Nachdem in der Silvesternacht nahe Leipzig ein 17-Jähriger durch Pyrotechnik ums Leben gekommen ist, häuften sich die Forderungen nach Böllerverboten für Leipzig. Neben Notärzt/-innen und Krankenhauspersonal hat sich vor allem die Gewerkschaft der Polizei (GdP) klar positioniert. „Wir haben deutschlandweit gesehen, dass Pyrotechnik ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt wird“, sagte GdP-Landeschef Stephan Weh am Neujahrsmorgen. Das müsse ein Ende haben.

Auch die Schäden an Natur und Umwelt sind enorm. „Unsere Befürchtungen wurden von der Realität noch übertroffen“, resümierte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Dass selbst der Tod des 17-Jährigen nicht zu einer sofortigen Reaktion geführt habe, mache ihn fassungslos. Doch wie könnte die Stadt Leipzig reagieren?

Moritzburg und Pirna richten Verbotszonen ein

Dafür lohnt zuerst ein Blick in andere sächsische Städte. Die Gemeinde Moritzburg bei Dresden hat beispielsweise über Silvester eine Verbotszone vor dem Jagdschloss und um das Landesgestüt eingerichtet. In der Allgemeinverfügung heißt es, dass zwischen Markt und Schloss sowie am Gestüt keine Raketen, Schwärmer, Batterien, Knaller oder ähnliches Kleinfeuerwerk gezündet werden dürfen. Die Begründung: ein „erhebliches Gefahrenrisiko“ für Personen, historische Gebäude und die Landespferdezucht. Bis zu 50.000 Euro Strafe müssen Zuwiderhandelnde zahlen.

Auch in Pirna wurde vergangenes Silvester das erste Mal ein Verbot ausgesprochen. Aus Sicherheitsgründen umfasste das den Marktplatz. Dort gab es eine öffentliche Silvesterfeier mit zentralem Feuerwerk. Ein zweites wurde auf der Schönen Höhe veranstaltet. Ähnliche Konzepte haben auch schon Berlin und weitere Großstädte umgesetzt. Wie auch in Dresden und Chemnitz gibt es aber in Leipzig bislang keine Verbote oder Verbotszonen – außer wie üblich in Naturschutzgebieten und vor Krankenhäusern und Altenheimen.

Wie weit können Kommunen gehen?

Aber was ist in Kommunen überhaupt möglich? Wie weit könnte Leipzig die glorreiche „Tradition“ des Rumböllerns einschränken? Bisher gibt es drei Wege, Feuerwerke in Städten einzuschränken. Das Bundesimmissionsschutzrecht verpflichtet die Behörden dazu, die bestmögliche Luftqualität zu sichern, weil nur das in Einklang mit einer nachhaltigen Entwicklung steht. So könnte auch bei kommunalen Silvesterplanungen auf dieses Gesetz zurückgegriffen werden, um ein Verbot zu begründen.

Das bundesweite Sprengstoffrecht enthält schon jetzt Beschränkungen, die sich auf die Praxis auswirken. Das Feuerwerkverbot vor beispielsweise Krankenhäusern, Altersheimen oder in Naturschutzgebieten ist auf diesen Paragraphen zurückzuführen. Doch Kommunen wie Leipzig können das Sprengstoffrecht noch deutlich weiter auslegen.

Denn vor allem dicht besiedelte Gebiete dürfen mit dem Gesetz zu feuerwerksfreien Zonen erklärt werden. Und das könnte sämtliche städtische Gegenden umfassen. Auch das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht bietet Möglichkeiten zum Erlass von Allgemeinverfügungen, die das Zünden von Feuerwerkskörpern verbieten. In vielen Städten wird das Silvesterfeuerwerk bereits auf diese Art und Weise beschränkt.

Und wie geht es in Leipzig weiter?

Bereits vor zwei Jahren hatte die Debatte um ein Böllerverbot auch in Leipzig ihren Höhepunkt erreicht. Forderungen nach generellen Verboten und dem Einrichten von zentralen Stadtteil-Feuerwerken, beispielsweise am Connewitzer Kreuz, wurden laut. Nichts davon erfuhr aber bisher eine Umsetzung.

„In der Antwort zu unserer Anfrage wurde deutlich, dass die Stadt Leipzig die rechtlichen Möglichkeiten, im Gegensatz zu vielen anderen Städten und Gemeinden bundesweit, so beurteilt, dass es kaum Möglichkeiten zur Beschränkung gibt“, musste die Grünen-Fraktion im Stadtrat nach einer Antwort der Verwaltung auf Feuerwerksverbote feststellen. Das war 2021.

Nun haben die Grünen am 13. Januar erneut einen Antrag gestellt (siehe Interview mit Jürgen Kasek, Stadtrat B90/Die Grünen), um das Silvesterfeuerwerk in Leipzig zu beschränken. Sollte dieser zu einem Stadtratsbeschluss führen, würde es jedoch auch ein zuständiges Dezernat erfordern, das aktiv werden würde, um die „Tradition“ zu beenden.

Der Artikel „Böllerverbote in Sachsen“ erschien erstmals am 24. Februar 2023 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 110 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops sowie bei diesen Szenehändlern.

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