Am heutigen Montag, 2. April, ab 10 Uhr gibt es die erste Feierstunde für das neue Technische Zentrum der LVB in Heiterblick. Noch steht es zwar nicht. Aber das Baufeld ist beräumt und die gewaltige Grube mit 130.000 Kubikmeter Aushub ist offen. Heute wird - mit wichtiger Prominenz - der Grundstein gelegt. Samt Zeitkapsel. Darüber werden wir hier in Kürze berichten.

Es ist eines jener Großprojekte, denen der Laie nicht gleich ansieht, wie wichtig es ist und welche Auswirkungen es hat. Gerade im ÖPNV müssen Planer in ganz anderen Strukturen denken als etwa beim Bau von Bundesstraßen oder Autobahnen. Sie müssen nicht nur die Fahrtrassen, die Gleise denken, Haltestellen, Umstiegsmöglichkeiten und Fahrzeuge. Sie müssen auch die komplette Technik hinter dem Fahrplan mitdenken. Was Straßenverkehrsplaner nicht müssen. Denen kann es egal sein, was für Fahrzeuge auf dem neuen Asphalt rollen oder stehen, ob sie TÜV-Plakette haben, für Behinderte geeignet sind oder jeden Abend geputzt werden.

Wer aber einen Straßenbahnfuhrpark unterhält, der muss das selbst gewährleisten. Der kann zwar mit viel Hilfe und Förderung neue Niederflur-Straßenbahnen kaufen (und die LVB müssen in den nächsten Jahren noch Straßenbahnen für 100 Millionen Euro kaufen, um die alten Tatra-Bahnen endlich zu ersetzen), der muss aber auch sicherstellen, dass die Fahrzeuge ordentlich abgestellt werden können, am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt ins Netz rollen, regelmäßig gereinigt und technisch gewartet werden. Und wie auch jedes Auto muss auch eine Straßenbahn nach gesetzlichen Fristen zur Hauptuntersuchung.

2005 ging der erste XXL-Straßenbahnzug in Leipzig auf Tour. Damals saß Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) am Steuer, der Straßenbahnhof Angerbrücke war gerade für fast 20 Millionen Euro umgebaut worden, um für die neuen 40-Meter-Bahnen Platz zu schaffen. Und es sah noch ganz so aus, als würden die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) binnen weniger Jahre auch die nötigen Umbauten im Rest des Netzes schaffen, um mit den neuen Bahnen effizient fahren zu können. Seit 2003 war das Projekt Technisches Zentrum in Heiterblick in Arbeit, angelegt als wichtigster Knotenpunkt im Netz – mit der dringend benötigten Hauptwerkstatt, in der die neuen XXL-Fahrzeuge durchgecheckt werden könnten. 27 sind mittlerweile im Netz unterwegs.

Eine Hauptuntersuchung ist nach acht Jahren fällig. 2013 ist es für die ersten XXLer so weit. Der Termin steht. Nur das Projekt blieb immer wieder in den Mühlen der Finanzpolitik hängen. Der Versuch, es als PPP-Projekt umzusetzen, versandete. Und zuletzt drohte auch das sächsische Verkehrsministerium, seine Mitwirkung zu verweigern, setzte andere Prioritäten. Erst 2011 gab es dann die Nachricht aus Dresden, dass das Land das Projekt mit 10 Millionen Euro unterstützt. “Das ist der so wichtige Schlussstein”, sagt Ulf Middelberg, der sich bei den LVB als kaufmännischer Geschäftsführer um die Finanzen kümmern muss. Ganz aus eigener Kraft hätten die LVB das Mega-Projekt in Heiterblick nicht stemmen können.Auch wenn allen Beteiligten klar war, dass die LVB ein neues Konzept aus Straßenbahnhöfen und Hauptwerkstatt brauchen, um beim Straßenbahnverkehr tatsächlich Effizienzgewinne zu erzielen. Schon in den letzten 20 Jahren gingen die meisten kleinen Betriebsbahnhöfe, die teilweise noch aus Zeiten der Pferdebahn stammten, vom Netz. Sie waren für die modernen Bahnen alle viel zu klein, zu eng und nicht ausbaufähig.

Aber auch die Straßenbahnhöfe in Paunsdorf und in der Wittenberger Straße sind an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Ein Umbau lohnt nicht. “Nur wenn wir es wirklich schaffen, das Netz mit den drei großen Eckpfeilern Angerbrücke, Heiterblick und Dölitz neu zu strukturieren, können wir die beabsichtigten Einsparungen beim Betrieb schaffen”, sagt Roland Juhrs, der technische Geschäftsführer der LVB. Dann kann der Straßenbahnhof Paunsdorf vom Netz gehen. Und der Bahnhof in der Wittenberger Straße kann zu einer reinen Abstellanlage umfunktioniert werden.

Um das Technische Zentrum in Heiterblick doch noch umsetzen zu können, haben es die LVB in zwei Baustufen geteilt. Die erste umfasst die so dringend benötigte Hauptwerkstatt, in der die modernen Bahnen komplett gecheckt werden können, in der auch eine neue Radsatzdrehbank ihren Platz findet. Nur mit so einer Werkstatt kann sichergestellt werden, dass die Bahnen ohne technische Probleme sicher und zuverlässig fahren. “Wenn der erste Wagen 2013 zur Hauptuntersuchung kommt, hat er schon 700.000, 800.000 Kilometer im Linienbetrieb hinter sich”, sagt Juhrs. Das ist mehr als einmal zum Mond hin und zurück. Man könnte den Wagen also einfach umbenennen – in “Eagle” zum Beispiel, so hieß die erste Mondfähre. Oder in Houston, wo die Zentrale des amerikanischen Raumfahrtprogramms sitzt. Aber “Houston” heißt schon der XXL-Wagenzug Nummer 23, denn Houston ist auch Partnerstadt von Leipzig.

Die erste Baustufe des Technischen Zentrums kostet 45,6 Millionen Euro, 39 Millionen für die reinen Baukosten, rund 6,5 Millionen für die Baunebenkosten wie Planung und Steuerung. Für 24 Millionen Euro wurden schon Bauaufträge vergeben, nachdem die notwendigen Ausschreibungen Anfang des Jahres gestartet waren. Die meisten an Baufirmen aus Leipzig und der mitteldeutschen Region. Bei den restlichen Aufträgen wird das Verhältnis nicht mehr ganz so sein, denn da geht es teilweise um technische Anlagen, die so in Mitteldeutschland nicht hergestellt werden.Am 30. August 2013 soll das Technische Zentrum seinen Betrieb aufnehmen. Dann soll auch die Teslabrücke fertig sein, die die Stadt Leipzig parallel zum 1. Bauabschnitt des Technischen Zentrums für 12 Millionen Euro neu baut. In zwei Abschnitten, so dass die Zufahrt über einen Brückenteil immer gewährleistet ist. Gleichzeitig wird die nördliche Teslastraße zur Baustraße ausgebaut, damit die Baustelle problemlos angefahren werden kann.

Der Zeitplan ist knapp und ehrgeizig bemessen.

Gleichzeitig sind die nächsten Bausteine für das neue LVB-Straßenbahndreieck in Vorbereitung. Der zweite Bauabschnitt in Heiterblick, bei dem neben einer überdachten Nachtabstellfläche für 180 Straßenbahnen auch eine Betriebswerkstatt und eine Infrastrukturwerkstatt mit Lehrwerkstatt entstehen sollen, könnte sich terminlich gleich an den 1. Bauabschnitt anschließen, so Ulf Middelberg. Bis zur Genehmigungsplanung ist er durchgeplant. 58 Millionen Euro könnte er kosten – jetzt geht es auch hier um die Akquise von Fördergeldern.

Ab Ende 2013 könnte, wenn es gut läuft, auch der Umbau des Straßenbahndepots Dölitz beginnen. Das wäre der südliche Punkt im neuen LVB-Dreieck. Geschätzte Kosten: 18 Millionen Euro. “Aber dann hätten wir unser Straßenbahnnetz endlich neu organisiert”, sagt Juhrs. “Und wir hätten endlich die lange notwendige infrastrukturelle Erneuerung geschafft.” Denn die meisten Anlagen, die jetzt ersetzt werden, sind mittlerweile 80 Jahre alt und älter.

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Allein die Umsetzung des 1. Bauabschnitts in Heiterblick beziffern die LVB mit einem jährlichen Einspareffekt von 1,6 Millionen Euro. Ulf Middelberg ist hörbar froh, dass das sächsische Verkehrsministerium den so dringend notwendigen Betrag von 10 Millionen Euro beigesteuert hat, damit da endlich losgebaut werden kann. “Wir sind sehr dankbar für die wichtige Unterstützung von Stadt, LVV und Land. Diese Unterstützung ist auch zukünftig dringend erforderlich, um das Gesamtprojekt vollständig umsetzen zu können und damit alle positiven Effekte aus dem Konzept auszuschöpfen”, sagt er. Und betont: “Für öffentliche Infrastruktur brauchen wir auch öffentliches Geld.”

Und für die Fahrgäste, so betont Juhrs, wird die Investition ebenfalls spürbar: In sicheren Taktzeiten, reibungslosem Linienbetrieb, ordentlichen und vor allem auch sauberen Fahrzeugen. “Als im letzten Winter so viel Schnee lag in Leipzig, hat man schon gemerkt, dass wir bei der Reinigung der Fahrzeuge deutlich an der Grenze unserer Möglichkeiten sind”, so Juhrs. Und attraktiv wird das Umsteigen von Autofahrern auf die Tram nur, wenn sie so verlässlich fährt wie ein gut gepflegter Mittelklassewagen.

Mehr zur Grundsteinlegung in Heiterblick lesen Sie in Kürze an dieser Stelle.

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