Leipzigs Messe muss sich ändern. Jedes Jahr ein wenig. Das musste auch die Geschäftsleitung der Gegenwart wieder lernen nach den harten Schlägen der Finanzkrise. Auch wenn man die Zeit nicht wirklich verschlafen hat. Doch gerade der Messemarkt kennt kein Pardon. "Wir sind eine der innovativsten Messen in Deutschland", sagt Martin Buhl-Wagner, Sprecher der Geschäftsführung. "Keine andere Gesellschaft hat in den letzten 20 Jahren so viele Messen erfolgreich im Markt platziert wie wir."
Seit 1991 wurden mehr als 30 eigene Messen dauerhaft in Leipzig verankert. Große Flaggschiffe wie die Leipziger Buchmesse, die Auto Mobil International, das Messedoppel Z/intec und die Weltleitmesse ORTHOPÄDIE+REHA-TECHNIK werden begleitet von anerkannten Fachmessen wie der denkmal sowie durch zahlreiche nationale Branchentreffs und Publikumsveranstaltungen.
Von vielen bekommt der Leipziger nichts mit. Sie richten sich reineweg an das Fachpublikum. Was einer der Gründe dafür ist, das Leipzig relativ ohne größere Blessuren durch die Wirtschaftskalamitäten der Jahre 2008 / 2009 gekommen ist. Fachmessen sind, so Buhl-Wagner, wenn sie gut betreut werden, verlässliche Bausteine im Portfolio. In Leipzig ergänzt durch Publikumsmessen. Die bringen dann auch die Neugierigen aufs Messegelände.
36 Messeveranstaltungen gab es 2011 mit 892.529 Besuchern. Das waren fast 200.000 weniger als im Vorjahr. Der Umsatz fiel mit – 2,6 Prozent trotzdem nur etwas geringer aus. Denn die Besuchereinnahmen machen mit rund 5 Millionen Euro nur einen kleinen Teil des Umsatzes aus. Deutlich mehr Geld nimmt die Messe mit Standbuchungen und Teilnehmergebühren ein. Stabil läuft auch das Kongressgeschäft: 77 eigenständige Kongresse und Tagungen fanden statt sowie 16 messebegleitende Kongresse.
Und die vor zwei Jahren angekündigte Neuausrichtung des Unternehmens als integrierter Messeveranstalter, so Martin Buhl-Wagner, sei gut vorangekommen. Jetzt wirbt man sogar mit dem Slogan: “Innovativste Messe Deutschlands”.
Rund 90 Kongresse finden 2012 in Leipzig statt, zusätzlich zu den Messen und ihren begleitenden Fachprogrammen. Im Juni nutzte zum allerersten Mal ein US-amerikanischer Veranstalter das Congress Center Leipzig (CCL) für den CYTO-Kongress. Martin Buhl-Wagner sagt zur Akquisitionsstrategie: “Wir stehen im internationalen Wettbewerb mit hochleistungsfähigen Kongresszentren. Das unbekanntere Leipzig hat zwei Vorteile: Erstens bieten wir einen starken individuellen Service aus unserer eigenen Unternehmensgruppe. Zweitens haben wir durch regionale Allianzen eine hohe Branchenkompetenz in mehreren Clustern geschaffen.”
Gerade im Bereich der Medizin genieße Leipzig einen exzellenten Ruf. Die Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig und den Forschungsinstituten sei eine wesentliche Grundlage dafür, dass die Zahl, die Größe und die Bedeutung der medizinischen Messen und Kongresse in Leipzig gestiegen seien. Das zeige sich auch am Beispiel des Leipziger Tierärztekongresses. Er wurde gemeinsam mit der Universität Leipzig entwickelt und war zu seiner sechsten Auflage Anfang 2012 bereits die größte Fortbildungsveranstaltung für Veterinärmediziner in Europa.Für die Entwicklung des Kongressgeschäftes sieht Buhl-Wagner zusätzliche Kapazitäten in der Kongresshalle, die dem Leipziger Zoo gehört und derzeit aufwändig restauriert wird. “Wir unterstützen schon heute die Bewirtschaftung des Gebäudes, soweit es die Bauarbeiten zulassen, und möchten auf jeden Fall später den Betrieb übernehmen. Die Auftragslage im CCL bietet gute Prognosen für einen zweiten Standort.”
Kongresse sind für Leipzig ein besonders nachhaltiger Geschäftszweig, denn die lange Aufenthaltsdauer der Teilnehmer fördert die Umsätze lokaler Betriebe. Durch Übernachtungen, Restaurantbesuche, Taxifahrten, Besuche von Kultureinrichtungen, Einkäufe usw. entsteht im Umland noch einmal das 13-fache des Kongressumsatzes selbst.
Potenzial sieht Martin Buhl-Wagner auch in der Vermietung des Leipziger Messegeländes für Gastmessen, Shows, Sportveranstaltungen und Konzerte. Erfolgreiche Kooperationen gäbe es schon seit vielen Jahren, zum Beispiel mit den Organisatoren der Touristik & Caravaning, der Motorradmesse oder der Fachdental. “Trotzdem haben wir noch Platz und könnten mehr Veranstaltungen aufnehmen. Wir trommeln laut in der Branche, damit es sich herumspricht.”
Zum ersten Mal agiert die Leipziger Messe 2013 selbst als Gastveranstalter – zumindest innerhalb Deutschlands. In München richtet sie die “CosmeticBusiness” aus, die vor einigen Wochen gekauft wurde. Die internationale Fachmesse ist die einzige Zuliefermesse der Kosmetikindustrie in Deutschland. Geschäftsführer Markus Geisenberger sieht darin eine wichtige Erweiterung des Portfolios: “Deutschland ist der größte Kosmetikmarkt Europas – und die CosmeticBusiness eine hervorragende Branchenplattform der Industrie im In- und Ausland. Sie hat großes Entwicklungspotenzial.” Künftig seien weitere Zukäufe denkbar, sofern sie zur Produktstrategie der Unternehmensgruppe passten, so Markus Geisenberger.”Unser Servicenetzwerk ist eine feste Basis der Geschäftsentwicklung”, sagt Martin Buhl-Wagner. “Neben den Messen und Kongressen verdienen wir auch an den Dienstleistungen der fünf Tochterunternehmen. Das breite Portfolio ist zum einen krisensicher – so haben wir nach der Wirtschaftsflaute 2008 deutlich weniger Einbußen hinnehmen müssen als andere Messegesellschaften. Zum anderen ergibt sich aus der Vernetzung ein hohes Serviceniveau in allen Geschäftsbereichen.”
Das sei ein klarer Wettbewerbsvorteil und berge Wachstumspotenzial, so Buhl-Wagner. Das Ziel seien möglichst große Leistungspakete, die dem Kunden auch die Koordination erleichtern. “Wir sind eine der ältesten Messen der Welt und eine der innovativsten, aber wir wollen auch eine der effizientesten werden”, kündigt er an.
Ein Vorreiter sei die Leipziger Messe auf jeden Fall schon in puncto Nachhaltigkeit. Als erste deutsche Messegesellschaft wurde sie 2010 mit dem Green Globe Siegel zertifiziert. Die anspruchsvollen Kriterien müssen jedes Jahr neu erfüllt werden. Für die Geschäftsführer Martin Buhl-Wagner und Markus Geisenberger ist Nachhaltigkeit kein politisches Statement, sondern ein zentraler Bestandteil der Unternehmensphilosophie und eine Geschäftsgrundlage.
“Wir müssen als Messeveranstalter immer ein Stück in die Zukunft schauen, um erfolgreich in der Gegenwart zu sein, denn wir bilden Trends ab”, so Buhl-Wagner. “Die Gesellschaft und die Wirtschaft verändern sich. Das eigene nachhaltige Wirtschaften wird zum Wettbewerbsfaktor. Für unsere Kunden schließt das die Bedingungen auf Messen und Kongressen ein.”
Höhepunkt 2013 wird auf jeden Fall die “Worldskills Leipzig 2013”, die vom 2. bis 7. Juli stattfindet, die Berufe-Weltmeisterschaft, die, so Buhl-Wagner, in der Stadt richtig für Aufmerksamkeit sorgen wird. In der vergangenen Woche hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zugesagt, für die “Worldskills” die Schirmherrschaft zu übernehmen.
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