Es sind nicht nur die Bundesbürger selbst, die immer unzufriedener werden mit dem, was Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihnen mittlerweile als "Energiewende" verkaufen will. Denn vom rot-grünen Projekt Energiewende ist fast nichts übrig geblieben. Dass diese Politik auch all jene Unternehmen frustriert, die schon seit Jahren am Projekt Energiewende arbeiten, brachte am Donnerstag, 27. Februar, Dr. Karsten Heuchert, Vorstandsvorsitzender der Verbundnetz Gas AG, deutlich zur Sprache.
Noch deutlicher, als es die VNG auf ihren Bilanzpressekonferenzen in den Vorjahren getan hatte. Doch da gab es noch immer die Hoffnung, mit einem Regierungswechsel in Berlin würde wieder ein realistischer Ansatz in die bundesdeutsche Energiepolitik einziehen. Doch diese Erwartung wurde mit den ersten Meldungen aus dem von Sigmar Gabriel (SPD) geleiteten Superministerium für Wirtschaft und Energie enttäuscht. Die SPD scheint noch viel vehementer als die CDU die Interessen der großen Energiekonzerne und insbesondere der Kohleunternehmen aus NRW zu vertreten. Das von Gabriel vorgelegte Konzeptpapier bremst den Umbau weiter aus.
Völlig gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit, die sich mehrheitlich eine Verschärfung der Klimaschutzziele wünscht, wie jetzt eine repräsentative Erhebung von Avaaz.org ergab.
Das wäre auch erreichbar, wenn die Regierungen der vergangenen fünf Jahre nicht nach und nach ein wichtiges Bauelement der Energiewende nach der anderen gestrichen oder so deformiert hätten, dass am Ende das Gegenteil herauskommt: Energieintensive Unternehmen werden von der EEG-Umlage befreit, Windparks werden abgeschaltet, wenn der Wind weht, Kohlestrom ist durch die fehlende Steuerung über CO2-Zertifikate so billig, dass er selbst im Hochsommer die Netze verstopft … dafür leiden die eigentlich notwendigen Bauteile der Energiewende.
Einige sächsische Politiker behaupten ja mittlerweile, Braunkohlekraftwerke seien die Übergangstechnologie für die Energiewende.
Bei VNG weiß man es besser. Da kennt man nämlich die CO2-Werte von Erdgas und Braunkohle genau.
Und so wurde Dr. Karsten Heuchert am Donnerstag sehr deutlich, denn das Hätscheln der Braunkohlekraftwerke und der Verfall der Strompreise an den Börsen hat schon längst dazu geführt, dass auch die Geschäfte der VNG in Mitleidenschaft gezogen werden.
“Es ist mittlerweile ein bekanntes Phänomen, dass ein wirtschaftlicher Betrieb der umweltfreundlichen und effizienten Gaskraftwerke derzeit kaum möglich ist”, stellte Heuchert fest. “Der Vorrang subventionierter erneuerbarer Energien und preiswerte Kohle sind die Gründe dafür. Der Erdgas-Anteil ging hier von 12,1 auf 10,5 Prozent zurück.”Da wird dann zwar auf politischem Parkett gern von “Energiewende” geredet. Aber worum es dabei geht, das haben die Akteure mittlerweile völlig ausgeblendet.
Dr. Karsten Heuchert: “Leider haben wir ein Ziel der Energiewende völlig aus den Augen verloren: die CO2-Minimierung. Der ursprüngliche Gedanke war: Wind- und Sonnenstrom, ergänzt durch flexible Gaskraftwerke, sollten bezahlbare Energie liefern, den Atomausstieg ermöglichen und den CO2-Ausstoß verringern. Und was kommt heute dabei raus?”
Er nennt die USA als Beispiel. Nicht als großes Klimavorbild. Aber durch die rasante Verbilligung von Erdgas haben die USA ihre CO2-Bilanz verbessert.
“Die USA, die auf Gas setzen, sind trotz einer seitdem um 50 Prozent gewachsenen Wirtschaft beim CO2-Ausstoß absolut auf dem Niveau von 1994, und pro Kopf sogar auf dem von 1960. Und wir? Unsere Energie wird teurer, und der CO2-Ausstoß steigt von Jahr zu Jahr. Die Stromproduktion aus Braunkohle klettert auf den höchsten Wert seit 1990 – dem Jahr, in dem noch viele DDR-Kraftwerke liefen. Der Anteil von klimaschonendem Erdgas geht paradoxerweise zurück.”
Er geht nicht zurück, weil Gas in Europa zu teuer ist, sondern weil Kohle nicht – wie eigentlich beabsichtigt – durch die Verteuerung der CO2-Zertifikate teurer wird. Ergebnis: Sie kann billiger verbrannt werden als Erdgas und verdrängt in Zeiten, in denen Solar- und Windstrom erzeugt wird, die Gaskraftwerke aus dem Markt. Und nicht nur die. Sondern auch Windparks müssen – wider jede Vernunft – gerade dann abgeschaltet werden, wenn der Wind weht. Das Problem an den Kohlekraftwerken ist ihre fehlende Steuerbarkeit. Sie können bei Sonnenschein nicht einfach abgeschaltet werden. Damit drängen sie sich quasi an den Platz, den eigentlich im Konzept der Energiewende die Gaskraftwerke einnehmen sollten.
Das Ergebnis, so Heuchert: “Demnach steigt bereits im zweiten Jahr in Folge der deutsche CO2-Ausstoß, nachdem er 20 Jahre kontinuierlich gesunken war.”
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Darunter leiden auch die Stadtwerke, die in vielen Fällen – wie die Stadtwerke Leipzig – viel Geld in Gaskraftwerke investiert haben. Sie können dann nicht so viel Gas vom Lieferanten VNG abnehmen, wie geplant.
Was tun? – Dr. Karsten Heuchert: “Wenn also die Energiewende auf dem Strommarkt nicht funktioniert, dann müssen wir uns auf das Segment konzentrieren, das für 40 Prozent des Primärenergieverbrauchs steht und auf dem die kostengünstigsten CO2-Vermeidungspotenziale bestehen: den Wärmemarkt.”
Und zumindest hier scheint irgendjemand in Berlin begriffen zu haben, dass Handlungsdruck besteht. Heuchert: “Erfreulicherweise wird dieser mit seinem Energieeinsparungs- und CO2-Minderungspotenzial im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung erwähnt. Er wird immerhin – zu recht – als tragende Säule der Energiewende bezeichnet. Das ist ein Fortschritt gegenüber der bisher rein auf den Stromsektor konzentrierten Diskussion. Erdgas bleibt leider in der politischen Aufmerksamkeit oft deutlich hinter dem Strom zurück. Seine große Bedeutung für die Wärmeversorgung bleibt zu oft unerwähnt.”
Die Bundesbürger zu den Umweltzielen in Deutschland: www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/co2-deutsche-wollen-dass-sich-merkel-in-eu-fuer-klimaschutz-einsetzt-a-955870.html
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