"Die Marktnachfrage ist gegenwärtig anscheinend so stark, dass sie die wachsenden Unwägbarkeiten wie Energie- und Kraftstoffpreise oder Schuldenkrise noch überkompensiert. Der Blick auf die Konjunkturrisiken mahnt trotz allem zu großer Wachsamkeit", sagt Wolfgang Topf, Präsident der IHK zu Leipzig. Am Mittwoch, 30. Mai, stellte die IHK zu Leipzig die Zahlen der neuen Konjunkturbefragung vor.

Die regionale Wirtschaft befindet sich auch im Frühjahr 2012 in einer ausgesprochen guten Verfassung. Zwar gibt die Geschäftslage der Unternehmen erstmals seit dem 2009 einsetzenden Höhenflug leicht nach, im Gegenzug haben sich aber die Geschäftserwartungen aufgehellt und erreichen wieder das Allzeithoch des Vorjahres. Im Ergebnis sei – so die IHK in ihrer Analyse – von einer Fortsetzung des moderaten Wirtschaftswachstums auszugehen.

729 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit mehr als 36.000 Beschäftigten aus dem IHK-Bezirk Leipzig (Stadt Leipzig, Landkreis Leipzig, Landkreis Nordsachsen) haben sich an der Umfrage beteiligt.

Die ungelösten Probleme in der Euro-Zone rufen ein nach wie vor hohes Unsicherheitspotenzial hervor. Für die Unternehmen stellen die hohen Energie- und Kraftstoffpreise jedoch das mit Abstand größte Geschäftsrisiko dar.

Aber dabei wird es nicht bleiben. Ein anderes Thema drängt sich nach und nach in den Vordergrund: Den Fachkräftemangel schätzen bereits gut 29 Prozent der Befragten als Risiko für die geschäftliche Entwicklung ein – 6 Prozentpunkte mehr als im Frühjahr 2011.

Zwar schätzen die Unternehmen ihre Geschäftslage nicht mehr ganz so gut ein, wie zum Jahreswechsel. Das Ergebnis ist jedoch etwas besser als vor einem Jahr. Über 40 Prozent der Firmen beurteilen ihre Lage weiterhin mit gut. Nur etwa jedem zehnten Unternehmen geht es schlecht. Gegenüber dem Vorjahresstand geben jedoch die meisten der befragten Wirtschaftsbereiche eine ähnlich gute bis leicht bessere Lageeinschätzung ab. Einzig im Verkehrsgewerbe hat sich die Situation aufgrund der hohen Kraftstoffpreise eingetrübt.

Im Gegensatz zur schwächeren Geschäftslage haben die Unternehmen ihre Geschäftsprognosen gegenüber dem Jahresbeginn wieder angehoben, so dass der Saldo aus positiven und negativen Geschäftserwartungen mit +17 Punkten wieder seinen bisherigen Höchststand vom Frühjahr 2011 erreicht. Erfreulich ist dabei vor allem die branchenübergreifende Zuversicht der Unternehmen. Nicht nur die exportorientierten, sondern auch die investitions- und konsumabhängigen Wirtschaftsbranchen sind mehrheitlich optimistisch und dürften in den kommenden Monaten ihren Wachstumsbeitrag leisten.

Viele Indikatoren deuten für 2012 auf ein weiteres Wachstum der regionalen Wirtschaft hin. Aber insbesondere die problematische Situation in der Eurozone beeinträchtigt den im Übrigen robusten deutschen Außenhandel. In den USA erweist sich der wirtschaftliche Aufschwung noch recht beschwerlich. Von den Schwellenländern kommen indes stabile Wachstumsimpulse.Interessant deshalb der Blick auf das verarbeitende Gewerbe, nach wie vor der Motor der Entwicklung auch im Leipziger Raum. Und siehe da: Wo ganze Medien-Geschwader düstere Wolken an die Horizonte malen, scheint es auf den Absatzmärkten trotzdem weiter zu schnurren: Auch weiterhin beurteilt über die Hälfte der Unternehmen ihre geschäftliche Situation mit gut und nur 9 Prozent mit schlecht. Der Saldo erreicht mit +42 Punkten den besten Wert aller Wirtschaftsbereiche. Auch im Vorjahresvergleich (+35 Punkte) ist das Ergebnis besser. Äußerst optimistisch sind auch wieder die Geschäftserwartungen der Industrieunternehmen.

Da wundert sich selbst die IHK: Obwohl die Probleme im wichtigen Exportmarkt Eurozone nicht grundlegend gelöst wurden, steigt der Saldo der Geschäftsprognosen von +11 auf +31 Punkte und erreicht damit fast wieder die bisherige Bestmarke (+35 Punkte) vom vergangenen Frühjahr.

Abhängig vom Wetter

Wie schwankend Lageeinschätzungen sein können, wenn die Auftragslage von der Witterung abhängt, zeigt mal wieder das Baugewerbe: Der Saldo aus guten und schlechten Lageeinschätzungen liegt mit +41 Punkten damit höher als vor einem Jahr (+37 Punkte). Nachdem die Geschäftsaussichten zum Jahresanfang aufgrund der witterungsbedingten Unsicherheiten eher gedämpft ausfielen, haben sich diese mit Beginn der Frühjahrsbelebung wieder deutlich aufgehellt. Dies deutet auf ein kräftiges Anziehen der Auftragseingänge hin, so die IHK. Der Saldo der Geschäftserwartungen erholt sich gegenüber der vergangenen Umfrage deutlich und steigt von -11 auf +17 Punkte. Damit erreicht das Ergebnis sogar einen neuen Bestwert.

Abhängig vom Kraftstoff

Während die Bauleute sich erstaunlich abhängig vom Auf und Ab der Temperaturen zeigen, entpuppen sich die Transportleute als geradezu abhängig von den Preisentwicklungen an der Zapfsäule.

Das Thema der Kraftstoffpreise bremst aktuell die Stimmung im Verkehrsgewerbe etwas aus. Nachdem sich die Dieselpreise in diesem Frühjahr bundesweit auf Rekordniveau bewegten, konnte der Lage-Bestwert vom Jahresbeginn nicht gehalten werden. Der Saldo der Geschäftslage verringerte sich deutlich von +39 auf +24 Punkte. – Der Saldo aus positiven und negativen Geschäftserwartungen steigt freilich gegenüber der vorherigen Umfrage von +1 auf +11 Punkte. Damit liegt das Ergebnis auf Vorjahresniveau. Trotz der aufgezeigten Ertragsrisiken (Kraftstoffpreise) sehen die Unternehmen weiteres Wachstumspotenzial.

Abhängig von Gästezahlen

Erwartungsgemäß hat sich im ersten Quartal 2012 die Geschäftslage im Gastgewerbe/Tourismus gegenüber dem Jahresbeginn leicht verschlechtert. Saisonal bedingt gehen die Umsätze in den Wintermonaten in vielen Einrichtungen zurück. Im langjährigen Vergleich ist die Lage aber dennoch zufriedenstellend. Immerhin schätzt fast ein Drittel der befragten Unternehmen seine Geschäftslage mit gut ein. Dies sind 9 Prozentpunkte mehr als im Frühjahr 2011. Die Geschäftserwartungen der Gastronomie- und Tourismusunternehmen der Region haben sich im Gegensatz zu den meisten anderen Wirtschaftsbereichen nicht verbessert. Der Saldo liegt mit +3 Punkten weiterhin nur knapp im positiven Bereich. Vor allem die Prognosen der Beherbergungsunternehmen fallen zurückhaltender aus als zuletzt. Ein Grund ist die zunehmende Konkurrenz durch neueröffnete, im Bau befindliche und geplante Beherbergungseinrichtungen insbesondere in der Stadt Leipzig.

Abhängig vom Weltmarkt

Dazu passen dann freilich die neuesten Zahlen aus dem Statistischen Landesamt nicht ganz, die am 30. Mai veröffentlicht wurden. Sind Leipzigs Unternehmen zu optimistisch? Eindeutig sind die dämpfenden Folgen der internationalen Märkte auch in Sachsen schon spürbar.

Mit rund 4,8 Milliarden Euro Umsatz erzielten die 1.284 monatlich berichtspflichtigen verarbeitenden Betriebe Sachsens zwar auch im März 2012 ein achtbares Resultat. Im Vergleich zum Februar konnte damit beim Gesamtumsatz ein Anstieg um 10,2 Prozent konstatiert werden. Während der Export einen moderaten Zuwachs um 6,6 Prozent aufwies, zog das Geschäft im Inland um 12,5 Prozent erkennbar an. An der positiven Entwicklung zum Quartalsende partizipierten fast ausnahmslos alle Branchen.

Aber der Vergleich zum März 2011 gibt zu denken: Im Monat März 2012 wurden von den sächsischen Industriebetrieben jedoch weniger Erzeugnisse und Leistungen umgesetzt als vor Jahresfrist (3,0 Prozent). Während im Inland Geschäfte in der Größenordnung wie im Vorjahresmonat realisiert werden konnten, fiel der Umfang der Exporte um 7,5 Prozent spürbar geringer aus. Die Entwicklung war beeinflusst durch ein verhalteneres Auslandsgeschäft in solch exportorientierten Branchen wie unter anderem der Herstellung von chemischen Erzeugnissen (-27,3 Prozent) oder auch der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (-14,8 Prozent).

Das klingt nach einem ganz deutlich “Hoppla!” Auf jeden Fall für die exportorientierten Branchen.

www.leipzig.ihk.de

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