Die Stadtwerke Leipzig (SWL) haben Pech: Sie sind der Überbringer der schlimmen Botschaft. Und die Botschaft lautet: 2013 steigen die Strompreise auch in Leipzig. Und zwar happig. Um über 12 Prozent im Grundpreis, um über 9 Prozent im Bestpreis. Die Gründe dafür liegen nicht in Leipzig, sondern in einer mittlerweile geradezu chaotischen Energiepolitik des Bundes.
Deswegen luden die Stadtwerke diesmal auch gar nicht erst klassisch ein mit freundlichen Formeln zu den neuen Preismodellen oder dem tollen Service für die Kunden. “Folgen der Energiewende für die Leipziger Bürger”, war die Einladung betitelt. Denn die Endverbraucher zahlen die Zeche für eine zwar verkündete “Energiewende” – der aber unübersehbar die Strategie fehlt. Potjemkin-Politik könnte man das nennen. Oder Klientel-Befriedigung.
Denn statt zu steuern und die Strukturen für eine neue Art Energieversorgung systematisch aufzubauen, versucht die Bundesregierung zu lavieren. Die ungelösten Probleme landen als Mehrkosten bei den Verbrauchern. Allein die EEG-Umlage steigt von 3,6 Cent je kWh auf 5,3 Cent. Die Subventionierung der stromintensiven Unternehmen schlägt mit 0,33 Cent zu Buche. Eine echte Klientel-Steuer ist die Offshore-Haftungsumlage, die 2013 erstmals fällig wird – mit 0,25 Cent pro kWh. Da die unterschiedlichen neuen Extra-Abgaben den Gesamtstrompreis in die Höhe treiben, steigt auch die Mehrwertsteuer – von 4,9 auf 5,5 Cent je kWh.
Die Netzkosten, die ebenfalls im Strompreis enthalten sind, steigen gleich mal um 14,3 Prozent. Sie machen immerhin ein Viertel am Strompreis aus. Davon werden der Betrieb, der Ausbau und die Instandhaltung der Stromnetze bezahlt. Doch während die Netz Leipzig GmbH, die das Leipziger Netz betreibt, darauf verweisen kann, dass ihre Kosten nur minimal steigen, ziehen im vorgelagerten Netz die Kosten an. Im Osten Deutschlands ist es als Netzbetreiber “50hertz”, einer von vier großen Netzbetreibern in Deutschland. Doch der Netzausbau geht viel zu langsam voran. Die Netzbetreiber sprechen von Zeitschienen bis 2022 und 2032.
Schon jetzt kann das ostdeutsche Netz den hier produzierten Strom nicht fassen. Die installierte Produktionskapazität für Strom- und Windenergie ist mehr als doppelt so groß wie der Bedarf vor Ort. Doch der Sommer 2012 hat es wieder gezeigt: Die Übertragungstrassen nach Süddeutschland fehlen. Es fehlen auch die Stromspeicher, die die Stromlast auffangen, wenn mehr produziert als verbraucht wird. Dafür gibt es nicht einmal ein Konzept der Bundesregierung.Dafür umso mehr Ärger bei den deutschen Stadtwerken. Die SWL gehören zu den größten. “Und wir werden jetzt deutlich mehr Druck machen. So geht das nicht weiter”, sagt Thomas Prauße, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke Leipzig. Denn mit der Art der jetzigen Bundesregierung, die Kosten der “Energiewende” einfach stillschweigend auf den Kleinverbraucher abzuwälzen, werden die regionalen Versorger zu Geldeintreibern für die Bundeskassen degradiert.
70 Prozent der Stromkosten sind mittlerweile reine staatsinduzierte Kosten. “Aber das wird so nicht transparent kommuniziert”, ärgert sich Prauße. Zwar bestätigen Umfragen, dass 72 Prozent der Bundesbürger zur “Energiewende” stehen. Doch 60 Prozent scheinen in dem Glauben zu sein, für die rasant steigenden Strompreise seien die regionalen Stromversorger verantwortlich.
Die Erzeuger-, Einkaufs- und Vertriebskosten machen nur noch 30 Prozent am Leipziger Strompreis aus.
Weil aber die Bundesregierung die notwendigen Kosten für die “Energiewende” nicht benennt und auch nicht erklärt, was damit alles von wem finanziert werden muss, ergibt sich ein großes Dunkelfeld, in dem allerlei dubiose Politiker und Experten ihr Süppchen kochen, die Emotionen schüren und sogar Fehlinformationen verbreiten.
Um den energetischen Umbau des Landes zu akzeptieren, wäre Transparenz vonnöten, sagt Prauße. “Wir jedenfalls werden transparent sein, denn wir müssen unseren Kunden erklären, warum die Preise steigen.”Und so wie die Wirtschaftskammern zu ihren Konjunkturumfragen gern ihre Erwartungen an die Politik formulieren, haben diesmal auch die SWL ihre Bauchschmerzen auf den Punkt gebracht. Man wird die Forderungen wohl in Kürze auch von anderen Stromerzeugern und Regionalversorgern hören, angefangen von 8KU, wo auch die Stadtwerke Leipzig mitmischen.
Und eine zentrale Forderung wird sein, endlich ein eigenes Energieministerium auf Bundesebene einzusetzen – “mit Branchenexpertise”, betont Prauße. Man merkt, dass er vom dilettantischen Herumgewurstel in den jetzt zuständigen Ministerien die Nase voll hat. Ein Thema wie der Umbau der Energiewirtschaft gehöre in die Hände von Technikern, die was von der Materie verstehen.
Genauso fordern die Stadtwerke auch endlich eine Ehrlichkeit in der Finanzierung der Energiewende auf politischer Ebene. Und – was wohl damit zusammen gehört – eine angemessene Lastenverteilung. Denn die Kosten der “Energiewende” wurden mittlerweile vor allem auf die Kleinverbraucher abgewälzt. Stromintensive Unternehmen können sich fast völlig von den Kosten der Energiewende befreien lassen. Was den Effekt hat, dass ausgerechnet die, die sparsam mit Strom umgehen, dafür auch noch kostenseitig bestraft werden.
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Und die SWL fordern – wohl auch im Gleichklang mit den anderen Stadtwerken – endlich einen kontrollierten und abgestimmten Aufbau von Wind- und Stromkraft. Man kann nicht einfach immer mehr Erzeugerkapazitäten aufbauen, wenn sowohl die Übertragungsnetze fehlen als auch die wichtigen (Zwischen-)Speicher. Logische Folge: Wenn man die “Energiewende” überhaupt meistern will, muss jetzt mit der Entwicklungen entsprechender Speicherkapazitäten begonnen werden, Möglichkeiten, den Sonnen- und Windstrom, wenn er weit über Bedarf anfällt, “zwischenzulagern”.
Und ein Hauptproblem beim Umbau sind justament die alten großen Grundlastkraftwerke. Die Atomkraftwerke werden zwar bis 2022 vom Netz gehen, einige Kohlekraftwerke aber werden bis zur Jahrhundertmitte laufen. Und weil sie eben nicht “nach Bedarf rauf- und runterfahrbar” sind, verstopfen sie entweder die Netze mit Strom oder sie arbeiten unrentabel. Was gebraucht wird, sind schnell regelbare Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) – so eines, wie es die Stadtwerke in der Eutritzscher Straße stehen haben und wovon sie gern noch eins bauen würden. Denn getestet haben sie das GuD-Krafwerk in Insel-Betrieb ja schon. Leipzig könnte sich komplett selbst mit Strom versorgen und den Umstieg auf erneuerbare Energie völlig in Eigenregie gestalten – nur sorgt die aktuelle chaotische Energiepolitik in der Bundesrepublik auch dafür, dass niemand das Wagnis eingeht, ein neues KWK-Kraftwerk mit einem Investitionshorizont von 15, 20 Jahren zu bauen.
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