Weit sind die Beschäftigten von Amazon Leipzig nicht gekommen seit dem letzten Streik. Gespräche führt die Geschäftsführung nur auf informeller Ebene und ließ stattdessen via Spiegel Online durch den Amazon-Chef Ralf Kleber verkünden, man habe ein Vergütungsmodell, welches die "Mitarbeiter in den Unternehmenserfolg" einbinde, man zahle über 9,30 Euro die Stunde und es gäbe überhaupt das Ziel, bei Amazon unbefristete Arbeitsverhältnisse zu schaffen. Alles in Butter also. Das scheinen verdi und zuletzt 1.700 Mitarbeiter an den Standorten Bad Hersfeld und Leipzig anders gesehen zu haben, als sie am 14. Mai das erste Mal streikten. Nun ist es ab heute 6:30 Uhr erneut so weit.

Denn diesen Argumenten hält ver.di-Fachbereichsleiter Jörg Lauenroth-Mago weiterhin entgegen: “Amazon ist nicht tarifgebunden und zahlt deutlich unter dem Niveau des Einzel- und Versandhandels. Es gibt kein Urlaubs- und kein Weihnachtsgeld, außerdem werden Nachtarbeitszuschläge erst ab Mitternacht gezahlt.”

Und deshalb ruft verdi heute erneut alle Beschäftigten am Standort Leipzig auf, in den zweiten Ausstand zu gehen. “Zum Streik werden die Frühschicht und die Spätschicht aufgerufen. Die Streikenden in Leipzig werden sich die ganze Zeit direkt vor Amazon in der Amazonstraße 1 in 04347 Leipzig, aufhalten”, heißt es in der Erklärung vorab.

Ein weiterer Anlass ist eine Delegation von Kommunalpolitikern, welche sich Amazon heute ab 16 Uhr zu einer Infomationsveranstaltung eingeladen hat. Grund für verdi, den Besuch zu nutzen, hier ein Gegenbild zu schaffen: “Wir wollen zeigen, dass bei Amazon keine heile Welt herrscht, sondern eine große Unzufriedenheit über die Arbeitsbedingungen. Ich hoffe, dass die eingeladenen Politikerinnen und Politiker die Gelegenheit nutzen, mit den Streikenden zu sprechen und unsere Forderung nach tariflichen Regelungen bei Amazon sichtbar unterstützen”, so Lauenroth-Mago.
“Amazon fordert uns heraus”, so der ver.di-Verhandlungsführer weiter. “Der tariflose Zustand beim Branchenprimus des Versandhandels ist inakzeptabel. Die Beschäftigten haben ein Recht auf tariflich verbindlich geregelte Arbeitsbedingungen und eine branchenübliche Bezahlung”.

Dass dies alles bislang Amazon wenig zu beeindrucken scheint, könnte auch einem weiteren Umstand geschuldet sein. Offenbar wäre das Unternehmen auch kurzfristig in der Lage, Mitarbeiter zumindest übergangsweise zu ersetzen, was man in den Anfangszeiten der Industrie- und Fließbandarbeit noch etwas rüder mit gezieltem “Streikbruch” umschrieb und heute etwas eleganter Leiharbeit oder kurzfristige Beschäftigung nennt.

Zum Arikel vom 23. Mai 2013 auf L-IZ.de
Farbe und Steine gegen Leiharbeit: Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung

Zum Interview mit dem Amazon-Chef für Deutschland Ralf Kleber auf SPON
Arbeitsniederlegungen: Streik lässt Amazon-Chef kalt

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