Die ersten Fördergelder sind überreicht: Am Dienstag, 15. Oktober, schüttelten Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU) die Hände der ersten drei Unternehmer, welche die neue Mittelstandsförderung der Stadt erhalten. Dabei geht es um vergleichsweise kleine Summen. "In der Regel 5.000 Euro", sagt Jung.
Mehr kann er auch nicht geben, denn er hat das Geld schlicht nicht. Das Mittelstandsförderprogramm ist mit rund einer halben Million Euro ausgestattet und bis 2015 ausgelegt. Es fährt zweigleisig: Zum einen mit Fördergeldern, zum anderen mit Krediten für Unternehmensgründer und Freiberufler aller Art. Diese umfassen 5.000 Euro in einem Erstkredit und 20.000 Euro in einem Folgekredit. Für beide müssen die Antragsteller einen Bürgen mitbringen. Die Summen werden für ein Jahr gewährt. “Bisher haben wir 78 Erstkredite vergeben und 12 Folgekredite. Ausgereicht wurden 365.000 Euro”, umreißt Uwe Albrecht.
Bei den Fördergeldern benennen die Stadtoberen drei Sparten, die mit Hilfen gestützt werden: Bestandsförderung, Ansiedlungsförderung und Gründungsförderung. An jeweils eine Firma aus jeder Sparte überreichten die Bürgermeister gestern die genehmigten Anträge. Die Leipziger Foren Holding GmbH erhielt Bestandsförderung.
Geschäftsführer Markus Rosenbaum erklärt: “Wir betreiben Forschung und Entwicklung für verschiedene Branchen, zum Beispiel Versicherungen. Es gibt kaum einen großen Versicherer in Deutschland, für den wir nicht arbeiten.” In der Holding sind mehrere GmbHs zusammengefasst – die Versicherungs-, Gesundheits-, Software-, Energie- und Medienforen Leipzig – die neue Trends in ihren Themenfeldern aufgreifen und erforschen. Die Holding zieht um von der Querstraße in die Hainstraße, ins ehemalige Hôtel de Pologne. “Wir sind davon überzeugt, mit unseren neuen Räumlichkeiten die Grundlage für weiteres Wachstum der Gruppe zu legen”, sagt Rosenbaum. Auf die Frage, ob seine Holding den Zuschuss der Stadt gebraucht habe, antwortet er: “Bei einem Investitionsbedarf von rund 300.000 Euro ist der Zuschuss eher symbolischer Natur. Doch wir sehen ihn auch als Zeichen der Anerkennung von Seiten der Stadt. Und das tut gut.”
Umzug, das betrifft auch die Software-Firma SkillCert, welche die Ansiedlungsförderung erhielt. Geschäftsführerin Yvonne Dietze sagt: “Seit dem ersten Oktober dieses Jahres hat unser Unternehmen sechs Mitarbeiter. Wir platzten aus allen Nähten und mussten dringend umziehen, vor allem in ein Gebäude, das uns ausreichende Sicherheit bieten kann.” Dies geschieht – dank des Zuschusses – früher, als wenn es ihn nicht gegeben hätte.
Gründungsförderung erhielt die bowi GmbH aus Landau in der Pfalz, welche in Leipzig einen “Data Research Hub” eröffnet. Dieser hat momentan zwei Mitarbeiter und soll in einem Jahr bereits auf vier bis fünf anwachsen. Oberbürgermeister Burkhard Jung schüttelte dem Firmenvertreter die Hand und sagte: “Ich habe heute die Erstsemester der Universität begrüßt, darunter sind einige hundert Wirtschaftsinformatiker, also es sieht rosig aus für Sie.”
Jung hatte die Fördergelder im Rahmen der Mittelstandssprechstunde im Bürgerbüro in der Katharinenstraße übergeben und zu Beginn die Leipziger Wirtschaftsstruktur erklärt: “Es gibt hier gut 25.000 Unternehmen. Davon haben rund 22.000 Firmen weniger als zehn Mitarbeiter. Wenn jede davon noch einen einstellt, ist unser Beschäftigungsproblem gelöst.” Die Leipziger Wirtschaft besteht aus Kleinstunternehmen. Echten Mittelstand – mit mehreren hundert Mitarbeitern – den sucht man hier fast vergebens.
“Zur Wahrheit gehört dazu: Wir müssen noch viel tun, damit sich die Kleinen entwickeln können”, fügt Jung an und gibt zu, “dass die Zeit der großen Unternehmensansiedlungen vorbei ist. Es wird wohl kaum gelingen, Firmen von der Größe von BMW oder DHL hier anzusiedeln.” Und zur Wahrheit gehört auch dazu: “Jene 200 Millionen Euro, welche Leipzig aus der Gewerbesteuer einnimmt, wird von rund 100 Firmen bezahlt”, so Jung. Diese wird fällig ab einem Unternehmensgewinn von 24.500 Euro. Und der Leipziger Hebesatz ist auf Münchner Niveau. “Wir brauchen das Geld dringend”, so Jung.
Auf Nachfrage eines Maschinenbau-Unternehmers aus Engelsdorf sagt der Oberbürgermeister: “Eine Absenkung wird es in meiner Amtszeit nicht geben. Eine Erhöhung aber auch nicht.”
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