Seit Mittwochabend, 28. November, ist einiges fassbarer, was jenen Zipfel Stadtraum am Wintergartenhochhaus betrifft, der der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) gehört. Und auf dem sie auch bauen will. Und zwar schon - wenn alles klappt - ab 2013. Bis 2015 soll hier ein Neubau mit über 5.000 Quadratmeter Nutzfläche als neue LWB-Zentrale entstehen.

Die alte ist seit 1996 das Bürogebäude in der Prager Straße 21, das holländischen Eigentümern gehört und in dem die LWB nur noch eine Mietvertragsverlängerung bis 2015 aushandeln konnte. “Eine weitere Verlängerung war leider nicht drin”, sagt LWB-Geschäftsführerin Ute Schäfer. “Wir müssen raus.”

Mit dem Thema beschäftigt sich das kommunale Wohnungsunternehmen nicht erst seit 2012. Doch seit dem Frühjahr ist auch klar, dass ein simpler Auszug aus der Prager Straße noch keine spürbaren Einspareffekte hat. Ein Neubau auf eigenem Grund ist rechnerisch langfristig die günstigste Lösung. Auch deshalb, weil das neue Gebäude nach neuesten energetischen Vorschriften gebaut werden muss. Das macht es in der ersten Kalkulation mit zwischenzeitlich kolportierten 13,5 Millionen Euro scheinbar teuer.

“Aber wer heute baut, muss die energetische Seite immer mit einkalkulieren”, sagt Schäfer. “Man kann nicht mehr billiger bauen.” Im Effekt wird man dann über die Jahre bei den Betriebskosten sparen. Etwas, was ja auch LWB-Mieter bemerken, wenn ihr Haus einmal energetisch saniert wurde. 430 Millionen Euro will die LWB in den nächsten zehn Jahren in ihren Bestand investieren.

“Und wir sind ja froh, dass wir mittlerweile an den Punkt gekommen sind und wieder unternehmerisch handeln können”, sagt Dr. Gabriele Haase, die zweite Geschäftsführerin der LWB. “Bis 2011 schrieben wir noch jedes Jahr rote Zahlen.” Mittlerweile konnte das Unternehmen seinen Schuldenberg so weit reduzieren, dass wieder Spielräume entstanden sind. Die meisten Gelder sollen in den nächsten Jahren in die Sanierung und Modernisierung des Bestandes fließen. Da und dort werde man auch wieder neuen Wohnungsbau forcieren.
Wobei – das betont Haase – der Standort am Wintergartenhochhaus dabei auf der Liste ganz oben stünde. Denn im Ideenwettbewerb, den die LWB 2010 durchführte, um eine neue Vision an der Wintergartenstraße zu entwickeln, wo derzeit ein nackter Parkplatz gähnt, wurden am Ende jene Architekturskizzen prämiert, die eine aufgelockerte Bebauung vorsahen. Vorher schon hat die LWB das Areal für mögliche Investoren aufgehübscht. In den 1990er Jahren scheiterte hier eine der vielen Leipziger Visionen, ein großes Multiplex-Kino aus dem Boden zu stampfen. Am Ende konnte der Kinopächter kein tragbares Refinanzierungsmodell vorlegen.

Aber mittlerweile hat sich die Ostseite des Innenstadtringes zu einem neuen Schwerpunkt der Stadtentwicklung entwickelt, bestätigt auch Prof. Stefan Rettich vom Leipziger Büro Karo-Architekten, das den Wettbewerb betreute. Die rege Beteiligung am Wettbewerb ist für ihn dafür sprechendes Zeugnis. Rund 150 hochkarätige Architekturbüros aus ganz Europa hatten sich für die Teilnahme am Wettbewerb beworben. Der natürlich auch deshalb attraktiv ist, weil der Standort einer der auffälligsten in ganz Leipzig ist. Wer auf dem Bahnhof ankommt, wird den neuen Verwaltungsbau der LWB sehen – er wird genau zwischen Victor’s Residence Hotel (dem 1911 erbauten Hotel “Continental”) und dem Wintergartenhochhaus zu sehen sein. Als markantes Eingangsportal zum Leipziger Osten.

“Die Aufgabe haben überraschenderweise alle eingeladenen Architekturbüros mit Bravour gelöst”, sagt Prof. Ingo Andreas Wolf von der HTWK, der der Wettbewerbsjury vorsaß. Die bestand aus neun Mitgliedern – darunter zwei Bürgermeister, vier Stadträte und natürlich die LWB-Vertreter. Das Auswahlgremium des Wettbewerbs hatte aus den 150 Anmeldungen im September 20 Büros ausgewählt, die zur Abgabe ihrer Entwürfe eingeladen wurden – darunter 12 “erfahrene Büros”, 4 Büros aus der Kategorie “Junge Teilnehmer” und 4 gesetzte Teilnehmer aus dem Ideenwettbewerb von 2010. 19 haben ihre Arbeiten abgegeben.

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Und am Abend des 28. November gab es dann ein klares 9:0 der Jury-Stimmen für den Beitrag des Weimarer Architekturbüros Motorplan. Das sind vier Architekten, von denen einer sein Leipzig schon bestens kennt: Johann Bierkandt. Er war schon bei den Planungen für das Gelände des Bayerischen Bahnhof involviert. Doch das spielte bei der Jury-Entscheidung keine Rolle. Wichtiger waren – neben der architektonischen Lösung – die Einhaltung des veranschlagten Budgets und auch die Lösungen für Dinge wie Autostellplätze (unterm Haus), Freiraumlösungen zum Wintergartenhochhaus, Unterbringung der Technik und Raumlösungen für die künftige Unternehmenszentrale der LWB.

“Die Unternehmensatmosphäre soll sich deutlich verbessern”, sagt Gabriele Haase. Für jede Abteilung des kommunalen Unternehmens soll es künftig eine eigene Etage geben – flexibel gestaltbar, durch die großen Glasflächen auch sehr transparent. “Vier plus zwei Etagen”, rechnet Johann Bierkandt vor. Dabei sind Erdgeschoss und oberstes Geschoss deutlich überhöht, um die Raumhöhe des benachbarten Hotels aufzunehmen. “Ein Hochhaus wollten wir auf keinen Fall bauen. Da hätte man noch ganz andere technische Dinge beachten müssen”, so Bierkandt. Motorplan als 1. Preisträger wird natürlich genauso wie die beiden nächstplatzierten Schaltraum Architektur aus Hamburg und 03 Architekten aus München ins weitere Verfahren eingebunden.

2013 sollen alle Planungen abgerundet werden. “Ende 2013 soll der Tiefbau beginnen”, sagt Ute Schäfer. “Im Oktober 2015 wollen wir einziehen.”

Der Bau selbst wirkt zwar modern, löst aber – wie Ingo Andreas Wolf betont – den gewaltigen Spagat zwischen dem Hotelbau von 1911 einerseits und dem Prachtstück sozialistischer Moderne, der das Wintergartenhochhaus ist. Während viele andere Entwürfe wieder sehr klar und mit kantigen Formen arbeiteten, arbeitet der Entwurf von Motorplan mit lauter runden Ecken. “Ein Detail, das man auf keinen Fall wegsparen darf”, sagt Wolf.

Wenn der neue Geschäftssitz der LWB 2015 fertig ist, verbleiben noch zwei geplante Baublöcke auf dem Gelände Richtung Querstraße. Hier sollen 80 kleinere Wohnungen entstehen. Realisierungszeitraum ab 2015, sagt Gabriele Haase. Aber darüber wolle man entscheiden, wenn es soweit sei.

www.lwb.de
www.motorplan.de

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