Bisher war es eher ein Thema von Linken, Grünen und Sozialdemokraten: Welche Effekte hat eigentlich das ganze System der so genannten Eingliederungsmaßnahmen im Jobcenter Leipzig? Denn wenn von Integration in den so genannten ersten Arbeitsmarkt geredet wird, muss es doch irgendjemanden geben, der die Vermittlungs- und Integrationserfolge misst? Jetzt hat die FDP-Fraktion nachgefragt. Sie hat am 8. Februar einen kleinen Fragenkatalog zum viel gepriesenen "Kommunalkombi" gestellt.

2008 kündigte die Stadt Leipzig die Einführung dieses Instruments mit großen Posaunen an: “Als neues arbeitsmarktpolitisches Instrument wird in Leipzig vom 1. Mai 2008 bis zum 31. Dezember 2012 das durch Bund und Freistaat Sachsen geförderte Programm ‘Kommunal-Kombi’ umgesetzt. Im Stadtgebiet entstehen dadurch insgesamt 1.334 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, mindestens 667 davon noch in diesem Jahr in Trägerschaft des Kommunalen Eigenbetriebes Engelsdorf (KEE). Die verbleibenden 667 Stellen werden nach Möglichkeit über freie Träger organisiert und bis Ende September besetzt. Koordiniert und gesteuert wird die lokale Umsetzung von der Stabsstelle für kommunale Beschäftigungspolitik im Amt für Wirtschaftsförderung.”

Am 31. Dezember 2012 lief dieses neuerliche Experimentalprojekt der Arbeitslosenbeschäftigung aus. Die Stadt verabschiedete sich mit den Worten: “Wir danken allen Akteuren, die sich im vergangenen Jahr an der Realisierung der Kommunal-Kombi-Maßnahmen und der Schaffung von 1.157 Arbeitsplätzen beteiligt haben.”

Aber das war der FDP-Fraktion zu wenig. Denn durch allerlei Maßnahmen gescheucht werden Tausende Leipziger nun schon seit Jahren. Aber eignet sich irgendeins der gepriesenen Instrumente, die Leute tatsächlich in eine richtige Beschäftigung zu bringen?

Oder wie die FDP-Fraktion am 8. Februar formulierte: “Wie viele über den Kommunalkombi beschäftigte Personen waren drei Monate nach Beendigung der Maßnahme in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen in der Privatwirtschaft oder bei der Kommune bzw. mit ihr verbundene Einrichtungen?”

Hätte man ja Zahlen erwartet. Aber es ist wie mit praktisch allen Experimenten am deutschen Arbeitsmarkt: Das, worum es allen Akteuren immer zu gehen scheint, interessiert in der Praxis augenscheinlich niemanden. Niemand erfasst Zahlen von Vermittlungen, versucht auch nur ansatzweise festzuhalten, ob und wie die Programme vielleicht tatsächlich funktionieren.

Entsprechend hilflos ist die Antwort des Dezernats für Wirtschaft und Arbeit: “Es liegen bundesweit keine validen Analysedaten zum Verbleib der Teilnehmer/-innen nach Beendigung von Kommunal-Kombi vor. Auch die örtliche Agentur für Arbeit und das Jobcenter können der Stadtverwaltung keine entsprechenden Daten bereitstellen.”

Eigentlich reicht so eine Antwort schon. Blamabler kann man die Sinnlosigkeit der ganzen Beschäftigungsspiele nicht beschreiben. Das weiß man selbst in Nürnberg, wo man zumindest irgendwie versucht, im Nachhinein irgendwie ein paar Erkenntnisse zu bekommen.

“Daher wurden während der Programmlaufzeit auf Bundesebene zwei Forschungsinstitute damit beauftragt, die Wirkungen des Bundesprogramms ‘Kommunal-Kombi’ auf die Integration in den ersten Arbeitsmarkt sowie auf die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit zu evaluieren”, verweist das Leipziger Wirtschaftsdezernat auf die höhere Ebene. “Dies geschieht mittels Fallstudien sowie Träger- und Teilnehmerbefragungen. Diese Evaluierung ist noch nicht abgeschlossen. Deshalb wird dem Fachausschuss Wirtschaft und Arbeit erst zum Anfang des III. Quartals 2013 ein Zwischenstand vorgestellt werden können.”Das ahnte man in der FDP-Fraktion schon irgendwie und formulierte die entsprechende Frage: “Auf welcher Datenbasis erfolgt eine Evaluation der Maßnahme Kommunalkombi?”

“Die Evaluation der beiden Forschungsinstitute basiert im Wesentlichen auf der durch das Bundesverwaltungsamt in Köln zur Verfügung gestellten Datenbasis”, heißt es in der Antwort des Dezernats. “Diese werden durch die erhobenen Daten aus den Fallstudien der Träger- und Teilnehmerbefragungen in den Landkreisen und Kreisfreien Städten ergänzt.”

Fallstudien klingt gut. Aber man bekommt schon so eine Ahnung, wie unkonkret das sein wird, was im Fachausschuss Wirtschaft und Arbeit dann präsentiert wird. Und wie wenig es auf die konkrete Leipziger Situation heruntergebrochen werden kann. Aber genau dazu wollte die FDP-Fraktion gern ein paar Zahlen haben. So unüberschaubar ist doch der Leipziger Arbeitsmarkt nicht, oder?

“Auf Basis welcher objektiv messbarer Kriterien kontrolliert die Stadt Leipzig Maßnahmen der Beschäftigungsförderung auf ihren Erfolg ?”, fragten die Liberalen also.

Und das Dezernat antworte auf sehr seltsame Weise, als hätte man gar nicht so richtig verstanden, wonach die Liberalen eigentlich gefragt hatten.

“Der Stadtrat wurde bereits seit mehreren Jahren durch verschiedene Analysen und Vorlagen über die Umsetzung der erfolgreichen Beschäftigungsförderung in der Stadt Leipzig informiert. Die Kriterien des Erfolgs orientieren sich vor allem an dem vom Bundesgesetzgeber festgelegten Zweck der öffentlich geförderten Beschäftigung. Dementsprechend werden hierin vor allem Personen gefördert, die mit anderen Mitteln bisher nicht in eine reguläre Beschäftigung integriert
werden konnten.”

Hier steht das Wörtchen Integration. Verbunden mit “regulärer Beschäftigung”. Und?

“Insofern greift hier das Kriterium der Beschäftigungsförderung für jenen Personenkreis, der nach vorgeschalteter Aktivierung (mindestens halbjährig) perspektivisch keine positive Eingliederungsprognose in den regulären Arbeitsmarkt aufweist. Die öffentlich geförderte Beschäftigung dient vorrangig dem Erhalt bzw. der (Wieder-)Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit.”

Nennt man das eine elegante Kurve oder einen doppelten Rittberger? Zwei Sätze, und aus “regulärer Beschäftigung” ist “(Wieder-)Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit” geworden. Die Beschäftigung selbst ist also Zweck der Beschäftigung. Oder mit den Worten des Dezernats für Wirtschaft und Arbeitslosenbeschäftigung: “Insoweit ist es immer auch ein Erfolg, wenn bei den Teilnehmer/-innen während der Beschäftigungsprogramme im Kommunalen Eigenbetrieb Leipzig/Engelsdorf (KEE) oder bei einem der anderen Leipziger Beschäftigungsträger wie bspw. den Bürgervereinen:
– die konkreten berufliche Fähigkeiten gesteigert,
– die Arbeitmotivation erhöht,
– die Einkommenssituation, ihre Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden verbessert wird.”

Und am Ende das forsche Eingeständnis: “Eine auswertbare Analyse dieser sogenannten Softskills kann von Seiten der Stadt Leipzig, Referat für Beschäftigung, weder personell noch finanziell geleistet werden. Hier verweisen wir auf die Ergebnisse der derzeit laufenden bundesweiten Evaluation.”

Und in einer Stadt mit nach wie vor über 30.000 als arbeitslos gemeldeten Personen sollte man eigentlich erwarten, dass irgendwer irgendwie irgendwo zählt, wieviele Menschen tatsächlich aus der “Beschäftigungsförderung” in reguläre Arbeitsverhältnisse wechseln. Das wäre doch eigentlich ein Erfolgsnachweis, das also, wofür sich alle die “Arbeitsmarktreformer” immer gegenseitig auf die Schulter klopfen.

Also fragte die FDP-Fraktion noch einmal extra: “Wann gilt aus Sicht der Stadt Leipzig eine Maßnahme der Beschäftigungsförderung als ‘erfolgreich’ ?”

Und was antwortet das Dezernat für Wirtschaft und Arbeitslosigkeit am 5. März 2013?

“Siehe Antwort zu Frage 3.”

Die ganze ausweichende Antwort findet man als amtliches Dokument hier: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/859CEF648CFDCAA4C1257B25003F2178/$FILE/V-f-746-antwort.pdf

Das Ruhmesblatt Kommunalkombi in Leipzig: www.kommunalkombi-leipzig.de

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