Am Montag, 11. Juni, stellte natürlich nicht nur die LVV ihre Bilanz vor. Sie funktioniert nur, wenn alle ihre Teile funktionieren. Wenn also ihre Töchter gute Zahlen abliefern. Beispiel Stadtwerke Leipzig: 60,3 Millionen Euro haben sie 2011 als Gewinn abgeliefert. 3,5 Millionen weniger als 2010. Aber das war - aus meteorologischen Gründen - ja auch ein Rekordjahr.

2010 sorgte der knackige Winter dafür, dass die Leipziger besonders viel Strom und Wärme brauchten. “Über so einen Winter freut man sich ja als Stadtwerke”, sagte Thomas Prauße, Geschäftsführer der Stadtwerke am Montag. Aber darauf kann man natürlich keine Bilanz aufbauen. Schon 2011 war – im statistischen Mittel betrachtet – wieder ein ganz normales Jahr, ohne extreme Kältephasen. Was der Hauptgrund dafür ist, dass der Rekordwert im Konzernergebnis nicht wieder erreicht wurde.

Mit einer Abführung von 60,3 Millionen Euro an die LVV waren die Stadtwerke trotzdem wieder die tragende Säule des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages (VLFV). Selbst im Hause LVV benutzt man für dieses Wortungetüm lieber die Abkürzung. Dahinter steckt nichts anderes als der Basis-Baustein der LVV, die mit diesem Vertrag – steuermindernd – den ÖPNV in Leipzig querfinanziert. Wäre eigentlich eine lockere Übung. Denn auch die Wasserwerke lieferten ja 2011 rund 18 Millionen Euro Ergebnisabführung dazu. Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) hingegen senkten ihren Finanzierungsbedarf deutlich unter die für 2011 gesetzte Zielmarke von 50 Millionen Euro – auf 48 Millionen.

Die LVV selbst, die seit zwei Jahren im Aus- und Umbauprozess zur richtigen Konzernsteuerung ist, hat selbst einen Finanzbedarf von 4 Millionen Euro. Blieben eigentlich nach Adam Ries 26 Millionen Euro übrig. Könnte man ja der Stadt auch wieder die versprochenen 10 Millionen Euro für den Haushalt abführen.Doch die LVV hat auch ein paar Finanzlasten zu tragen, die sich in den letzten Jahren dort angesammelt haben. Zuletzt die Kredite für den Ankauf weiterer Anteile an der Verbundnetz Gas (VNG), die jahrelang tatsächlich ordentliche Gewinne ausschütte. Doch im letzten Jahr machte sich der harte Preiswettbewerb auch bei der VNG bemerkbar. Die Dividende für die LVV, die für Leipzig die VNG-Anteile hält, sank auf knapp über 3 Millionen Euro. Das Bedienen der mittlerweile auf 635 Millionen Euro angestiegenen Verbindlichkeiten bindet die verbliebenen Gelder. Die Aufgabe bleibt: Um den entstandenen Schuldenberg abzubauen, muss die LVV sich finanzielle Spielräume verschaffen.

Und das tut sie – seit 2010 auch mit deutlicher Auflage der Landesdirektion Leipzig, indem sie jene Unternehmen aus dem Portfolio verkauft, die nicht zu ihren Kernaufgaben gehören. Über die Definition von Kernaufgaben kann man streiten. Aber die Landesdirektion hat – in Verbindung mit ihren Auflagen für die vom Leipziger Stadtrat am 25. Januar 2010 beschlossene Kapitalausstattungsvereinbarung (KAV) – klar die beiden SWL-Töchter Perdata und HL komm benannt als jene Unternehmen, die nicht zu den Kernaufgaben der kommunalen Betriebe gehören. Seitdem treibt die LVV den Verkauf der beiden Unternehmen voran.

Der Versuch, sie nur anteilig (49,9 Prozent) zu verkaufen, brachte ja bekanntlich 2011 kein sinnvolles Ergebnis. Im Januar konnte die Perdata dann zu 100 Prozent für 18 Millionen Euro verkauft werden. Der Verkauf der HL komm steht am 20. Juni im Stadtrat Leipzig zum Beschluss.Beide Unternehmen steuerten 2011 noch wesentliche Ergebnisse zum Gesamtgewinn der Stadtwerke Leipzig bei. Die HL komm 2,8 Millionen Euro Gewinn, die Perdata 2,7 Millionen. Aber ein Blick aufs Gesamtergebnis zeigt auch: Die Risiken werden nicht weniger, der Kampf auf den Energiemärkten wird intensiver. Die SWL setzten zwar erstmals 4,4 Milliarden Euro um – im Vorjahr waren es noch 3,5 Milliarden. Aber diese gewaltigen Zahlen entstehen nur durch das stark gesteigerte Geschäft im Stromgroßhandel, der 2011 durch die Folgen des Fukushima-Unglücks und die postwendend erfolgte Verkündung des Ausstiegs aus der Atomkraft in Deutschland – befeuert wurde. Wenn große Stromerzeugeranlagen abgeschaltet werden, ist die logische Folge, dass mehr Strom an den Börsen gehandelt werden muss. Die Umsatzmengen dort steigen – die Margen, die für die Händler übrig bleiben, sinken aber.

Die Stadtwerke Leipzig sind zwar unter Deutschlands Stadtwerken einer der größten Händler auf diesem Markt. Aber wirklich ausweiten kann man das Geschäftsfeld nicht.

Dabei erwies sich 2011 eine andere strategische Entscheidung der Stadtwerke als tragfähig, die in den letzten Jahren von ein paar Leipziger Medien immer wieder als Fehlplanung und falsches Engagement angeprangert wurde: das Engagement im polnischen Gdansk, wo die Stadtwerke Leipzig 83,66 Prozent der Anteile an der GPEC besitzen. Sie haben dort über Jahre den Modernisierungsprozess mit vorangetrieben und die GPEC zu einem leistungsstarken Versorgungsunternehmen gemacht. Schon in den Vorjahren stiegen dort nach und nach die Gewinne. 2011 überwies die GPEC dann den Gewinn aus dem Jahr 2010: Mit 6,7 Millionen Euro war das doppelt so viel wie im Vorjahr.

“Und im nächsten Jahr wird es noch mehr”, sagt Prauße, der natürlich die GPEC-Ergebnisse von 2011 auch schon kennt.

2012 werden die Stadtwerke sowieso einen Rekord hinlegen. Sie haben natürlich die Verkäufe ihrer Töchter Perdata und HL komm fest eingeplant. Und so kann man im Geschäftsbericht nachlesen, was das im Ergebnis bedeutet: “Für den Konzern wird für das Geschäftsjahr 2012 ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von 77,8 Millionen Euro und im Geschäftsjahr 2013 ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von 59,8 Millionen Euro erwartet. Darin ist der Verkauf der Tochterunternehmen perdata und HL komm berücksichtigt.”

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In beiden Ergebnissen: 2012 taucht der Verkauf als zusätzlicher Gewinn im Ergebnis auf, 2013 sind dann die bislang noch erwarteten Gewinne der beiden Tochterunternehmen von etwas über 5 Millionen Euro ausgeplant.

Wenn das so kommt und der Stadtrat dem HL komm-Verkauf zustimmt, könnte die LVV ab 2013 tatsächlich den Schwenk hin zum Abbau der eigenen Schulden schaffen. Und die Stadtwerke, die 2012 wieder über 100 Millionen Euro für Anlagen ausgeben wollen, können auch weiter in alternative Energiegewinnung investieren. Im Frühjahr 2012 erst haben sie in zwei sächsische Windkraftanlagen investiert. Der Umbau der deutschen Energiewirtschaft ist längst im Gang, auch wenn der Eiertanz der Bundesregierung den Stadtwerken den wirklich wichtigen Planungshorizont von 10, 20 Jahren bislang verbaut.

Und 2013 bekommen die Stadtwerke dafür eine neue Tochter: Das Segment Netze wird – aufgrund neuer gesetzlicher Rahmensetzungen – als eigenständiges Unternehmen ausgegliedert. Am 1. Januar 2013 ist die Geburtsstunde geplant.

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