2012 gibt es wieder ein klein bisschen Geld von der VNG für ihre Anteilseigner. Nach dem deftigen Minus von 260 Millionen Euro im letzten Berichtsjahr konnte die Verbundnetz Gas AG (VNG) wieder einen Gewinn von 132 Millionen Euro erwirtschaften. Davon bekommt auch Leipzig ein bisschen was. Ungefähr 2 Millionen Euro. Immerhin.
Dr. Karsten Heuchert, Vorstandsvorsitzender der VNG, bestätigte am Donnerstag, 28. Februar, zur Bilanzpressekonferenz der VNG, dass sich der Aufsichtsrat “schweren Herzens” dazu durchrang, für das Geschäftsjahr 2012 wieder eine Dividende an die Anteilseigner auszuschütten.
Für 2011 war diese Dividende ausgefallen, nachdem die VNG seit Jahren der stabilen Gewinnerwirtschaftung erstmals ein deftiges Negativ-Ergebnis von 260 Millionen Euro hingelegt hatte. Das Minus wurde aus der Eigenkapitalrücklage ausgeglichen. Die muss nun wieder aufgefüllt werden.
Für 2013, so betont Heuchert, erwartet er ein ähnlich gutes Ergebnis, wie es für 2012 gelungen ist.
Kann man natürlich fragen: Warum erst 2011 dieser Durchsacker – und 2012 dann wieder dreistellig im Plus? – Aber dass es so eine Rumpeltour geben könnte, zeichnete sich auch schon in den Vorjahren ab. Natürlich liegt es an jenen Politikern, die in Europa einen Paradigmenwechsel in der Energiewirtschaft gewollt haben – mehr Wettbewerb, weniger Regulierung, weniger Monopole, mehr Konkurrenz. Das hat dazu geführt, dass auch lange Jahre tragende Geschäftsmodelle ins Trudeln gerieten. Die VNG hatten so eines. Sie hatten lang- und mittelfristige Lieferverträge mit Gasproduzenten in Russland, Deutschland, Norwegen. Sie lieferten an Stadtwerke und Unternehmen in fast ganz Ostdeutschland.
Das hätte geruhsam weitergehen können. Aber nicht mit einem Markt, der seine Rhythmen verändert hat. Nicht nur Strom wird mittlerweile auf Termin- und Spotmärkten gehandelt – und kommt dort phasenweise richtig unter Preisdruck. Auch beim Erdgas ist das mittlerweile so. Und möglich ist, das die VNG dieses Thema unterschätzt haben. Ihre Geschäftstätigkeit auf den Spot- und Terminmärkten hat die VNG ab 2009 kräftig ausgeweitet. 2011 bekam das Unternehmen heftig zu spüren, dass es auf einmal die langfristigen Lieferverträge waren, die ihnen das Geschäft erschwerten. Das dicke Minus kommt genau aus diesen Verträgen. Die für sich ja etwas Gutes waren: Sie boten Liefersicherheit.
Wer sich erinnert: In einigen der knackekalten Winter der letzten Zeit war das ein politisches Thema. Aber 2011, als die Gaspreise an den Märkten unter Druck kamen, war es auf einmal ein teures Thema. Schon damals kündigte die VNG an, mit ihren Lieferanten in intensive Verhandlungen über neue Vertragsmodalitäten eintreten zu wollen. Das ist, wie Heuchert berichtet. 2012 auch geschehen. Für 85 Prozent der Bezugsmenge habe man mit den Lieferanten neue Konditionen ausgehandelt. “Zu beiderseitigem Vorteil”, betont er. Auch die Lieferanten aus Russland und Norwegen gehören dazu.
Was sich in den schönen Charts für die Journalisten freilich nicht mehr darstellen lässt. Denn wo man es immer weniger mit klar deklarierten Lieferkontingenten aus bestimmten Ländern zu tun hat, wird die statistische Darstellung schwierig. Woher kommt das Gas, das man auf den Spot- und Terminmärkten einhandelt? – Gute Frage. “Natürlich ist da auch wieder Gas aus Russland und Norwegen und Deutschland dabei”, sagt Heuchert. Nur lässt sich das nicht mehr so einfach aufdröseln. Auch der Gashandel an den Online-Börsen hat sich – wie beim Strom – in den letzten Jahren vervielfacht. “Deswegen werden wir noch nicht zum Online-Trader”, sagt Heuchert. Aber – siehe 2011 – ein Unternehmen, das die komplette Wertschöpfungskette absichern will, ist dazu verdammt, flexibler zu agieren. Heißt auch: Auch der Gashandel läuft bei VNG immer mehr über die Spot- und Terminmärkte. 2012 erstmals als tragende Säule.
Der Handel an diesen Märkten hat schon in den Vorjahren das Handelsvolumen der VNG deutlich gesteigert. 2012 machte die gehandelte Menge von 161 Milliarden kWh von den Spot- und Terminmärkten erstmals den Löwenanteil des von VNG bezogenen Gases aus – insgesamt immerhin 269 Miliarden kWh.
Abgesetzt hat die VNG immerhin 274 Milliarden kWh, knapp 120 Milliarden davon wieder an den Spot- und Terminmärkten. Wer so die umgesetzten Mengen steigert, steigert logischerweise auch den Umsatz. Der stieg in der VNG-Gruppe von 8,2 Milliarden Euro auf 9,9 Milliarden Euro.
Aber wie sehr sich die Welt des Energiehandels geändert hat, sieht man auch an den Kunden der VNG. Die Abnehmergruppe aus Industrie, Kraftwerken, Versorgern und Stadtwerken blieb zwar gegenüber 2011 relativ konstant (gegenüber 2010 war sie geschrumpft), aber natürlich kann man fragen: Wer waren die Abnehmer der verkauften 120 Milliarden kWh? Auch viele Stadtwerke decken sich mittlerweile an den Spotmärkten ein, nutzen die Chance, dort preiswerter einzukaufen. Der Endverbraucherpreis, den die Gas- und Wärmekunden auf ihrer Rechnung stehen haben, ist immer mehr eine Mischkalkulation. Da stecken langfristige Vertragsmengen genauso drin wie das Auf und Ab an den Energiebörsen.
Das wird sich in den nächsten Jahren eher noch verstärken. Auch weil – durch den Einbruch der Wirtschaft in etlichen von der Finanzkrise gebeutelten Ländern – die Preise weiter unter Druck bleiben. Die VNG konnten es direkt erleben: In Italien, einem der Hauptabnehmerländer außerhalb Deutschlands – ging der Absatz von 48 auf 46 Milliarden kWh. zurück. Das bedeutet eben nicht nur ein etwas schmaleres Geschäft. Es bedeutet auch, dass über Jahre deutlich mehr Gas auf dem Markt ist, als direkt gebraucht wird. Das bringt – so betont Heuchert – an den Handelsmärkten logischerweise die Gaspreise unter Druck. Wer da nicht an den Spot- und Terminmärkten selbst mitmacht, macht tatsächlich nur noch Miese.
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Deswegen hat die VNG 2012 ihren Handel an den Spot- und Terminmärkten drastisch ausgeweitet. Und 2013 werden auch noch weitere Verhandlungen mit den restlichen Lieferanten folgen, kündigt Heuchert an. Zur Not mit Schiedsgericht, sagt er.
Deutlich ausgeweitet hat die VNG auch ihr Engagement auf den Öl- und Erdgasfeldern vor der norwegischen und dänischen Küste. Doch gerade die Investition in neue Förderung ist eine Investition in Zukunft. Die 10 Prozent Anteil selbst geförderten Gases an der gehandelten Menge sieht Heuchert eher irgendwann nach 2020. Aber das Standbein sei wichtig. Daran werde man festhalten.
Ausgegliedert hat die VNG – weil der Gesetzgeber das so will – 2012 ihre Transporttochter Ontras, die das zweitgrößte deutsche Fernleitungsnetz betreibt, und die VNG Gasspeicher GmbH, die die drittgrößte Speicherkapazität für Erdgas in Deutschland betreibt.
Von den 132 Millionen Euro Gewinn soll der größte Teil wieder das Eigenkapital stärken. Der Hauptversammlung im April will der Aufsichtsrat jetzt vorschlagen, 30 Millionen Euro als Dividende auszuschütten. Davon bekommen dann auch jene ostdeutschen Kommunen einen Teil, die mit der VUB noch 25,79 Prozent der Anteile an der VNG halten. Leipzig hält 7,02 Prozent. Macht dann nach Adam Ries etwas über 2 Millionen Euro, mit der die LVV, die für Leipzig die Anteile hält, ihren Etat wieder etwas aufbessern kann.
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