Auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Stadtrat schon vor zwei Jahren einen Solar-Booster für Leipzigs Gewerbeflächen beschlossen. Eine Beschlussvorlage des Amts für Wirtschaftsförderung macht nun konkrete Vorschläge dazu und enthält auch aus Sicht der Grünen spannende Zahlen zum Solarpotential auf Leipziger Gewerbeflächen. So werden aktuell lediglich 6 Prozent des technischen Potenzials für Solar-Energieanlagen auf Gewerbeflächen genutzt.
Dabei ist sogar ein jährlicher Ausbau von 12 MWp laut der Vorlage aus dem Wirtschaftsdezernat denkbar. Das Gesamtpotential liegt bei 777 GWh pro Jahr – und das wären dann schon zwei Drittel dessen, was die Stadtwerke 2022 an Leipziger Haushalte, Industrie und Gewerbe an Strom verkauft haben. Leipzig könnte also den größten Teil seines Strombedarfs aus Quellen auf eigenem Stadtgebiet decken.
Neue Windkraftanlagen im Stadtgebiet sollen ja noch dazu kommen. Und auch das Potenzial auf Wohngebäuden und Parkplätzen ist noch lange nicht ausgereizt.
„Die Potenzialstudie zum Solar-Booster zeigt einen zentralen Hebel für die Leipziger Energiewende auf!“, stellt dazu Annette Körner fest, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Nicht nur, dass beim Gewerbe ein großes Potenzial schlummert – auch viele Leipziger Unternehmen haben bereits selbst ein Interesse daran, in Solarenergie auf ihren Dächern oder Stellflächen zu investieren. Nur liegt es manchmal an fehlenden Informationen über die Gesetzeslage und Fördermöglichkeiten.
Durch die aktive Ansprache über einen ‚Solar-Scout‘ und die kostenfreie Beratung kann es den Unternehmen leichter gemacht werden, die nächsten Schritte zu gehen. Das stärkt auch den Wirtschaftsstandort Leipzig, da erneuerbare Energien und Nachhaltigkeitsstrategien von Unternehmen längst zum Wettbewerbsvorteil geworden sind.“
Nachfrage seit 2022 deutlich gestiegen
Dabei hat das Jahr 2022 auch in Leipzig einiges in Bewegung gebracht, was den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen betrifft, wie das Wirtschaftsdezernat in seiner Vorlage schildert: „Mit der Energiekrise 2022 stieg das Interesse an einer erneuerbaren und preisgünstigen Alternative zur fossil-basierten Energieerzeugung nochmals an.
Am 21.09.2022 befanden sich etwa 320 PV-Anlagen mit einer Nennleistung von insgesamt rund 35 MWp in Betrieb, die den Sektoren Industrie oder Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD) zugeordnet werden können. Dieser Wert liegt deutlich höher als in den drei anderen Großstädten Dresden (15 MWp), Frankfurt (16 MWp) und Hannover (18 Mwp).“
Das Jahr 2022 gab also einen regelrechten Kick in eine Entwicklung, die vorher einfach nicht richtig in Gang kommen wollte.
Das Wirtschaftsdezernat dazu: „In den fünf Jahren davor entwickelte sich die Nennleistung der PV-Anlagen auf Gewerbedächern in Leipzig deutlich schleppender (Abbildung 3). Während 2017 eine Nennleistung von rund 19 MWp in Betrieb war, stieg diese bis 2021 pro Jahr durchschnittlich um rund 2,5 MWp auf insgesamt 29 MWp (31.12.2021) an. Zwar ist der deutlich höhere Zubau im Jahr 2022 durch eine Großanlage zu erklären. Jedoch setzt sich ein starkes Wachstum auch in 2023 fort. Zum Stand 18.12.2023 ist auf den Gewerbedächern in Leipzig eine Nennleistung von etwas mehr als 45 MWp in Betrieb.“
Eine Menge Strom für Leipzig
Aber natürlich ist da noch gewaltig Luft nach oben, das Potenzial noch nicht einmal ansatzweise ausgereizt. Das Wirtschaftsdezernat hat einfach mal ausrechnen lassen, wie viele Solarkapazitäten man in Leipzig allein auf Gewerbeflächen installieren könnte. Das Ergebnis: „Unter Berücksichtigung dieser Annahmen, ergibt sich ein technisches Gesamtpotenzial für die Nennleistung von Solarenergie-Anlagen auf gewerblichen Liegenschaften (Dächer, Stellplätze) in Leipzig in Höhe von 777 Mwp.
Davon entfallen 589 MWp (76%) auf gewerbliche Dachflächen und 188 MWp (24%) auf gewerbliche Stellplatzflächen. Unter idealen Bedingungen ließen sich damit ca. 777 GWh Strom erzeugen (Stromertrag).
Zum Vergleich: Bilanziell würden das etwa zwei Drittel der Strommenge ausmachen, die die Stadtwerke Leipzig 2022 an private Haushalte, Industrie und Gewerbe verkauft haben (1.124 GWh).“
Solar Scouts sollen helfen
Das mit der Studie beauftragte Institut für Energie GmbH hat auch Gewerbetreibende verschiedener Branchen gefragt, wie sie zur Nutzung von Solarenergie stehen. Und die meisten stehen dem positiv gegenüber. Als Problem stellten sich eigentlich drei Dinge heraus, die – auch mit entsprechender Unterstützung der Stadt – gelöst werden können: „Informationsdefizite im Unternehmen und andere unternehmensinterne Gründe, bürokratischer Aufwand und technische und rechtliche Rahmenbedingungen.“
Das ist die Stelle, an der nach Vorschlag des Wirtschaftsdezernats die Solar Scout und eine Marketing-Kampagne greifen können, wofür in den Jahren 2025, 2025 und 2026 insgesamt rund 500.000 Euro eingesetzt werden sollen.
„Wenn ein Solarausbau von 12 MWp pro Jahr durch den ‚Solar-Scout‘ gelingt, würde das die Ausbauziele für Solarenergie auf kommunalen Liegenschaften von derzeit 1 bis 1,5 MWp um mehr als das Zehnfache übersteigen“, sieht Jürgen Kasek, energiepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, das große Potenzial beim Solar-Ausbau in Leipzig allein auf gewerblichen Flächen.
„Das zeigt deutlich, dass wir bei der urbanen Energiewende über den eigenen Tellerrand schauen müssen, um die ganze Stadt mitzunehmen und von der Energiewende profitieren zu lassen. Das gilt für die vielen Mieter/-innen, die immer mehr zu Balkonsolargeräten greifen, als auch für Leipzigs Gewerbe. Gleichzeitig entspricht es dem Ziel, so viel wie möglich versiegelte Flächen für erneuerbare Energien zu nutzen. Wir freuen uns, dass unser Vorschlag für ein Beratungsangebot für Unternehmen zum Solarausbau jetzt konkrete Züge annimmt.“
Die Vorlage wird nun im Wirtschaftsausschuss beraten, bevor sie in der Ratsversammlung zur Abstimmung kommt.
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