskühlen des Fernwärmesystems um sechs bis sieben Stunden. Wertvolle Zeit, die die Monteure der Stadtwerke Leipzig für Reparaturarbeiten gewinnen, ohne dass das Heizwasser auch nur ein Grad Celsius verliert.

“Der Speicher ergänzt in den vier Kältemonaten unser Besicherungskonzept. In den anderen Monaten hilft er uns, wirtschaftlich und nachhaltig zu agieren”, betont Raimund Otto, Geschäftsführer der Stadtwerke Leipzig.

Auch für den Großbehälter- und Apparatebauer Gronemeyer & Banck GmbH & Co. KG aus Steinhagen bei Bielefeld kein ganz alltäglicher Auftrag. Ernst Friedrich Banck erklärt, warum: “Wir haben in den letzten Jahrzehnten schon sehr viele verschiedene Wärmespeicher gebaut, aber die Kombination von Größe und Druck ist bei diesen Speichern schon eine Herausforderung, denn sie führt zu Eigengewichten, die wir gerade noch in der Werkstatt herstellen können. Darüber hinaus stellen die Fertigung, der Transport und das Aufrichten von insgesamt neun Wärmespeichern besondere Anforderungen an die Logistik.”
16 Stunden ist jeder einzelne Speicher auf den Straßen unterwegs.

Auch auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke mussten eine Schrankenanlage und zwei Laternen vorübergehend abmontiert werden.

“Von der Planung über die Produktion bis hin zum Transport erfordert ein solches Projekt detaillierte Absprachen und genaue Instruktionen für alle Beteiligten. Die bisherige Zusammenarbeit mit der Gronemeyer & Banck GmbH & Co. KG und der Viktor Baumann GmbH & Co. KG hat gezeigt, dass wir uns hier auf die Kompetenz und Umsicht unserer beiden Partner voll und ganz verlassen können”, betonte Raimund Otto bei der Vorstellung des Projekts.

Die Stadtwerke Leipzig gehören mit dem Bau dieser Anlage mit zu den ersten großen Stadtwerken in Deutschland, die in diese Zukunftstechnologie investieren und sich so den Herausforderungen der Energiewende stellen.

“In Wärmespeichern steckt viel Potenzial. Schon ab dem Frühjahr 2015 müssen wir Wärme nicht mehr dann erzeugen, wenn sie benötigt wird, sondern können sie in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erzeugen, wenn wir den parallel produzierten Strom an der Börse auch gut verkaufen können”, erklärt der Raimund Otto. Das heißt im Umkehrschluss: Bei niedrigen Strompreisen an der Börse wird auf den Speicher zurückgegriffen und das Hochfahren beispielsweise eines reinen Heizwerkes vermieden. Damit erhöht die neue Anlage künftig auch den in effizienter Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Anteil an der Leipziger Wärme weiter und spart so den Ausstoß von zusätzlichem CO2. Die Stadtwerke investieren in die Anlage rund 3,5 Millionen Euro.
Und weil die Zukunft eben auch mehr Unabhängigkeit von der überregionalen Energieversorgung bedeutet, errichten die Stadtwerke im Nordosten der Stadt eine weitere Wärmeerzeugungsanlage.

Bis zum Herbst 2014 wollen sie eine neue Wärmeerzeugungsanlage im Heizwerk Nordost fertigstellen. Sie soll 35 MW zusätzliche Heizkapazität bereitstellen und im Notfall rund 7.000 Wohnungen mit Wärme versorgen können. Neben ihrer Gas- und Dampfturbinenanlage betreiben die Stadtwerke Leipzig bereits heute drei Heizwerke. Damit sichern sie die zuverlässige Versorgung vor allem dann, wenn es draußen besonders kalt ist. Darüber hinaus sind die Heizwerke Bestandteil des Besicherungskonzeptes der Stadtwerke.

“Unser Ziel ist es, die Leipziger im wahrsten Wortsinn unter allen Umständen sicher versorgen zu können – egal, wie kalt es ist, und egal, welches technische Problem gerade bei den tiefsten Minusgraden an einer der Anlagen gelöst werden muss”, hebt der Stadtwerke Geschäftsführer die Gründe für den Neubau hervor. Das erfordert entsprechende Kapazitäten, die mit diesem zusätzlichen Heizwerk im Leipziger Nordosten für rund 2,5 Millionen Euro Investitionssumme nun komplettiert werden.

Schon im August hatten die Stadtwerke den für die Versorgung Leipzigs so wichtigen Liefervertrag mit Vattenfall Europe aus dem (Braunkohle-)Kraftwerk Lippendorf neu vereinbart. Dieser ermöglicht es den Stadtwerken Leipzig, ihre Leipziger Kunden mit nahezu 100 Prozent umweltfreundlicher Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung zu versorgen. Das “nahezu 100 Prozent umweltfreundlich” gilt für den Umstand, dass diese Fernwärme als Abwärme bei der Stromerzeugung im Kraftwerk Lippendorf erzeugt wird. Diese selbst ist ja bekanntlich in keiner Weise umweltfreundlich.

Der Vertrag mit Vattenfall umfasst eine Grundlastlieferung von 200 MW thermischer Energie – darüber hinaus können im Bedarfsfall bis zu 130 MW thermische Energie zusätzlich geliefert werden. Rund die Hälfte der Leipziger Fernwärme kommt somit aus Lippendorf.

Die verhandelten finanziellen Konditionen sind ähnlich geblieben, aufgestockt wurde jedoch in puncto Sicherheit mit dem sogenannten ?Doppelblock-Betrieb?: “Bei technischen Anlagen können Störungen nie ganz ausgeschlossen werden. Darum erlaubt es uns der neue Vertrag, in Lippendorf bei Außentemperaturen von weniger als 4 °C die Wärmelieferung aus zwei Blöcken statt aus nur einem zu bestellen”, bringt Raimund Otto die Absicherung vereinfacht auf den Punkt.

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