Die von der Bundesregierung geplante Mietpreisbremse soll kommen. Ein erster Entwurf könnte schon im März dem Bundestag vorliegen. Leipzig wäre akut betroffen. Denn der Leipziger Stadtrat hat nach der "Leipziger Initiative zur Begrenzung zukünftiger Mieterhöhungen" schon am 18. September 2013 den Oberbürgermeister verpflichtet, sich für eine Senkung der bereits bestehenden Kappungsgrenzen bei Mieterhöhung einzusetzen.

Die größten Leipziger Immobilienakteure befürchten jetzt in einem gemeinsamen offenen Brief, dass die neue Regelung mittelfristig vor allem den einkommensschwächeren Haushalten schadet. Außerdem führe eine Kappung der Mieten zu einer zukünftigen Wohnungsknappheit und verhindere eine strukturierte Stadtentwicklung, kritisieren in seltener Einmütigkeit Leipziger Wohnungsgenossenschaften und Immobilienentwickler.

Die wahren Preistreiber seien die Wohnungsnebenkosten, die sich seit 1996 um 33 Prozent erhöht haben. Bei den Heizkosten lag der Anstieg sogar bei 129 Prozent – bei den Wohnungsmieten aber nur bei 21 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt). Leipzig sei zudem bundesweit eine der Städte, bei der die ortsübliche Vergleichsmieten und die Angebotsmieten nahezu identisch seien (Quelle: Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung). Die angebliche Lücke zwischen Wiedervermietungs- und Bestandsmiete – ein wesentlicher Grund für eine Mietpreisbremse – gibt es nicht. Nicht zu vergessen sei auch die jüngste Erhöhung der Grundsteuer um 30 Prozent durch den Stadtrat, die unmittelbar das Wohnen verteuert.

Die Forderung nach einer Mietpreisbremse sei reine Polemik. Alle ins Feld geführten Gründe – allen voran der angebliche Mangel an passenden Wohnungen in großen Teilen der Stadt – können nicht mit entsprechendem Datenmaterial belegt werden. Aussagekräftige Erhebungen zu Bevölkerungswachstum, Zuwanderung, geplanten Wohnungsprojekten und tatsächlichen Leerständen würden aktuell fehlen, so die Akteure des Leipziger Wohnungsmarktes. Nur bei nachgewiesener Wohnungsnot mache eine Mietpreisbremse Sinn.

Leipzig aber sei mit 10 Prozent Leerstand und über 30.000 freien Wohnungen von dieser Problematik (noch) nicht betroffen. Mit durchschnittlichen Mieten von knapp über 5 Euro/qm rangiert Leipzig deutlich unter Bundesdurchschnitt. Dass in nachgefragten Lagen Wohnungen knapp werden, sei ein logisches Phänomen eines sich stabilisierenden Wohnungsmarktes. Nur durch moderate Preissteigerung in begehrten Lagen könnten auch Gebiete mit Leerstand wieder belebt werden. Erst wenn der Preisunterschied hoch genug sei, würden Interessenten zum Beispiel von der Südvorstadt nach Lindenau ausweichen – obwohl es schon jetzt dort hochwertig sanierte Wohnungen zu günstigen Konditionen gibt.

Die einzige nachhaltige Lösung für bezahlbares Wohnen und eine eventuell drohende Wohnungsknappheit ist für die Leipziger Immobilienakteure eine Angebotserweiterung. Denn mehr Angebot führe automatisch zu sinkenden Preisen.Mietpreisbremsen aber würden dagegen zweifach die Preisspirale beschleunigen. Vor ihrer Einführung werden Mieten zum einen maximal möglich erhöht, um die später eintretenden Verluste durch die Kappung auszugleichen. Gilt die verschärfte Kappung, werden Mieten kontinuierlich erhöht, um bei Wiedervermietung die Kappungsgrenze ausreizen zu können. Zur Zeit aber vermeiden Vermieter in der Regel Mieterhöhungen, um teuren Konflikten aus dem Weg zu gehen. Erhöhungen gibt es mehrheitlich nur bei Neuvermietung.

Gravierend wirke sich die Mietpreisbremse vor allem auf das Investitionsverhalten von Immobilienunternehmen aus. Der Gesetzgeber fordert schon jetzt von allen Eigentümern immer höhere Standards in Bau und Sanierung, ebenso steigen Bau- und Grundstückspreise. Durch die Mietpreisbremse würden Immobilien noch unrentabler. Damit gehe der Neubau zurück, was mittelfristig zu Wohnungsmangel und damit erneut zu einer möglichen Preissteigerung führe.

Auch rechtlich sei die Kappungsgrenze auf 15 Prozent für die Leipziger Immobilienakteure in Zweifel zu ziehen. Denn laut § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB werden die Länder nur dann mit der Mietpreisbremse ermächtigt, wenn eine Gefahr besteht, dass die Bevölkerung unzureichend mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen versorgt wird und eine Mangelsituation vorliege. Nach Rechtslage sei außerdem eine Differenzierung nach Stadtteilen erforderlich – welche die “Leipziger Initiative zur Begrenzung zukünftiger Mieterhöhungen” außen vorgelassen hat.

Alternativ zur Mietpreisbremse empfehlen die Vertreter der Leipziger Immobilienwirtschaft die Umsetzung eines 7-Punkte-Programms.

7-Punkte-Programm für einen funktionierenden Wohnungsmarkt:

1. die Erhebung belastbarer Daten zu Bevölkerungs- und Wohnungsmarktentwicklung, insb. eine Erfassung der Leerstände sowie geplanter Wohnungsbau- und Revitalisierungsprojekte

2. die Unterstützung von Neubauvorhaben und Bestandsreaktivierungen, welche den unteren und mittelpreisigen Wohnungsmarkt durch Angebote im höheren Mietpreissegment entlasten

3. die Unterstützung von Reaktivierungen historischer Gebäude z.B. durch die Ausweisung als Baudenkmal

4. die Unterstützung von preiswerten Neubauprojekten durch Grundstücksvergabe nach Konzept statt nach Höchstpreis

5. die Beschleunigung der Verwaltungspraxis bei der Erteilung von Baugenehmigungen sowie der Bescheinigung von Baudenkmalen für Finanzämter

6. die perspektivische Erarbeitung eines anwenderfreundlichen Mietspiegels

7. die ressortübergreifende Erarbeitung eines zusammenfassenden wohnungsmarktpolitischen Konzeptes

Unterzeichnet haben das 7-Punkte-Programm folgende Akteure des Leipziger Wohnungsmarktes:

Plattform von Wohnungsgenossenschaften (Baugenossenschaft Leipzig eG (BGL), Vereinigte Leipziger Wohnungsgenossenschaft eG (VLW), Wohnungsgenossenschaft Transport eG (Wogetra), Wohnungsgenossenschaft UNITAS eG), die Wohnungsgenossenschaft Lipsia eG, die Wohnungsgenossenschaft Kontakt e.G., GRK Holding AG, Leipziger Stadtbau AG, Hildebrand & Jürgens GmbH, KSW GmbH, Hansa Real Estate AG, Haus & Grund Leipzig e.V., Bundesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Landesverband Mitteldeutschland e.V. (BFW).

www.immobiliengespraech.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar