Irgendwann im Herbst wird man vielleicht erfahren, was das Bundeskartellamt nun bei seiner großen Abfrageaktion zu den Fernwärmepreisen in Deutschland und im deutschen Osten herausbekommen hat. Vielleicht wird's ein heißes Lüftchen. Dasselbe bei der großen Abfrageaktion des sächsischen Wirtschaftsministeriums. Jahrelang tut man so, als wäre der Osten ein vom Westen gepäppeltes Kind, das nur greint. Aber wenn die Kosten bei ostdeutschen Verbrauchern auf der Rechnung stehen, spielt man auf einmal geschäftig.

Bemüht Worte wie Monopol und überhöhtes Preisniveau. Was dabei herauskommt, man wird es sehen. Auf jeden Fall wohl nicht das Eingeständnis, dass die Ostdeutschen ihren Aufbau fast komplett selbst bezahlt haben. Die Investitionskosten in die neuen Gas- und Fernwärmestrukturen genauso wie die neuen Stromtrassen, die fehlen und den Strom aus Nordost zu den Konsumenten in Südwest bringen sollen.

Die Stadtwerke Leipzig sehen den Einschätzungen von Kartellamt und Wirtschaftsministerium gelassen entgegen. Und plakatieren lieber. Große blaue Flächen. “Die besten Adressen … erkennt man an ihren Partnern”, steht drauf zu lesen.

Gemeinsam mit Thomas Prause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke Leipzig, schnappte sich am Donnerstag, 14. März, zusammen mit Wolf-Rüdiger Kliebes, Vorstand der Vereinigten Leipziger Wohnungsgenossenschaft (VLW) die Leimbürste und klebte die letzte Ecke eines solchen Plakates in der Berliner Straße. Die VLW hat hier um die Ecke ein paar Wohneinheiten. Sie ist nicht allein. Gleich mehrere Leipziger Wohnungsgenossenschaften schlossen zum 1. Januar 2012 einen Vertrag mit den Stadtwerken, der ihnen sichere und gedeckelte Strom-, Gas- und Fernwärmekosten bis 2021 garantiert. Zehn Jahre lang. Das ist ein in der Gegenwart sehr langer Vertragszeitraum und deshalb auch ungewöhnlich.
Dahinter steckt ein börsenbasiertes Produkt, betont Prauße. Den Wohnungsgenossenschaften wird ein gedeckelter Preis garantiert über die volle Laufzeit. “Und sie profitieren, wenn die Preise fallen”, betont Prauße.

Da der Vertrag zwischen der VLW, der Baugenossenschaft Leipzig (BGL), der Unitas (alle drei gehören zur “Plattform Leipziger Wohnungsgenossenschaften”) und den Stadtwerken schon vor einem Jahr in Kraft trat, wissen alle Partner nun, ob’s funktioniert. Hätte ja auch schief gehen können. Denn die liberalisierten Energiemärkte bedeuten eben auch sehr unberechenbare Handelspreise. Drei Mal, so Kliebes, hat es sich freilich auch für die Wohnungsgenossenschaften schon ausgezahlt: einmal sank der Preis fürs Gas, zwei mal der für Strom – die Mitglieder der Genossenschaften merken das zumindest im niedrigen Prozentbereich auf ihren Abrechnungen.
“Aber Versorgungssicherheit war uns auch wichtig”, sagt Kliebes. Und er betont, dass die Genossenschaften in ihrem Vertragsabschluss mit den Leipziger Stadtwerken auch ihre gesellschaftliche Verantwortung sehen. Denn über die Gewinne der Stadtwerke werden in Leipzig die Verkehrsbetriebe co-finanziert. Und eine funktionierende Stadt sei Voraussetzung dafür, das Leipzig attraktiv bleibe und die Wohnungsgenossenschaften arbeiten könnten und zufriedene Mitglieder hätten.

Kleiner Nebeneffekt: Die Wohnungsgenossenschaften nutzen das Knowhow der Stadtwerke, um ihre eigenen Heizungsanlagen energetisch zu optimieren. Man kann die Energieeffizienz auch verbessern, wenn man diese Anlagen den Nutzungsansprüchen bestmöglich anpasst. Und Energieeffizienz ist ja auch das große Thema, das die Staatsregierung so gern beschwört. Und da man die Sache jetzt schon ein Jahr lang ausprobiert hat, kann man auch die Effekte des Vertrages einschätzen. “Die Sache hat sich in der Tat bewährt”, sagt Kliebes.

Andere machen Werbetamtam, noch bevor ihr Produkt auf dem Markt ist. In diesem Fall verkünden die Stadtwerke und die Wohnungsgenossenschaften, dass die Partnerschaft für sie funktioniert. Die Plakate werden nicht überall im Stadtgebiet zu sehen sein, sondern in der Regel in der Nähe der Gebäudebestände der drei beteiligten Wohnungsgenossenschaften.

Die Plattform der Wohnungsgenossenschaften:
www.wohnen-bei-uns.eu

Die Stadtwerke:
www.swl.de

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