Wo kann man als Mieter schnell nachschauen, wenn einem etwas am Handeln des Vermieters seltsam vorkommt? Wo gibt es den schnellen Kontakt zur Stadt, die ja handeln könnte, wenn Gebäudeeigentümer illegale Methoden verwenden, um Mieter aus dem Haus zu vertreiben? Das sind Fragen, die die Grünen-Fraktion umtrieben, nachdem nun schon mehrfach in der Ratsversammlung über das Fehlen bezahlbarer Wohnungen für kleine Einkommen in Leipzig diskutiert wurde.
Sie schrieben deshalb einen Antrag an die Verwaltung: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, ein Wohnportal in laufende oder geplante digitale Angebote zu integrieren. Dabei sind insbesondere Informations- und Mitwirkungsfunktionen zu sozialer Erhaltungssatzung, Mietpreisbremse, Leerstand und Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften zu berücksichtigen.“
Am besten gleich in der Leipzig-App, die sich jeder aufs Handy laden kann. Was ja Sinn ergibt, wenn man eindeutige Verstöße feststellt – etwa abgeklemmten Strom, abgestellte Wasserleitungen oder den Missbrauch von Wohnungen als Lagerraum, worauf am 13. Dezember Grünen-Fraktionsvorsitzender Dr. Tobias Peter einging.
Denn wer sowieso schon rechnen muss, ob die schwer verdienten Groschen für die Miete reichen, der ist meist völlig überfordert, wenn ein Vermieter zu unlauteren Mitteln greift, weil der die „billigen“ Mieter gern aus dem Haus haben möchte, um Luxuswohnungen draus zu machen. Was wiederum nach der Erhaltungssatzung in etlichen Stadteilen gar nicht möglich ist. Rechtlich betrachtet zumindest. Aber was, wenn Hauseigentümer trotzdem keine Rücksicht nehmen?
Mietpreisbremse und Erhaltungssatzung
„Mieter/-innen sowie selbstnutzende Eigentümer/-innen können selbst dazu beitragen, dass der spezifische Wohnraummangel und die Mietensteigerungen gedämpft werden“, stellten die Grünen in ihrem Antrag fest. „Oftmals sind diese Möglichkeiten jedoch nicht genug bekannt oder mit subjektiv zu hohen Kosten/Umständen verbunden, um eine Breitenwirkung entfalten zu können. Mit einer Erweiterung der bestehenden digitalen Angebote auf der Website oder der derzeit in Arbeit befindlichen Leipzig-App können Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten gezielt gestärkt werden.“
So könnte die Stadtverwaltung Mieter/-innen (und Vermieter/-innen) auch bezüglich der in 2022 in Kraft getretenen Mietpreisbremse umfassendere Informationen über die Begrenzungen der zulässigen Mieterhöhungen oder über soziale Erhaltungssatzungen bereitstellen und Mieter/-innen somit in der Wahrnehmung ihrer Rechte stärken, stellten die Grünen fest.
In ihrer Stellungnahme wies die Stadt dann darauf hin, dass es schon ein umfangreiches Informationangebot auf der Homepage der Stadt gibt: „Viele der aufgeführten Inhalte (z. B. Soziale Erhaltungssatzungen, Mietpreisbremse) werden bereits auf der Webseite der Stadt unter dem Label ‘Unser Auftrag. Euer Zuhause.’ – Maßnahmen für bezahlbares Wohnen umfangreich dargestellt.“
Nur wer klickt sich da durch, wenn ihm der Ärger gerade im Nacken sitzt?
Und geht das Ganze nicht auch interaktiv, fragten sich die Grünen: „Leipziger/-innen könnten außerdem aktiv Leerstand an die Stadt melden und dazu beitragen, leerstehende Wohnungen wieder nutzbar zu machen. Perspektivisch könnte so auch bei Vorliegen der Rechtsgrundlage die Zweckentfremdung von Wohnraum insbesondere für Ferienwohnungen und bereits jetzt die Nutzung von Ferien-/Monteurswohnungen für die Beherbergungssteuer zu erfasst werden. Die umfassende und konsequente Erhebung der Beherbergungssteuer könnte so zumindest einige Eigentümer/-innen der betroffenen Wohnungen dazu bewegen, sie wieder einer langfristigen Wohnnutzung zuzuführen.“
Die Leipziger könnten also aktiv mitwirken, den Mietpreisanstieg in Leipzig wenigstens ein bisschen zu dämpfen.
Mieterschutz auch während Baumaßnahmen
Der Verwaltungsstandpunkt aus dem Amt für Geoinformation und Bodenordnung war im Grunde eine freundliche Zustimmung. Man wolle das gern prüfen bis Ende des 4. Quartals 2023. Was schon seinen ganz besonderen Charme hatte, als der Antrag nun in der letzten Ratsversammlung des Jahres zum Aufruf kam. Die Grünen wiederum fanden das Angebot akzeptabel, einen Prüfauftrag draus zu machen. Und setzten dann gleich mal den realistischeren Termin 1. Quartal 2024 ein. Und fügten noch etwas hinzu: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, ob Informations- und Mitwirkungsangebote zu wohnungspolitischen Instrumenten einschließlich des Mieterschutzes im Rahmen von Baumaßnahmen als Wohnportal in laufende oder geplante digitale Angebote wie die Leipzig-App integriert werden können. Das Prüfergebnis ist bis zum 1. Quartal 2024 vorzulegen.
Die Neufassung entspricht dem VSP mit zwei Ergänzungen. Im Ursprungsantrag wurden eher pauschal bauordnungsrechtliche Maßnahmen als Teil des Wohnportals benannt. Eigentliches Ziel ist, dass das Thema Mieterschutz während Baumaßnahmen auf geeignete Weise berücksichtigt wird, zu dem immer wieder Klagen aufkommen. Auf diesen Kern würde sich die Informations- und Meldefunktion beschränken. Des Weiteren wurde eine Frist für das Prüfergebnis ergänzt.“
Was dann CDU-Stadträtin Sabine Heymann nicht so gut fand, die deshalb für ihre Fraktion den Verwaltungsstandpunkt ohne den neuen Zusatz zur Abstimmung stellte. Die Stadt soll nichts tun, was nicht im Rahmen ihrer Aufgaben läge.
Aber dieses Anliegen fand dann ein erstaunlich gemischtes Echo in der Ratsversammlung, denn nur 12 Stadträt/-innen stimmten dem zu, 22 stimmten dagegen und 23 enthielten sich gar der Stimme.
Womit der Weg frei war für den neu gefassten Grünen-Antrag, der dann mit 40:18 Stimmen eine klare Mehrheit fand. Jetzt kann man gespannt sein, ob die Stadt im Frühjahr 2024 feststellt, dass das Thema Mieterschutz so umfassend auch in der Leipzig-App untergebracht werden kann.
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