Das halbe Jahr ist rum. So langsam schaffen es die Rechnungsprüfer, auch unter die letzten Geschäftsberichte ihre Kringel und Stempel zu machen. Auch die Leipziger Messe meldet jetzt ihren Konzernabschluss für das Jahr 2012. Und es war wieder ein gutes Jahr, betonen die Geschäftsführer Martin Buhl-Wagner und Markus Geisenberger. Die Messe hat ihr Defizit deutlich reduziert, ihren Umsatz wieder gesteigert.
Was kein Selbstläufer ist. Nach den Krisenjahren 2008/ 2009 schon gar nicht. Seitdem läuft bei der Leipziger Messe GmbH ein forcierter Prozess der Veränderung vom klassischen Hallenbereitsteller hin zum multifunktionalen Messedienstleister.
72,25 Millionen Euro konnte Leipzigs Messegesellschaft 2012 umsetzen, rund 3,3 Millionen mehr als im Vorjahr. Das Defizit aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit betrug am Ende 2,6 Millionen Euro. 2011 waren es noch 7 Millionen gewesen. Kann das sein, fragt der Laie? Läuft der Laden da auf den schönen neuen Messegelände nicht prima? – Läuft er. Aber wer sich Infrastrukturen von über 800 Millionen Euro baut, muss sie auch wieder abschreiben. Das passiert in Jahresscheiben. Und belastet natürlich das Geschäftsergebnis. Und es dauert lange, bis 800 Millionen Euro abgeschrieben sind.
Es hätte auch zum Fenster rausgeschmissenes Geld gewesen sein können, auch wenn eine Menge Leute immer wieder gern beteuern, dass der Umzug der Messe vom alten technischen Messegelände an der Prager Straße hinaus in den Norden Leipzigs “die richtige Entscheidung” war. Aber auch das tollste Messegelände ist noch keine Freikarte auf geschäftliche Erfolge. Denn durch die deutsch-deutsche Teilung war das Messegeschehen in Deutschland ab 1945 zweigleisig verlaufen. Leipzig war mit seinen Frühjahrs- und Herbstmessen zwar das Tor zur Welt. Aber die waren das erste, was ab 1990 nicht mehr funktionierte.
Da hatten sich andere Messeplätze wie Frankfurt, Düsseldorf, Hannover schon längst mit einem eigenen Messe-Portfolio etabliert. Und daran, auch nur ein paar dieser Weltmessen an das in die Welt zurückkehrende Leipzig abzugeben, dachte natürlich niemand. Leipzig musste sich sein eigenes Portfolio aufbauen. Mit einem Rückstand von 40, 50 Jahren gegenüber der starken westdeutschen Konkurrenz. “So betrachtet ist das, was hier in den letzten 20 Jahren aufgebaut wurde, etwas Einzigartiges”, sagt Markus Geisenberger, der aus seiner Berufslaufbahn auch die Konkurrenten im Westen gut kennt.
Manche Messe, die in Leipzig neu geschaffen wurde, wanderte ja bekanntlich ab. Oder wurde abgewandert – wie die Computerspielemesse. Manchmal hat die Konkurrenz einfach das dickere Budget, um ordentlich zu werben und zuzukaufen. Aber wer die Leipziger Messekalender vergleicht, sieht, dass auch Leipzig längst unter den Zukäufern ist. Und das man weiter eigene Formate entwickelt oder – wie mit INTEC und AGRA – in der Region gewachsene Formate aufnimmt und stärkt. Die Leipziger Messe als Zugmaschine der sächsischen Wirtschaft funktioniert.Und der jährliche Zuschuss von 7 Millionen Euro durch die beiden Gesellschafter Sachsen und Leipzig zeigt die Effekte, die sich beide erwarten. Beschäftigungseffekte zum Beispiel, wie Martin Buhl-Wagner betont: Zu den 380 Beschäftigten der Messegesellschaft selbst kommen noch rund 4.000 Vollzeitarbeitsplätze, die durch Aufträge der Messe in der Region induziert werden. “Wir machen ja nicht alles. Wo immer wir können, geben wir Aufträge weiter”, sagt der Geschäftsführer.
Lieber konzentriert man sich darauf, sich als kompetenter Dienstleister zu professionalisieren und den Kunden “alles aus einer Hand” zu bieten. Eben nicht nur Kongresse – und das Kongressgeschäft ist in den letzten 15 Jahren zu einem wichtigen Standbein der Messe geworden – sondern Kongressveranstaltern auch das eigene Knowhow als Messe zu bieten. Immer mehr Kongresse haben ein eigenes Ausstellungsprogramm. “Und manche dieser Ausstellungen zu Kongressen sind größer als einzelne Messen”, sagt Buhl-Wagner.
Was wieder neue Folgegeschäfte generiert. Die Leipziger Messe oder ihre Tochtergesellschaften – wie die Fairgourmet – werden als Dienstleister auch für Messen und Kongresse rund um den Globus angefragt. Eigene Messeformate fassen an anderen Messeplätzen Fuß. Die “denkmal” nennt Buhl-Wagner als derzeitiges Aushängeschild. Sie hat sich in Moskau etabliert.
Trotzdem macht das Auslandsgeschäft nur etwa 10 Prozent am Jahresumsatz aus. Der Grund ist simpel: “Wir wollen nicht wachsen auf Teufel komm raus”, sagt Markus Geisenberger. Und Buhl-Wagner ergänzt: “Wenn wir wachsen, muss es nachhaltig sein und sich nachhaltig tragen.”
Was dann auch bedeutet: nachhaltig spürbare Effekte für die beiden Gesellschafter. – Wenn auf dem Messegelände der Laden brummt, spürt es die Stadt Leipzig sofort: Die Hotels sind ausgebucht, die Gastronomen grienen wie Honigkuchenpferde, die Taxifahrer zeigen mal ein Lächeln. Manche Veranstaltungen wie der ICCA-Kongress 2011 ziehen weitere Veranstaltungen nach sich. Große Kongress-Veranstalter entdecken die Vorzüge Leipzigs als Messe- und Kongressstadt. Und was die kompakten Möglichkeiten Leipzigs betrifft, hat es mehr zu bieten als viele eigentlich berühmtere Konkurrenten.
Das alles schafft Umwegrenditen, kommt der Wirtschaft zugute. Genauso, wie die Auslandsaktivitäten der Messe wieder dem Freistaat helfen, seine wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken. Zumindest scheinen sowohl Freistaat als auch Stadt zufrieden zu sein mit dem, was die Messe da jedes Jahr veranstaltet. Manchmal passt es wie der Deckel auf den Topf. Passend zum Medizin-Forschungsstandort Leipzig hat sich auf der Leipziger Messe mittlerweile ein ganzes Portfolio an Gesundheitsmessen und Medizinerkongressen herausgebildet.
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Der Verlust der GC scheint also überwunden. Man backt kleinere Brötchen. Dafür mehr. Und 2013 – so Markus Geisenberger – werde man das Ergebnis von 2012 wohl toppen.
Und die Leipziger Messe habe, so Buhl-Wagner, mit ihrer Veränderung hin zu einem Allround-Dienstleister, auch mittlerweile so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal auch unter Deutschlands großer Messegesellschaft. Man stelle eben nicht nur Messehallen zur Verfügung, sondern biete auch den vollen Service vom Messebau über die Vollverpflegung bis hin – ein neues Wort im Messe-Jargon – zur “Hospitality”, ausprobiert erstmals zur “World Skills”, als es galt, 3.200 Gäste-Mannschaften aus über 50 Ländern mit allem grundzuversorgen, was einen reibungslosen Aufenthalt in Leipzig ermöglichte – vom gebuchten Hotelzimmer-Kontingent über Verpflegung, Anmeldung bis hin zum durchorganisierten Transport zum Messegelände.
Wo es dann etwas Neues zu erleben gab, wovon die Gäste der World Skills gar nichts ahnten, als sie die Sieger der Wettkämpfe bejubelten.
Dazu gleich mehr an dieser Stelle.
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