Die wohnungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Caren Lay, forderte im April eine Verankerung des Rechts auf Wohnungstausch im Mietrecht. Wir berichteten und versuchten eine erste Einschätzung zum Thema. Inzwischen hat sich der Regensburger Wissenschaftler Prof. Steffen Sebastian zu Wort gemeldet. Was haben er und andere zum Thema zu sagen?
Prof. Sebastian fordert, „die Mieten für Inhaber alter, günstiger Verträge müssten deutlich steigen. So würden diejenigen, die seit Langem in großen Wohnungen leben, aber von günstiger Miete profitieren, zum Umzug in kleinere Wohnungen gedrängt.“
Das konnte Kevin Kühnert, Generalsekretär der SPD, nicht unwidersprochen lassen. Er fordert Mieterschutz für ältere Menschen in großen Wohnungen und verwehrt sich im gleichen Atemzug gegen „Zwang zum Wohnungstausch“, den er hinter dem Vorschlag der Linken wittert.
Die LZ hat das Gespräch mit Caren Lay gesucht und Akteure aus der Wohnungswirtschaft und der Leipziger Stadtpolitik nach ihrer Meinung zum Thema gefragt.
Tenor der Initiative
Nach der Veröffentlichung eines Videos zur Klarstellung ihrer Intentionen fragten wir Caren Lay, wie sie sich eine gesetzliche Regelung vorstellt. Dankenswerterweise kam es schon am Folgetag zu einem Gespräch und Caren Lay schickte uns folgende Zusammenfassung:
„Wir wollen im Mietrecht ein Recht auf Wohnungstausch verankern. Konkret geht es um einen Rechtsanspruch von Mieter:innen zum gegenseitigen Einstieg in bestehende Mietverträge, sodass die jeweiligen Vertragskonditionen beibehalten werden. Nach österreichischem Vorbild soll die Zustimmung des Vermieters grundsätzlich gewährt werden, sofern nicht klar definierte, triftige Ausnahmegründe geltend gemacht werden.
Ein Wohnungstausch auf dieser Basis kann höhere Mieten pro qm zwar nicht in allen Einzelfällen verhindern, dennoch ist ein Tausch alter Mietverträge in jedem Fall deutlich günstiger als der Abschluss neuer und meistens teurer Mietverträge.
Gegen die immer stärker steigenden Mieten haben wir als LINKE schon seit längerem einen allgemeinen Mietenstopp gefordert und haben auch im Bundestag dazu mehrfach Anträge gestellt. Diese wurden aber leider abgelehnt. Wir bleiben weiter bei der Forderung nach einem Mietenstopp, schlagen aber jetzt mit dem Recht auf Wohnungstausch eine kurzfristig machbare und pragmatische Lösung vor, mit Chance auf Mehrheiten.“
Da Österreich als Vorbild benannt wurde, haben wir uns das österreichische Mietrecht einmal angeschaut.
Österreichisches Recht auf Wohnungstausch
Dieses sieht, in § 13 MRG – Wohnungstausch, tatsächlich vor, dass der Wohnungstausch gerichtlich gegen den Widerspruch des Vermieters, unter bestimmten Bedingungen, durchgesetzt werden kann. Die Ableitung eines Rechts auf Wohnungstausch ist also durchaus zulässig.
Die Bedingungen zur gerichtlichen Erzwingung der Zustimmung des Vermieters zum Wohnungstausch sind, in Absatz 1 des Paragrafen, mit „… Hauptmieter, der die Wohnung vor mehr als fünf Jahren gemietet hat, aus wichtigen, besonders sozialen, gesundheitlichen oder beruflichen Gründen mit einem Dritten geschlossenen Vertrag über den Tausch ihrer im selben Gemeindegebiet befindlichen Mietwohnungen zur angemessenen Befriedigung des beiderseitigen Wohnbedürfnisses …“ großzügig ausgestaltet.
Wobei wohl zu beachten ist, dass dies wahrscheinlich für beide Tauschpartner gelten muss.
Niedriger Mietpreis?
Ob der Mietpreis beim Tausch wirklich günstiger ist, bleibt fraglich, denn es heißt in § 13 Absatz 3: „Ist der Hauptmietzins, den der tauschende Hauptmieter bisher für die Wohnung entrichtet hat, niedriger als der Betrag, der sich für die Wohnung bei Zugrundelegung des § 16 Abs. 2 und der Ausstattungskategorie im Zeitpunkt des Wohnungstausches errechnet, so darf der Vermieter ab dem auf den Eintritt des Tauschpartners folgenden Zinstermin eine Erhöhung des Hauptmietzinses auf den so berechneten Betrag begehren.“
Nach deutschem Recht wäre das eine Anhebung des Mietpreises auf die ortsübliche Vergleichsmiete, bzw. der Mietpreis gemäß Mietspiegel. Dieser dürfte sich normalerweise kaum von dem Mietpreis bei Neuvermietung (ohne vorherige Modernisierung), aufgrund der Mietpreisbremse, unterscheiden.
Manchmal greift der Bestandsschutz
Nicht nur, aber besonders in den neuen Bundesländern gibt es Wohnungen, die z. B. mit einer alten Elektroinstallation ausgestattet sind. Diese fällt unter den Bestandsschutz, solange sie funktionsfähig ist. „Die Mietsache ist vertragsgemäß, wenn die Anlagen den Standard erfüllen, der zur Zeit der Errichtung des Hauses galt.“
Im Falle einer Neuvermietung müsste diese Anlage meist erneuert, also auf den aktuellen technischen Stand gebracht werden.
Dies im Falle eines Wohnungstauschs, durch Eintritt des Tauschpartners in den alten Mietvertrag, zu umgehen ist rechtlich fragwürdig und müsste im Voraus geklärt werden. Das gilt selbstverständlich für alle Ausstattungen der Mietsachen, die einen Bestandsschutz haben.
Warum diese Erwähnung? Gerade ältere Menschen, die ja die Zielgruppe sind, wohnen oft in solchen Wohnungen.
Stimmen zum Wohnungstausch
Wir haben Akteure der Wohnungswirtschaft und aus der Politik angefragt und haben drei Antworten bekommen.
Dr. Eric Lindner von „Haus & Grund Leipzig“, schickte uns, nach einem Gespräch, das Statements des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer-Vereins, mit folgender Aussage:
„Haus & Grund sieht das umrissene neue Regulierungsvorhaben skeptisch. Es ist schon fraglich, ob das mit der Initiative vermutlich verbundene Ziel, die Kostenbelastung für Mieterinnen und Mieter zu reduzieren, eintreten kann.
Bei dem Wohnungstausch nach österreichischem Vorbild kann im Rahmen eines vollzogenen Wohnungstauschs eine Anpassung der Miete erfolgen, worunter hierzulande eine Anpassung auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu verstehen ist. Das ist auch sinnvoll, um die auch im Bereich der Bewirtschaftung steigenden Kosten für die Erhaltung und Sanierung der Immobilie stemmen zu können.
Darüber hinaus würde eine solche Regulierung tiefgreifend in die Entscheidungsfreiheit gerade der Privatvermieter eingreifen, die nach einer Wohnungskündigung und einem bevorstehenden Wohnungsauszug bei der Wahl des künftigen Mieters grundsätzlich Entscheidungsfreiheit haben.“
Antworten aus dem Stadtrat
Von den fünf angefragten Fraktionen im Leipziger Stadtrat bekamen wir zwei Antworten.
Die SPD-Fraktion schrieb: „Tauschplattformen: Die SPD-Fraktion im Stadtrat zu Leipzig begrüßt die Initiative im Bundestag, den Wohnungstausch gesetzlich im Mietrecht zu regeln. Die Einrichtung einer Tauschplattform für die Stadt Leipzig ist bereits Beschlusslage im Leipziger Stadtrat. Dennoch ist die Umsetzung ohne eine gesetzliche Regelung sehr schwierig.
Insbesondere Senioren, die meist große Wohnung belegen, besitzen häufig noch alte Mietverträge. Ihre Miete wird in den vergangenen Jahren zwar auch gestiegen sein, aber längst nicht so stark wie bei Neuvermietungen auf dem privaten Wohnungsmarkt. Wenn sie umziehen, müssten sie in der Regel auf den Quadratmeter gerechnet deutlich tiefer in die Tasche greifen. Womöglich für weniger Wohnraum sogar mehr als vorher zahlen.
Somit ist dieses Tauschmodell nicht attraktiv für diese Bevölkerungsgruppe“, so Anja Feichtinger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen antwortete deren Co-Fraktionsvorsitzender Tobias Peter: „Angesichts der trüben Baukonjunktur sind Ansätze wie Wohnungstausch in angespannten Wohnungsmärkten wie Leipzig wichtiger denn je. Denn wir haben auch ein Problem bei der Verteilung der vorhandenen Wohnfläche. Gerade junge Familien suchen händeringend größeren Wohnraum.
Mit Beschluss unseres Antrags haben wir immerhin erreicht, dass die LWB Wohnungstausch in ihren Beständen erprobt. Die Zurückhaltung weiterer Vermieter zeigt jedoch, dass die rechtlichen Grundlagen fehlen, um den Tausch kleiner und großer Wohnungen auf ganzer Breite in Schwung zu bringen. Ein Recht auf Wohnungstausch zu gleichbleibenden Konditionen muss deshalb unbedingt geprüft werden.“
Fazit: Das Thema gesetzliches Recht auf Wohnungstausch wird uns weiter begleiten. Es ist rechtlich nicht ganz einfach zu fassen und wird auf Widerstand stoßen. Ob es die erwarteten Effekte bringt, ist nicht eindeutig abzusehen.
Wir dürfen gespannt sein, wie es im Bundestag behandelt wird.
Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.
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