Das Leipziger Arbeitsgericht hat heute eine richtungsweisende Entscheidung zu treffen. Die Richter werden über die umstrittene Praxis zur Leiharbeit im Leipziger BMW-Werk entscheiden. Die bayrische Autoschmiede zielt darauf ab, die 1.100 Leiharbeiter auf der bisherigen Basis weiter zu beschäftigen.
Das hatte der Betriebsrat abgelehnt, fordert die Festanstellung der teilweise schon seit neun Jahren tätigen Mitarbeiter zu regulären Tarifbedingungen.
Laut Betriebsratschef Jens Köhler seien über 40 Prozent der Mitarbeiter im Werk inzwischen Leiharbeiter. Dabei gehe es nicht grundsätzlich darum, Leiharbeit zu verbieten. Vielmehr müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Langjährige Leiharbeiter hätten es verdient, zu den gleichen Konditionen wie Festangestellte beschäftigt zu werden. Deshalb sollten sie übernommen werden.
Das sieht BMW anders und will sich mit seiner Klage die fehlende Zustimmung des Betriebsrats für die Leiharbeitspraxis vom Arbeitsgericht holen. Dabei geht es nach Angaben eines Gerichtssprechers sowohl um die Neueinstellung von Leiharbeitern, als auch die Verlängerung auslaufender Leiharbeitsverträge, was einer Neueinstellung gleichkomme. Die Gewerkschaft IG Metall vertritt die Meinung, dass BMW mit seiner Praxis unter anderem EU-Richtlinien verletzt.
So ist Leiharbeit eigentlich dazu vorgesehen, Auftragsspitzen abzudecken. Bei BMW sind aber einige Beschäftigte schon seit bis zu neun Jahren in Leiharbeit tätig. Gewerkschaftsvertreter fordern eine feste Beschäftigung sowie die gleiche Bezahlung wie bei den festangestellten Kollegen.
Dem Betriebsrat zufolge beschäftigt BMW im Leipziger Werk derzeit etwa 2.700 Stammkräfte. Unternehmenssprecher Jochen Müller spricht von rund 2.800 festangestellten Mitarbeitern. Dazu kommen insgesamt 1.120 Leiharbeiter – das ist ein wesentlich höherer prozentualer Anteil an der Belegschaft als in den westdeutschen Standorten.
Jochen Müller, Sprecher von BMW betonte, dass man auf einen flexiblen Anteil an Zeitarbeitskräften nicht verzichten könne. Müller verwies in diesem Zusammenhang auf die Schwankungen im Autogeschäft, die mit Zeitarbeitern abgefedert werden könnten. Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegießer betonte in einem Interview mit MDR-Info in diesem Zusammenhang, dass selbst zum Auffangen von hohen Auftragssituationen ein Anteil von 30 Prozent von Leiharbeitern wie in Leipzig nicht üblich sei. BMW baut in Leipzig verschiedene Modelle der 1er-Reihe und den Geländewagen X1. Derzeit wird das Werk für rund 400 Millionen Euro erweitert: Ab 2013 sollen dort auch die neuen Elektroautos vom Band laufen.
Update: In einem überraschend schnellen Verfahren hat das Leipziger Amtsgericht der Klage des Leipziger BMW-Werkes statt gegeben. Demzufolge kann der Autoproduzent weitere 33 Leiharbeiter einstellen. Der Betriebsrat, der bei der turnusmäßigen Einstellung von Leiharbeitern laut Betriebssatzung um Zustimmung gefragt werden muss, hatte diese verweigert.
Dagegen war das Unternehmen vor Gericht gezogen. In acht ähnlichen Fällen steht noch eine Entscheidung aus. Der Betriebsrat des Leipziger Werks zeigte sich von dem Urteil enttäuscht, meinte jedoch, dass man einen Stein ins Rollen gebracht habe.
Auch von Seiten des Unternehmens wurde hervorgehoben, dass das Tischtuch nicht zerschnitten sei, man weiter gemeinsam mit dem Betriebsrat nach einer Lösung suchen werde. Der Betriebsrat erwägt indes, in die nächste Instanz zu gehen.
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