Manchmal kann man recht haben und trotzdem eine derbe Niederlage erleben. So wie Linke-Stadtrat Michael Neuhaus am 21. August mit einem Antrag, für finanzschwache Haushalte die Folgen der gestiegenen Energiekosten zu mildern. Titel: „Warme Wohnung statt sozialer Kälte – Leipziger Heizkostenfonds einrichten!“ Denn die akute Energiekrise, die 2022 drohte, ist zwar abgewendet. Aber dafür zahlen alle Leipziger saftig mehr Geld fürs Heizen.

Denn Deutschland kauft inzwischen teuer Gas bei anderen Anbietern ein, etwa bei Fracking-Firmen aus den USA. Vorbei ist lediglich die Zeit billigen russischen Erdgases, das Deutschland zuvor wie eine Droge konsumiert hat – völlig blind für die tatsächlichen Kosten fürs Klima und für die politische Abhängigkeit von Russland. Bis zum Sommer 2022 war Deutschland bei seiner Heizenergie erpressbar.

Die meisten Haushalte können mit den gestiegene Heizkosten relativ gut umgehen, denn viele profitieren auch von deutlich gestiegenen Einkommen. Doch wie das immer so ist bei gestiegenen Kosten für den täglichen Bedarf: Es trifft vor allem die finanzschwachen Haushalte, die keinen Puffer haben, die Nachzahlungen aufzufangen. Und 2024 sind die Heizkostenabrechnungen in Leipzig nun einmal 40 Prozent höher als im Vorjahr.

Eiskaltes Erwachen

Die Hoffnung, die Sache sei ausgestanden, trügt. Da warf Grünen-Stadträtin Katharina Krefft Michael Neuhaus wohl an der falschen Stelle Wahlkampf vor. Einige tausend Leipziger Bedarfsgemeinschaften und etliche andere, klamme Haushalte werden in diesem Frühjahr aus allen Wolken gefallen sein, als ihnen die hohen Heizkostenabrechnungen für 2023 ins Haus flatterten. Selbst die LWB ging davon aus, dass sich die Heizkosten gegenüber 2022 um 75 Prozent erhöht haben.

Warum der Kostensprung ausgerechnet jetzt zuschlägt, hatte die Linksfraktion in ihrem Antrag, den Neuhaus einbrachte, auch beschrieben: „Die entstehenden Kostensteigerungen werden sich in den Nebenkostenabrechnungen aller Leipziger Mieterinnen und Mieter niederschlagen und können hohe Nachforderungen bedeuten. Das liegt unter anderem daran, dass die Bundesregierung die Strom- und Gaspreisbremsen (zum 31. Dezember 2023) sowie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lieferung von Gas und Fernwärme (zum 01. April 2024) hat auslaufen lassen.

Da der Bund seine Maßnahmen beendet, wollen wir mit diesem Antrag eine Unterstützung für diejenigen schaffen, deren Haushaltskasse durch die Nachzahlungen besonders stark strapaziert wird. Heizen und warmes Wasser gehört zum Grundbedarf und darf nicht zum Luxus werden!“

Der Vorschlag der Linksfraktion war ein Härtefallfonds in Höhe von 1 Million Euro. „Haushalte sollen einen Antrag auf Übernahme der Nachforderungen der Kosten für Warmwasser und Heizung (warme Betriebskosten) als Zuschuss stellen können, sofern diese eine monatliche Nettokaltmiete übersteigen und sofern sie aus eigenem Einkommen nicht in der Lage sind, diese Nachzahlung zu begleichen. Die Auszahlung erfolgt direkt an den Vermieter bzw. den Energieversorger. Bürgergeldempfangende erhalten einen einmaligen Zuschuss.“

Betroffene sollten die Hilfsangebote der Stadt nutzen

Doch schon in seiner Stellungnahme lehnte das Sozialdezernat den Antrag als nicht umsetzbar ab: „Der Antrag kann in der eingereichten Fassung der Fraktion DIE LINKE nicht beschlossen werden, da er nachteilig für die Stadt Leipzig wäre. Für Haushalte mit geringem Einkommen bestehen bereits Möglichkeiten der Unterstützung bei Betriebs- und Nebenkostennach­forderungen aufgrund gestiegener Preise für Heizung und Warmwasser. Der im Antrag vorgeschlagene Härtefallfonds wäre eine zusätzliche freiwillige kommunale Zuschussleistung der Stadt Leipzig.“

Der Hauptgrund für die Ablehnung: Die Betroffenen werden mit ihren Kosten nicht im Regen stehen gelassen. Sie können die Unterstützungsangebote der Stadt nutzen: „Bei Haushalten mit einem niedrigen Einkommen, das aber immer noch so hoch ist, dass kein Anspruch auf ergänzende Sozialleistungen besteht, können Nachzahlungen aus einer Betriebskostenabrechnung im Einzelfall anteilig übernommen werden. Eine Prüfung erfolgt auf Antrag beim Sozialleistungsträger.

Dies gilt auch für Empfängerinnen und Empfänger von Wohngeld. Die Übernahme dieses einmaligen Bedarfes führt nicht zum Ausschluss der Wohngeldleistungen. Erwerbsfähige Personen wenden sich an das Jobcenter Leipzig. Altersrentner und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen wenden sich an das Sozialamt der Stadt Leipzig, Abteilung Wirtschaftliche Sozialhilfe.

Haushalte mit geringem Einkommen können Wohngeld erhalten. Wohngeld wird als Zuschuss an Haushalte gezahlt, deren Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungs­grenze liegt und dient der Sicherung des Wohnraums.

Seit dem 1. Januar 2023 enthält das Wohngeld eine dauerhafte Heizkostenkomponente. Die Heizkostenkomponente federt steigende Energiekosten ab. Sie ist nach der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen gestaffelt.

Das Sozialamt kann darüber hinaus im Einzelfall auf Antrag Energieschulden übernehmen, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Die Übernahme der Schulden erfolgt in der Regel als zinsloses Darlehen.“

Keine Chance für den Härtefallfonds

Das heißt: Es gibt schon ein gestaffeltes Angebot für die betroffenen Haushalte. Ob sie es nutzen, ist eine andere Frage. Ein zusätzlicher Härtefallfonds würde nicht wirklich etwas ändern, sondern nur einen weiteren zusätzlichen Topf neben den bestehenden Unterstützungsleistungen aufmachen, ohne dass sichtbar wird, wer eigentlich daraus Geld bekommen sollte.

Da wollte die Linksfraktion also irgendwie helfen, hat aber die städtischen Unterstützungsangebote, die es schon gibt, ausgeblendet. Es passiert also auch der Linken, dass sie ihre Anträge manchmal mit heißer Feder schreibt und dann erwartbare Abstimmungsniederlagen im Stadtrat erlebt. So wie es auch diesmal geschah: Der Antrag wurde mit 13:47 Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt.

Das Sozialamt hatte auch gleich noch die Webadressen mitgeschickt, auf denen sich Betroffene informieren können, wie sie Hilfe bei Heizkostennachzahlungen bekommen können, wenn diese ihr karges Budget sprengen.

Die Leipziger Angebote findet man hier.

Die Angebote des Jobcenters Leipzig findet man hier.

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