Es war eine eiskalte Dusche für Detlev Kruse und Josef Rahmen, die beiden Geschäftsführer der LVV, als Ende 2011 die seltsamen Geschäfte des Wasserwerke-Geschäftsführer Klaus Heininger aufflogen. Alle Kontrollen hatten nichts genützt. An Gesellschafter, LVV und Aufsichtsrat vorbei hatte er - aufbauend auf den CBL-Verträgen der Wasserwerke - waghalsige Finanzgeschäfte aufgelegt und die Wasserwerke zum Versicherungsunternehmen gemacht.

Dafür hatte er 35 Millionen Euro Prämie bekommen, die er sich redlich mit seinen Kompagnons aus Süddeutschland teilte. Nur wo das Geld geblieben ist, weiß derzeit niemand. Jedenfalls keiner von denen, die nun versuchen, soviel Schaden wie möglich von den Wasserwerken abzuhalten. Das tun sie unter anderem vor Gericht. Aber da erlitten die Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) am 3. Juni eine erste Niederlage. Eigentlich schon die zweite, nachdem ein Leipziger Richter schon befunden hatte, der Ex-Geschäftsführer Klaus Heininger habe keine Untreue begangen, als er abseits der KWL-Konten ein eigenes Versicherungsgeschäft im Namen der KWL aufzog. In Dresden wird gegen Heininger derzeit neu verhandelt.

Und auch der Urteilsspruch des Landgerichts vom 3. Juni wird neu verhandelt. Das macht Oberbürgermeister Burkhard Jung als Vorsitzender des LVV-Aufsichtsrates am Mittwoch, 10. Juli, noch einmal klar: Die Wasserwerke gehen in Revision. Das Landgericht hatte einfach entschieden, dass alle abseitigen Geschäfte von Klaus Heininger und Konsorten schlichte Folgegeschäfte der alten Cross Boarder Leasing-Verträge (CBL) der Wasserwerke seien.

Klaus Heininger hat dabei mit mehreren Banken solche “Folgegeschäfte” gemacht. Die Hauptverhandlung mit dem wichtigsten Partner von “Heininger & Co.”, wie LVV-Geschäftsführer Volker Müller die geschäftstüchtige Clique nennt, findet in London mit der schweizerischen UBS statt. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) war der zweitgrößte Partner in den dubiosen CDO-Geschäften. Ihr Deal mit “Heiniger & Co.” wurde am 3. Juni am Leipziger Landgericht verhandelt. Mit Folgen.

Auch für den Fall eines Sieges vor Gericht haben die Wasserwerke vorgesorgt, betont LVV-Geschäftsführer Volkmar Müller. Denn dann müssten die Wasserwerke die Prämien, die an Heininger & Co. geflossen sind, zurückzahlen: 35 Millionen Euro, die die KWL nie bekamen. Anteilig auf den Deal mit der LBBW: 7 Millionen Euro. Dafür hatten die Wasserwerke vorgesorgt. Sie hatten auch 11 Millionen Euro zurückgelegt für all die Prozesskosten, die jetzt anfallen. Aber nicht die 77,6 Millionen Euro, die die LBBW nun haben will vom “Versicherer” Wasserwerke Leipzig.

“Nach dem Gerichtsbeschluss mussten wir handeln”, sagt Müller. Die 77 Millionen Euro werden zwar nicht ausgezahlt. Auch OBM Burkhard Jung setzt darauf, dass die Wasserwerke in den höheren Instanzen obsiegen. Aber das Geld muss trotzdem zurückgestellt werden. Und damit verhagelt der Gerichtsbeschluss vom 3. Juni die Bilanz der Leipziger Verkehrs- und Versorgungsgesellschaft (LVV) für das Jahr 2012. Aus einem endlich erwirtschafteten Plus von 17,6 Millionen Euro (das ist der LVV bislang noch nie gelungen) wurde so ein bilanztechnisches Minus von 60,7 Millionen Euro.Alle drei Tochterunternehmen haben 2012 die besten Ergebnisse in ihrer jüngeren Geschichte vorgelegt. Die 74,5 Millionen Euro Gewinn der Stadtwerke Leipzig sind ein Rekord – getragen auch von den Verkaufserlösen der Enkelunternehmen Perdata und HL Komm. Einen Rekord erwirtschafteten auch die Wasserwerke. Zwar stehen nur 13,7 Millionen Euro offiziell als Summe da, die an die LVV abgeführt werden. Aber dazu rechnen muss man auch die 11 Millionen Euro Rückstellungen für die Prozesskosten gegen LBBW und UBS im Fall “Heininger & Co.”. “Und das Ergebnis kam zustande, obwohl die Wasserpreise in Leipzig im letzten Jahr gesunken sind”, sagt LVV-Geschäftsführer Volkmar Müller.

Rekord auch für die LVB – sie reduzierte ihren Bedarf aus dem Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag auf den niedrigsten Wert seit 1990: 45 Millionen Euro. Wozu nicht nur rigide Sparmaßnahmen beitrugen, sondern auch eine kräftige Steigerung der Umsatzerlöse von 122 auf 128 Millionen Euro. Dafür überaltert ein Teil des Fuhrparks zusehends. 40 Tatra-Wagenzüge, die schon 30 Jahre durchs Gleisnetz kurven, müssen dringend ersetzt werden. Aber das geht nicht ohne Fördergelder des Freistaats. “Es tut sich was”, sagt Burkhard Jung. Kurz vor der Landtagswahl 2014 stellt das Sächsische Verkehrsministerium wieder etwas mehr Fördergelder zur Verfügung. Nicht nur für die Leipziger Verkehrsbetriebe. Mittlerweile sind ÖPNV-Unternehmen im gesamten Freistaat richtig sauer. So spart sich ein Bundesland die Infrastrukturen kaputt.

Auch der Konsolidierungskurs der LVV ging 2012 weiter. Die LVV konnte ihre Verschuldung von 639 auf 569 Millionen Euro senken.

Die Prozesse um die Folgen der Heininger-Geschäfte aber sind noch nicht entschieden. Das Damokles-Schwert hängt weiter über dem Konzern. Die Risiko-Zahlen stehen diesmal im gemeinsamen Geschäftsbericht: Nach den aktuellen Umtauschkursen von Dezember 2012 waren es 319 Millionen Euro abzüglich der “Kündigungswerte der UBS aus den CDS-Geschäften” dann noch 268 Millionen Euro.

Bei den Wasserwerken haben die Rückstellungen und Prozesskosten schon zu einem drastischen Rückgang der Investitionen geführt. “Dabei haben die KWL einen Sanierungsberg im dreistelligen Millionenbereich vor sich”, so Müller.

Wie es bei den drei Tochterunternehmen der LVV im Jahre 2012 aussah, dazu morgen mehr an dieser Stelle.

www.lvv.de

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