Beim Bürgerforum am Montag, 16. Januar, sollte eigentlich über die beiden Verkäufe der LVV-Enkel gesprochen und berichtet werden. Doch weil bei der HL Komm das Bieterverfahren noch nicht abgeschlossen ist, gab es dazu auch keine Informationen. Das stieß natürlich auf Unverständnis der Anwesenden. Das Versprechen: zu gegebener Zeit würde man die Bürger in einem weiteren Forum über die Ergebnisse in Kenntnis setzen.
Der Festsaal im Neuen Rathaus war gut gefüllt. Neben LVV-Mitarbeitern kamen “normale” Bürger und auch die Stadtratsfraktionen hatten mindestens je einen Vertreter geschickt. In entspannter Atmosphäre stellten sich die acht Podiumsmitglieder und ihren Themenbereich vor. Wolfgang Franke vom april-Netzwerk und Ines Jahn von ver.di sind strikt gegen einen Verkauf, doch mit dieser Meinung waren sie an der langen Podiums-Tafel allein.
Neben LVV-Chef Josef Rahmen saß Stadtwerke-Geschäftsführer Raimund Otto und daneben Mathias Reuschel, Präsident des Wirtschafts-Vereins “Gemeinsam für Leipzig”, die alle drei für einen Verkauf plädieren. Evelyn Wiesmann von der Beratungsfirma KPMG ließ sich ein wenig über das nichtöffentliche Gutachten aus, in dem die Einsparungspotenziale und die Strukturveränderungen innerhalb des LVV-Konzerns ausgearbeitet wurden.
Das ist auch das, was das Forum etwas getrübt hat: das Verhältnis von pro zu contra Verkauf war unausgeglichen; sechs zu zwei Stimmen waren dafür. Es glich deshalb teilweise einer Werbeveranstaltung, auch durch die immer gleiche Leier von Leipzigs Finanzbürgermeister Torsten Bonew: “Wir brauchen jetzt den großen Wurf, jetzt Entschuldung, jetzt Reinvestition. Wir müssen handeln, mit der Vorlage würden wir einen entscheidenden Schritt weiter kommen.”
Wer die Presse und das Thema aufmerksam verfolgt hat, der wurde enttäuscht. Praktisch nichts Neues hat das Forum an Informationen gebracht. Gut, es konnte der Geschäftsführer von arvato systems, Matthias Moeller, begutachtet werden, aber das war es auch schon.
Dass der HL Komm-Verkauf nicht thematisiert wurde, ist nicht nachvollziehbar. Ist doch anscheinend ein neuer, alter Bieter wieder im Verfahren, nämlich das dänische Unternehmen Global Connect. Dieses will 74,9% kaufen und bietet dafür mehr als die Berliner versatel für 100%. Da das Verfahren aber noch laufe, wolle man sich keinen Spekulationen hingeben, so Raimund Otto im Interview mit der L-IZ.de.
Als bei der Nachfragerunde dann auch noch den Bürgern das Wort abgeschnitten wurde, versetzte das den Saal in Wallung. Moderator Helge-Heinz Heinker wollte keine Statements hören, sondern Fragen. Gerade die Stadträte wurden ziemlich abgewürgt, die fortgeschrittene Zeit musste als Argument herhalten. “Stadträte sind auch Bürger”, tönte es da aus dem Publikum.
Dass die Bürger öffentlich über die Ergebnisse der Beratungen informiert werden mussten, war Teil des Stadtratsbeschlusses vom Februar 2011, bei dem es um die Veräußerungen der Stadtwerke-Töchter HL Komm und Perdata zu jeweils 49,9% ging. Aber darum geht es ja schon länger nicht mehr, die beiden kommunalen Unternehmen sollen mittlerweile komplett verkauft werden.
Über den Verkauf von perdata wird der Stadtrat am 25. Januar abstimmen. Die Entscheidung über die Veräußerung der HL Komm ist auf März vertagt.
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