Kaum war die Kanzlerin im Urlaub, setzte Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) am Mittwoch, 1. August, wieder ein unübersehbares Zeichen in liberaler Lobbypolitik: Unter seiner Leitung beschloss das Bundeskabinett die nächste Verschonung für Stromgroßverbraucher in Deutschland. Der sogenannte Spitzenausgleich für energieintensive Industrieunternehmen wird auch 2013 fortgesetzt. Jetzt haben auch die Handwerker die Nase voll.
Denn die von der Bundesregierung propagierte “Energiewende” sollen weiterhin die kleinen Unternehmen und die Privathaushalte bezahlen. “Die bisherige Regelung für den Spitzenausgleich läuft Ende 2012 aus. Das Bundeskabinett hat nun mit dem Gesetzentwurf eine Nachfolgeregelung ab 2013 für die nächsten zehn Jahre beschlossen. In Übereinstimmung mit dem aktuellen Energiekonzept der Bundesregierung legt der Gesetzentwurf als Gegenleistung für die Gewährung des Spitzenausgleichs klare Energie-Einsparziele fest. Er verlangt den Unternehmen damit spürbare Anstrengungen zur Erhöhung der Energieeffizienz ab”, heißt es in der Mitteilung der Bundesregierung dazu.
Aber “die nächsten zehn Jahre” – das ist genau der Zeitraum, in dem Milliarden in den nötigen Netzausbau und die nötigen Speichersysteme investiert werden müssen. Die Bundesregierung führte einmal mehr das Argument an, stromintensive Unternehmen müssten in anderen Ländern nicht so hohe Steuern zahlen wie in Deutschland.
“Die Unternehmen, die den Spitzenausgleich ab 2013 in Anspruch nehmen wollen, müssen Energiemanagement- oder Umweltmanagementsysteme verbindlich einführen und betreiben. Das bedeutet, dass diese Unternehmen ihren Energieverbrauch systematisch erfassen und in einem strukturierten Prozess Einsparpotenziale ermitteln müssen”, heißt es aus der Kabinettsrunde. “Ziel ist, dass diese Einsparpotenziale von den Unternehmen – insbesondere den kleinen und mittelständischen – für Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz genutzt werden. Kleinen und mittelständischen Unternehmen wird dabei die Möglichkeit eröffnet, alternativ kostengünstigere Audit-Verfahren zu betreiben. – Darüber hinaus gibt es für den Spitzenausgleich ab dem Antragsjahr 2016 eine weitere Voraussetzung. Die begünstigten Wirtschaftszweige können ihn nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie insgesamt die gesetzlichen Vorgaben zur Reduzierung der Energie-Intensität ab dem Bezugsjahr 2013 kontinuierlich erreichen.”Das klingt auch der Leipziger Handwerkskammer wieder wie ein schön verpacktes Geschenk für die Großen. – “Im Sommer 2011 hat die Bundesregierung im Zuge der Stromnetzentgeltverordnung StromNEV Industrieunternehmen, die besonders viel Strom verbrauchen, von den Gebühren für Stromnetze befreit. Rund 600 Großunternehmen sind dadurch von den Netzdurchleitungs-Entgelten befreit. Die Kosten dafür belaufen sich allein 2012 auf mindestens 240 Millionen Euro”, rechnet die Kammer vor. “In den letzten zehn Jahren ist der Strompreis um 55 Prozent gestiegen, wobei der fiskalische Anteil am Strompreis mittlerweile über 40 Prozent beträgt.”
Doch die massive Steigerung der Strompreise trifft besonders alle kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Privathaushalte. Bei beispielsweise 3.500 Kilowattstunden Verbrauch steigt der Strompreis pro Jahr um 26 Euro.
“Dies ist eine Diskriminierung fast aller Unternehmen. Dabei kann in einem mittleren Unternehmen, beispielsweise einer Bäckerei, der Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten größer sein als in einem von der Stromsteuer befreiten Großbetrieb. Eine solche staatliche Ungerechtigkeit ist nicht hinnehmbar”, so der Präsident der Handwerkskammer Ralf Scheler.
Die Handwerkskammer zu Leipzig hat deshalb einen Forderungskatalog aufgestellt:
1.) bestehende Befreiungstatbestände neu durchdenken, um eine gerechte Lastenverteilung entsprechend der Leistungsfähigkeit sicher zu stellen. Möglich wäre dies beispielsweise mit gestaffelter Befreiung bei Berücksichtigung der Energieintensität.
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2.) unverhältnismäßig hohe Belastungen für kleine und energieintensive Unternehmen des produzierenden Handwerks zu vermeiden. Möglich ist dies durch die Unterstützung von Betrieben bei der Steigerung der betrieblichen Energieeffizienz
3.) ein Ende von stop and go in der Förderpolitik.
Denn da, wo die Bundesregierung wirklich handeln könnte, um den energetischen Umbau des Landes voranzutreiben, da spielt sie auf Zeit. So fordert die Handwerkskammer denn auch, das “Gesetz zur steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung von Wohngebäuden” schnellstmöglich auf den Weg zu bringen. Dazu sei die Blockade im Vermittlungsausschuss aufzulösen.
4.) keine Erhöhung der von Seiten der Politik zugesagten Höhe der EEG-Umlage von 3,5 Cent pro kWh.
Eine Sammlung von Positionen der Handwerkskammer zu Leipzig für eine nachhaltige Energiepolitik findet man unter: www.hwk-leipzig.de
Der Beschluss des Bundeskabinetts: www.bundesregierung.de
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