Am Donnerstag, 12. Juli, war wieder einmal knisternde Spannung im Maschinenhaus des SWL-Kraftwerkes an der Eutritzscher Straße. Nur war dafür kein Theaterpublikum geladen. Nur die Spezialisten von Siemens, von den Stadtwerken und eine Handvoll Journalisten war dabei, als eine 40 Tonnen schwere Leipzigerin an ihren Platz schwebte. Keine Diva. Keine Naschmaus. Dafür eine Gasturbine, der man nicht mehr ansah, dass sie sich in Leipzig schon 15 Jahre lang getummelt hatte.
Zwei Gasturbinen betreiben die Stadtwerke Leipzig (SWL) seit 1995 an der Eutritzscher Straße. Mit den Turbinen wird nicht nur Strom erzeugt, sondern auch gleichzeitig Fernwärme, so dass der Wirkungsgrad der Anlage 87 Prozent erreicht. Doch jede Maschine hat ihre Laufzeit. Kaum jemand behält sein Auto länger als acht bis zehn Jahre. Dann lohnt sich meist auch keine Reparatur mehr. Die beiden Turbinen im GuD-Kraftwerk aber feierten schon 2010 ihr 15jähriges. Beide hatten 100.000 Arbeitsstunden auf dem Buckel.
2010 gab es die erste medienträchtige Aktion, wurde die erste Turbine mit einem gewaltigen Kran aus ihren Lagern gehoben und durch eine neue Turbine von Siemens ersetzt. Doch die alte Turbine wurde nicht entsorgt.
“Wir haben das ganze Projekt hin und her gerechnet und mehrere Varianten geprüft, wie wir das am günstigsten hinbekommen”, erzählt Peter Linzel, der Bereichsleiter Energieerzeugung der Stadtwerke Leipzig. Die Turbinen sind teuer. Ihre wichtigsten Teile aber können erneuert oder ausgetauscht werden. Ergebnis: Die SWL kauften, um den Betrieb nicht zu gefährden, eine neue Turbine, die im Sommer 2010 an Stelle der alten Turbine eingesetzt wurde. Und die alte Turbine ging auf Reisen nach Berlin, wo sie übers Jahr komplett runderneuert wurde, fit gemacht für weitere 100.000 Betriebsstunden oder 15 Jahre.Am Donnerstag, 12. Juli, wurde sie an die Stelle der nun ausgebauten zweiten Turbine eingesetzt in den Erzeugerkreislauf der GuD-Anlage. Die zweite Turbine hat ja auch ihre 100.000 Betriebsstunden auf dem Buckel. Aber was geschieht mit ihr? Die SWL haben doch jetzt wieder zwei Turbinen, die sich die nächsten 15 Jahre über 5.000 Mal pro Minute drehen können, um Strom und Wärme aus Gas zu erzeugen.
“Auch diese Turbine werden wir generalüberholen lassen”, erklärt Raimund Otto, Geschäftsführer der SWL. “Wir schaffen uns damit eine Sicherheitsreserve für den Fall, dass wir schnell reagieren müssen. Etwa das eine der beiden anderen Turbinen ausfällt, mitten im Winter zum Beispiel, und unsere Wärmeversorgung gefährdet ist. Dann hilft es uns nichts, wenn wir den Leuten sagen: Tut uns leid, aber Siemens hat erst wieder in sechs Monaten einen Platz auf dem Laufband frei.”Die Turbine wird also genauso wie die erste Turbine, die 2010 Richtung Berlin auf die Reise ging, runderneuert und dann – griffbereit – eingelagert. Was das kosten wird, hat Otto noch nicht kalkuliert. “Aber das sind Prozesse, die wir so oder so finanzieren müssen”, sagt er.
Der Neukauf einer Turbine 2010 und die Generalüberholung der ersten Turbine haben insgesamt 30 Millionen Euro gekostet. Allein die Generalüberholung der alten Turbine schlug mit 12,5 Millionen Euro zu Buche. Die Generalüberholung hat noch einen Vorteil: Da beim Ersatz wichtiger Teile neue Materialien verwendet wurden, konnten die Revisionszeiträume deutlich verlängert werden. “Auch das spart uns wieder Geld, darf man nicht vergessen”, sagt Otto. Der Revisionszeitraum erhöht sich von 25.000 auf 33.000 Betriebsstunden.
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Für Otto ist dieser durchaus spannende Auswechselvorgang natürlich Teil der Geschäftspolitik des städtischen Unternehmens: “Die Stadtwerke Leipzig übernehmen Verantwortung für eine umweltschonende und sichere Versorgung unserer Stadt mit Strom und Wärme. Zum Erzeugungskonzept der Stadtwerke Leipzig gehört die Gas- und Dampfturbinenanlage als zentraler Faktor. Darüber hinaus investieren wir seit Jahren in erneuerbare Energien. Investitionen in die Erzeugung bleiben eine der wichtigsten Aufgaben der Stadtwerke Leipzig im Bereich der Daseinsvorsorge.”
Die generalüberholte Gasturbine hat eine Leistung von 64 Megawatt (MW). Sie wiegt 40 Tonnen. Der Wirkungsgrad der GuD-Anlage ist noch einmal leicht gesteigert worden und liegt bei über 87 Prozent. Die Generalsinstandsetzung der Turbine ist die größte Einzelinvestition der Stadtwerke Leipzig in diesem Jahr.
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