Dass die Erneuerung der Infrastrukturen in Leipzig, die im Jahr 1990 fast 60 Jahre lang nicht erneuert worden waren, schweineteuer ist, merken die Leipziger seit Jahren an ihren Wasserpreisen. Die Investitionskosten müssen ja auf den Preis umgelegt werden. Nur bei der Steuer konnten sie von den Wasserwerken bislang geltend gemacht werden. Doch auf einmal macht das Finanzamt eine Kehrtwende und interpretiert die Gesetzeslage um. Für uralte Steuerabschlüsse.
Durch diese Änderung der steuerlichen Behandlung der Abwasserabgabe entstehen der Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH (KWL) für den Jahresabschluss 2011 voraussichtlich erhebliche steuerliche Belastungen. Das Finanzamt Leipzig teilte dem Unternehmen im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2004 in einem Schreiben mit, dass sie von der bisherigen – auch schriftlich niedergelegten – Rechtsauffassung, wonach für den verrechenbaren Anteil der Abwasserabgabe ein Sonderposten für Investitionszuschüsse gebildet werden kann, zurücktritt.
Die Nichtanerkennung der bisherigen Vorgehensweise durch die Behörde führt bei der KWL zu einer steuerlichen Gewinnerhöhung von rund 56 Millionen Euro. Heißt: 56 Millionen Euro, die bislang vom Finanzamt als Investitionskosten anerkannt worden waren, gelten per amtlicher Meinungsänderung nun als Gewinn. Da werden dann saftige Gewinnsteuern fällig. Mit einem Federstrich.
Unter Berücksichtigung dieser geänderten Rahmenbedingungen resultieren daraus etwa 21 Millionen Euro Steuerlasten, welche im Jahresabschluss 2011 dargestellt werden müssen., haben die Wasswerke nun ausgerechnet.
Die Behandlung der Abwasserabgabe werde seit Längerem intensiv zwischen der KWL und den Finanzbehörden diskutiert und abgestimmt, teilt das Unternehmen mit. Noch im Entwurf des Betriebsprüfungsberichtes im Februar dieses Jahres bestätigte das Finanzamt die Rechtsauffassung der KWL.
Doch mitten im April dachte sich das Amt, das könne man auch mal ganz anders sehen. Der Fnanzminister braucht ja auch Geld.
“Uns trifft die am 18. April 2012 schriftlich mitgeteilte neue Rechtsauffassung des Finanzamtes Leipzig II daher völlig unerwartet. Wir setzen nun alles daran, die komplexe Thematik gemeinsam mit der Stadt Leipzig und der LVV schnellstmöglich zu bewerten und mit den Finanzbehörden dazu ins Gespräch zu kommen”, sagte der Kaufmännische Geschäftsführer der KWL, Mathias Leutert.
Infolge des steuerlichen Querverbundes zur LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH bedeutet der Vorgang nun auch steuerliche Mehrbelastungen für die LVV, die aktuell ermittelt werden. “2011 führt die neue Rechtsauffassung bei der KWL und der LVV vordergründig zu bilanziellen Auswirkungen. Folgen für den Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag sind in 2011 nicht zu erwarten”, sagte der Kaufmännische LVV-Geschäftsführer Volkmar Müller.
Weitere wirtschaftliche Folgewirkungen – auch für die Stadt Leipzig – würden aktuell untersucht. “Ich bin sehr überrascht, dass die Finanzverwaltung des Freistaats ohne jede Ankündigung ihre Rechtsauffassung geändert hat. Kommunen wie auch die Bürger müssen sich auf Zusagen der Finanzämter verlassen können. Es kann nicht sein, dass eine Finanzverwaltung ihre Meinung ändert, was Nachforderungen in Millionenhöhe nach sich zieht, und dies nicht nachvollziehbar begründet”, betonte Leipzigs Bürgermeister und Beigeordneter für Finanzen, Torsten Bonew.
Da die Summe jetzt gefordert wird, kann es natürlich passieren, dass die für die LVV im Jahr 2012 eingeplanten Gewinne in ähnlicher Größenordnung ausfallen. Und dabei schwebt auch noch das Damoklesschwert der von Ex-KWL-Geschäftsführer KLaus Heininger verzockten 290 Millionen Euro im Raum.
Keine Kommentare bisher