Es ist Frühjahr. Jeder merkt es. Auch die Handwerker. Jetzt können sie wieder aufatmen. Die Baustellen blühen. Und die Handwerkskammer hat die Zahlen der jüngsten Konjunkturumfrage zusammengestellt. Die Umfrage war im März. Das verschiebt diesmal tatsächlich die Zahlen. Denn der lange Winter hat auch manchen Auftrag verzögert. So sackte die Lageeinschätzung gegenüber dem Herbst deutlich ab.

Sie lag aber trotzdem noch im positiven Bereich. 80 Prozent der befragten 2.400 Unternehmen schätzen die wirtschaftliche Lage als gut und befriedigend ein. Vor einem Jahr waren es über 90 Prozent. Ins Gewicht fällt natürlich, dass der Anteil der Baugewerke an den nun über 12.000 Handwerksbetrieben in der Region überproportional groß ist. Wenn sie nicht bauen können, weil Frost und Eis alles blockieren, geht die Lageeinschätzung natürlich herunter.

Das Personal weiß man trotzdem zu halten, berichtet Handwerkskammerpräsident Ralf Scheler am Dienstag, 7. Mai. “Jeder versucht, seine Leute zu halten”, sagt Scheler. Denn dass die halbierten Altersjahrgänge, die in die Ausbildung kommen, auch weniger Fachkräftenachwuchs fürs Handwerk bedeuten, ist den Unternehmen seit Jahren bewusst. Das trifft auch auf die ältere Belegschaft zu. Der Nachwuchs ist knapp. Und wird noch knapper. Aktuell bildet das Leipziger Handwerk noch 3.128 Lehrlinge aus. Im Vorjahr waren es noch 3.456. “Es sind die schwachen Altersjahrgänge, die uns zu schaffen machen”, sagt Scheler, “aber auch die hohe Abbrecherquote.”

Was auch dazu führt, dass gerade die anspruchsvollen Gewerke mittlerweile händeringend nach Nachwuchs rufen. Mit einem schlechten Abgangszeugnis ist man da nicht wirklich gefragt. Auch im Handwerk hat sich in den letzten Jahren eine zunehmende Technisierung durchgesetzt. Das braucht eine gute Schulbildung.

Und so steht natürlich die Fachkräftegewinnung ganz oben auf der Sorgenliste des Leipziger Handwerks. Gleich gefolgt von der rasanten Entwicklung der Beschaffungspreise. Denn wenn auf den Weltmärkten die Rohstoffpreise steigen, drückt das binnen kurzer Zeit auch in die Beschaffungskosten der Handwerksunternehmen. Diese Preise werden natürlich weiter gegeben. Ein Drittel der Leipziger Handwerker hat deshalb 2012 schon seine Stundenpreise erhöhen müssen. Die meisten anderen werden 2013 folgen.

Aber auch die steigenden Energiepreise verteuern Handwerksleistungen. Von der EEG-Umlage können sich Handwerksbetriebe nicht befreien lassen, dazu sind sie in der Regel zu klein. Sie leiden also genauso wie die Privathaushalte unter den Regelungen, die die großen Stromverbraucher bevorzugen. “Dagegen wehren wir uns als Handwerkskammern natürlich mit allen Kräften”, sagt Scheler. Der die “Energiewende” auf Platz 3 der Sorgenkinder setzt. Nicht nur das Thema EEG-Umlage ist politisch schlecht gemacht. Auch wenn es um Wärmedämmung und Energieeffizienz geht, gibt es zwar ein spürbares Bedürfnis der Kunden. “Aber wenn man dann zu den Regelungen und Fördermodalitäten kommt, gerät man in ein Dickicht von Verordnungen, die sich teilweise widersprechen”, sagt Scheler. “Keiner weiß wirklich, wie’s gehen soll.”Die Baugewerke können zwar barmen, wenn der Winter zu lang wird – aber gebaut wird in Leipzig trotzdem. Allein der Wohnungsbau- und -ausbau generiert 61 Prozent der Aufträge, 24 Prozent der Bauaufträge kommen aus dem gewerblichen Bereich, der Rest aus dem öffentlichen Sektor. Das Frühjahr ist in der Regel auch die Zeit, wo die öffentlichen Auftraggeber munter werden, weil endlich alle Haushalte genehmigt sind. Das wird im Sommer auch die Stimmung im Baugewerbe deutlich aufhellen – und einige Neueinstellungen generieren.

Richtig Sorgen macht man sich mittlerweile im Kraftfahrzeuggewerbe. Wohin geht die Reise? – Mittlerweile werden Autos neun Jahre alt, bis sie ausgewechselt werden. Dieser Zyklus hat sich in den letzten Jahren drastisch verlängert. Was natürlich für alle Händler einen deutlichen Rückgang der Verkaufszahlen bedeutet. “Dazu kommen die Folgen des Konjunkturpakets von 2008”, erinnert Scheler. Da brauchen sich etliche Leute auf Jahre hinaus um kein neues Auto zu kümmern. Und wenn man ein Auto hat, geht es nicht mehr so schnell kaputt. 170 bis 215 Euro verdienen die Kfz-Werkstätten pro Fahrzeug im Jahr.

Entspannung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die Händler bieten sich längst einen Preiskampf, der die Margen deutlich drückt. Da wird sich also zwangsläufig etwas verschieben in den nächsten Jahren.Schlechter noch als die Handwerksbetriebe im Kfz-Bereich bewerten jene aus dem Gesundheitssektor ihre Lage. Wahrscheinlich, so schätzt Dagmar Ehnert, die Geschäftsführerin der Handwerkskammer ein, wirken sich hier die Verträge mit den Krankenkassen aus, die entsprechend Verträge machen, die die Erlöse drücken. Die zunehmende Alterung der Gesellschaft erhöht zwar den Bedarf an Gesundheitsleistungen – aber das heißt nicht, dass die Betriebe in diesem Sektor sich nun goldene Nasen verdienen. Wirtschafts- und Geldkreisläufe sind eben doch ein bisschen komplexer, als es manche Wirtschaftsminister gern hätten.

Auch das Personenbezogene Dienstleistungsgewerbe sieht seine Lage eher mit flauen Gefühlen. Wenn die meisten Leipziger nicht viel Geld in der Börse haben, fallen sie auch als Kunden aus. Aber welchem Verantwortlichen in Sachsen sagt man das, wo man in mancher Entscheidungsebene Niedriglöhne immer noch für ein echtes Aufbaupräparat hält?

Dabei ist es just die Binnenwirtschaft, die aktuell die Handwerker noch bei Laune hält, schätzt Scheler ein. Sie sorgt für eine relativ stabile Auftragslage, wo es in der exportorientierten Industrie schon stellenweise schwächelt.

Deswegen ist der Geschäftsklimaindex des Leipziger Handwerks auch wieder ein Mix – aus den fast sonnigen Aussichten im Ausbaugewerbe und der eher gedämpften Einschätzung im Kfz- und Gesundheitsgewerbe. Bei 85,1 Punkten lag er im Frühjahr 2013. Ein Jahr zuvor waren es 91 Punkte.

Aber wie gesagt: In der Zahl steckt auch die unterschiedlich starke Vertretung der unterschiedlichen Gewerbe. Allein 56,3 Prozent der befragten Betriebe kommen aus dem Bau, nur 2,3 Prozent aus dem Gesundheitssektor. “Insgesamt kann man einschätzen, dass die Lageeinschätzung auch weiter gut ist”, sagt der Handwerkskammerpräsident. “Ein Auf und Ab wird es immer geben.”

Und auch der Rückgang an Unternehmensgründungen, den der aktuelle Gründerreport für Sachsen verzeichnet, sieht Dagmar Ehnert keineswegs tragisch. Denn viele Gründungen gibt es gerade in Krisenzeiten. Notgründungen oft. Wenn aber der Laden läuft, dann werden die guten Leute meist sofort eingestellt, brauchen also gar nicht erst eine eigene Firma zu gründen. “Der Trend geht inzwischen auch deutlich hin zur Unternehmensnachfolge.” Rund 3.000 Handwerksmeister gehen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand und brauchen einen Nachfolger. Und der kommt immer seltener aus der eigenen Familie. “Die Zahl der Unternehmensnachfolgen aus der eigenen Familie ist inzwischen unter 50 Prozent gefallen”, sagt Ehnert. Aber deshalb gibt es in der Handwerkskammer inzwischen auch besondere Beratungsangebote für die Unternehmensnachfolge. “Wir sprechen hier von mehr als 20.000 Arbeitsplätzen”, sagt Ehnert. Eine besondere Woche zum Thema startet am 13. Mai.

Insgesamt waren im März 12.301 Handwerksbetriebe in der Handwerkskammer zu Leipzig registriert. Im Schnitt haben sie 7 bis 8 Mitarbeiter. Da kann dann jeder selbst ausrechnen, wie viele Arbeitsplätze das Leipziger Handwerk bereitstellt.

www.hwk-leipzig.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar