Vom "Triple Whammy" voll erwischt wurde die in Leipzig ansässige Verbundnetz Gas AG (VNG) im Jahr 2010. Jetzt hat das Ding wenigstens einen Namen, das da im Jahr 2011 die Bilanz der VNG verhagelte. 211 Millionen Euro tief rutschte das Unternehmen in die roten Zahlen. Und schuld daran war Triple Whammy. Oder für deutsche Landratten übersetzt: dreifaches Pech.

Denn im Jahr 2010 veränderte sich der weltweite Gasmarkt, auf dem die VNG operiert, dramatisch. Die Industrieproduktion brach weltweit in Folge der Finanzkrise ein. Die Unternehmen kauften also weniger Erdgas. Gleichzeitig lief in den USA ein gigantisches Projekt zur Erdgasförderung an – aus dem Shelf und durch Fracking auf dem Festland. Ergebnis: Der US-Markt wurde mit billigem Erdgas geschwemmt, die großen Schiffe mit Flüssigerdgas aus dem Nahen Osten konnten abbestellt werden. Aber man bestellt solche Frachter nicht einfach ab, man dirigiert sie um. Und diese Frachter steuerten logischerweise Europa an und schwemmten den europäischen Markt mit liquefied natural gas (Flüssigerdgas), abgekürzt LNG.

Das brachte nicht nur den Erdgashändler VNG in die Bredouille. Aber da das Unternehmen nun mal in Leipzig sitzt, hatte das auch Folgen für die Stadt – bis hin zur gestrichenen Ausschüttung für die Stadt Leipzig, die über die VNG Verbundnetz Gas Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft m.b.H. (VUB) immerhin 7,02 Prozent an der VNG hält. Und tapfer weiter hielt, auch in dieser “Triple Whammy”-Zeit, als andere Städte beschlossen, ihre Anteile zu verkaufen. Ob Leipzig da jetzt zukauft, ist noch offen.

Dass das Minus von 211 Millionen Euro 2011 entsprechende Wellen schlug, ist klar. Und so Mancher zweifelte damals an, dass es der VNG gelingen würde, den großen Tanker schnell wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Das gelang aber sogar recht schnell. 2012 verzeichnete das Unternehmen einen Gewinn von 103 Millionen Euro, 2013 sind es nun 89 Millionen Euro. Das gab Vorstandsvorsitzender Dr. Karsten Heuchert am Donnerstag, 27. Februar, bekannt. Es hätten sogar noch mehr sein können – wäre da nicht der “Triple Whammy” gewesen. Denn der schlägt auch für die 2013er Bilanz noch einmal zu: bei den latenten Steuern für dieses verflixte Jahr 2011, wie Heuchert erzählt.Es ist nicht der einzige Grund, warum aus einem Überschuss der VNG AG von 174 Millionen Euro am Ende nur ein Bilanzüberschuss der VNG Gruppe von 89 Millionen Euro wurde. Die beiden anderen Gründe haben mit Speichern zu tun. VNG betreibt Erdgasspeicher in Bad Lauchstädt, Bernburg, Etzel, Kirchheiligen und Buchholz, die 2,6 Milliarden Kubikmeter Erdgas fassen. Gerade werden Speicher in Etzel und Jemgum erweitert bzw. neu gebaut: Fassungsvermögen 0,3 Milliarden Kubikmeter. Aber im Gefolge des billigen Erdgases sind auch die Speicherkapazitäten in Europa gut gefüllt. Was dann für die Betreiber der Speicher heißt: Sie können die Speicherkosten nicht wieder an den Markt abgeben, bleiben drauf sitzen. Also müssen sie abgeschrieben werden. Die VNG musste Risikovorsorge vornehmen und einen zweistelligen Millionenbetrag zurücklegen.

In der näheren Zukunft werde sich das ändern, ist sich Heuchert sicher. Allein der letzte lange Winter habe gezeigt, wie wichtig diese Speicher sind, denn sie versetzten die VNG in die Lage, auch dann noch Erdgas zu liefern, als die Lieferungen aus Russland gedrosselt wurden. Wenn aber der Winter warm bleibt wie der jetzige, wird die Speicherhaltung eine Preisfrage. Deswegen will die VNG auch alle Investitionen in dieser Richtung noch einmal auf den Prüfstand stellen. Auch wenn das große Speicherprojekt Katharina, das die VNG mit Gazprom zusammen vorantreibt, bestehen bleibt. “Das wird schrittweise bis 2025 in Betrieb gehen”, sagt Heuchert. “Bis dahin haben wir einen ganz anderen Markt.”

Geld kostet freilich auch das Geschäftsfeld “Exploration & Produktion”. Wer künftig aus norwegischen Erdgasfeldern importieren will, braucht langfristige Investitionen. Auch die schmälern den Gewinn. Dass der Gewinn so deutlich anstieg – 2012 schon – hat mit dem Nachverhandeln sämtlicher Lieferverträge zu tun. 2012 waren schon 85 Prozent der Langfristverträge zu marktgängigen Konditionen nachverhandelt, über die restlichen 15 Prozent wurde 2013 nachverhandelt. “Jetzt sind wir damit durch”, sagt Heuchert.

Im Ergebnis wurden auch Verträge gekündigt. Das betraf auch einen großen deutschen Liefervertrag, so dass sich im Lieferantengefüge der VNG einiges veränderte. Die Erdgasmengen aus Russland erhöhten sich in diesen Langfristverträgen von 60 auf 65 Milliarden kWh, die aus Norwegen von 17 auf 43 Milliarden. Dafür sank der Anteil von Erdgas aus deutschen Quellen von 30 auf 11 Milliarden kWh.

Womit sich die Liefermengen aus Langfristverträgen zwar gegenüber 2012 wieder leicht erhöhten. Aber die Entwicklung seit 2010 zeigt einen ganz anderen, viel prägenderen Trend. Denn parallel dazu hat auch die VNG ihren Einkauf an den Spot- und Terminmärkten deutlich verstärkt – von 95 Millionen kWh im Jahr 2010 auf 204 Millionen kWh 2012. 2013 kam noch einmal ein deutlicher Sprung auf 233 Millionen kWh. So etwas treibt logischerweise die Umsätze deutlich in die Höhe. Wer mehr handelt, macht mehr Umsatz. Lag dieser 2012 noch bei 9,9 Milliarden Euro, waren es 2013 schon 10,9 Milliarden.

Und 2014 soll es so weitergehen, verspricht Heuchert. Das Ergebnis de VNG AG soll wieder das Ergebnis von 2013 erreichen (174 Millionen Euro), die VNG Gruppe soll ihr Ergebnis leicht verbessern (2013: 89 Millionen Euro). Und die Praline für die Anteilseigner für 2013: Es soll wieder eine Dividende in Höhe von 45 Millionen Euro geben. Knapp 3 Millionen davon fließen dann in die Kasse der LVV, die für Leipzig die Anteile an der VNG hält.

www.vng.de

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