Wer fragt, bekommt Antworten. Auch wenn die Antworten am Ende nur zeigen, dass es eigentlich keine echte Antwort gibt. Am 7. September wollte die Linke-Stadträtin Naomi Pia Witte ein paar Antworten haben zu dem, was eigentlich im Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf (KEE) passiert. Auch wenn es keiner zugeben mag: Es ist der Nachfolger des legendären BfB. Hier geht es nicht um Integration, sondern um "Heranführung". Das Wirtschaftsdezernat hat der neugierigen Stadträtin per 5. Oktober geantwortet.

Und so recht wird Witte jetzt nicht mehr glauben, dass der KEE in irgendeiner Weise hilft, Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Im Gegenteil. Auf einmal tauchen sogar sechs Kategorien auf, die beschreiben sollen, wie nah oder fern die Betroffenen dem sind, was einige Leute so gern “Arbeitsmarkt” nennen. Das heißt: Das Jobcenter teilt sie in Klassen ein. Und wer in den Klassen 5 oder 6 landet, ist damit amtlich nicht nur dem “Arbeitsmarkt” fern, sondern auch in der Gefahr, im KEE zu landen. Die Antworten zu dem, was dort tatsächlich an Qualifikation und Fitmachen für einen echten Job passiert, sind geradezu entlarvend.

Sie gipfeln in der Aussage: “Zudem soll die Zuweisung in AGH (Anm. d. Red.: Arbeitsgelegenheit) den Teilnehmer weiterentwickeln, ihm vorher definierte Fähigkeiten und Fertigkeiten gewinnen lassen, mit denen er dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder ein Stück näher kommt.” Sauberer kann man eigentlich nicht beschreiben, dass im KEE in seinen Angeboten nichts und niemand wirklich für irgendeinen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt fit gemacht oder geschult wird. Es ist eine Sackgasse für alle, die das Pech hatten, vom Jobcenter in die Gemüse-Kategorie 5 oder 6 (offiziell: Profillagen) einsortiert zu werden.

Aber lesen Sie selbst:

1. Wie viele Personen sind derzeit beim Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf in einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme?

Zum Stand 15.09.2012 sind beim Kommunalen Eigenbetrieb Leipzig Engelsdorf insgesamt 888 Person in 115 arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen beschäftigt. Hiervon 48 Frauen und Männer in gemäß § 16 e SGB II geförderten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen (max. 75 % Förderung durch Jobcenter).

194 Personen sind im Rahmen des Modellprojektes “Bürgerarbeit” beschäftigt, weitere 7 im Rahmen des Bundesprogramms “Kommunal-Kombi”. 636 Personen sind zu diesem Zeitpunkt Teilnehmer einer Arbeitsgelegenheit. In Beschäftigungsverhältnissen, die mit einem Eingliederungszuschuss gefördert werden, sind derzeit 3 Personen beschäftigt.2. Welche Maßnahmen mit welchen Aufgabenstellungen/Arbeitsbereichen werden zurzeit durchgeführt bzw. befinden sich in Planung?

Vorrangig ist es Aufgabe aller beschäftigungspolitischen Maßnahmen beim KEE, die Teilnehmer/-innen an den regulären Arbeitsmarkt heran zu führen, vorher definierte Vermittlungshemmnisse abzubauen sowie die sozialen Kompetenzen und Fertigkeiten zu fördern und auszubauen.

Die unter 1. genannten beschäftigungspolitischen Maßnahmen werden überwiegend in den Aufgabenbereichen Landschaftspflege und Umweltschutz, Kinder- und Jugendarbeit, unterstützende Arbeit in sozialen Einrichtungen und Schulen sowie Unterstützung des Vereins- und Breitensports realisiert. Darüber hinaus werden viele der Teilnehmer in Maßnahmen wie “Bürgerdienst LE”, Bürgerdienst “Leipziger Ortschaftsservice” oder “Blau-Gelbe-Engel” eingesetzt.

Innerhalb dieser Maßnahmen werden u. a. folgende zusätzlichen Angebote realisiert:

– Bereitstellung niedrigschwelliger Betreuungsangebote für Kinder, Jugendliche sowie ältere, behinderte sowie suchtkranker Menschen;
– Unterstützende Betreuung der Sporthallen während des Vereins- und Breitensports;
– Landschaftspflege sowie Erhalt der Ordnung und Sauberkeit durch Begehung der Stadtgebiete und Meldung von entsprechenden Verstößen bspw. an das Ordnungsamt;
– Bürgerinformationen in den Familien- oder Senioreninfobüros;
– Unterstützung der Schulbibliotheken und Begleitung von Schulklassen außerhalb der Schulen

Aktuell läuft die verwaltungsinterne Planung, welche Kapazitäten an beschäftigungspolitischen Maßnahmen im nächsten Jahr angeboten werden können. Verbindliche Aussagen, in welchen einzelnen Tätigkeitsfeldern Maßnahmen angeboten werden können, können daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden.

3. Aufgrund welcher Vermittlungshemmnisse wurden die Maßnahmeteilnehmer für die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung für den Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf ausgewählt?

Arbeitslose Leistungsbezieher/-innen werden je nach ihrer Nähe oder Ferne zum allgemeinen Arbeitsmarkt in sogenannte Profillagen eingruppiert. Insgesamt gibt es 6 solcher Profile, welche den schon erwähnten Abstand zum Arbeitsmarkt abbilden, wobei überwiegend die beiden Profillagen 5 und 6, d. h. “Stabilisierungsprofil” und “Unterstützungsprofil” die potentiellen Teilnehmer/-innen für den Marktersatz beinhalten.

Personen, die für eine Arbeitsgelegenheit (AGH) ausgewählt werden, sind überwiegend fern des allgemeinen Arbeitsmarktes. Daher wurden die Tätigkeiten, die in AGH ausgeübt werden, sehr einfach und niedrigschwellig vom Träger strukturiert.

Vor Zuweisung in eine AGH prüft der Arbeitsvermittler die grundsätzliche Eignung. Nicht jeder potentielle AGH-Teilnehmer kann bspw. in einer Pflegeeinrichtung oder ständig im Freien arbeiten. Zudem soll die Zuweisung in AGH den Teilnehmer weiterentwickeln, ihm vorher definierte Fähigkeiten und Fertigkeiten gewinnen lassen, mit denen er dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder ein Stück näher kommt. Des Weiteren sollen zuvor gemeinsam mit den Beschäftigten erarbeiteten Handlungsbedarfe innerhalb angebotenen Maßnahmen sukzessive abgebaut werden.

Eine vertiefende Diskussion zu konkreten Vermittlungshemmnissen der potentiellen Teilnehmer/-innen beschäftigungspolitischer Maßnahmen empfehlen wir bei Bedarf, in den zuständigen Fachgremien, wie bspw. dem Beirat Jobcenter, zu führen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar