Tobias Gillen, Geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmen BASIC thinking GmbH und FINANZENTDECKER, arbeitet seit 15 Jahren in der Medienbranche. Inzwischen ist es seine Passion, Menschen das nötige Fachwissen für ihre persönlichen Finanzen zu vermitteln. Heute spricht Robert Klatt mit Tobias Gillen über die Kriterien für die Auswahl des passenden Girokontos, die zuletzt deutlich gestiegenen Kontogebühren und seine Einschätzung für die kommenden Jahre.

Herr Gillen, schön, heute einmal mit Ihnen sprechen zu können! Können Sie sich kurz vorstellen und erklären, wie Sie Ihre Expertise zum Thema Finanzen aufgebaut haben?

Vielen Dank für die Einladung. Als Unternehmer in dieser Branche ist man fast schon gezwungen, eine große Expertise im Wirtschafts- und Finanzsektor aufzubauen. Es ist schließlich wichtig, dass man weiß, wie beispielsweise Wirtschaftszyklen oder Zinsänderungen funktionieren und welche Effekte solche Dinge mit sich bringen. Über meine Tätigkeit bei FINANZENTDECKER wurde das dann noch verstärkt.

FINANZENTDECKER.de soll Laien dabei helfen, komplexe Themen wie das Investieren an der Börse besser zu verstehen. Oft gibt es aber schon Probleme bei relativ simplen Finanzangelegenheiten wie der Auswahl des passenden Girokontos. Worauf sollte man bei einem Girokonto Ihrer Ansicht nach achten?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, weil jeder Mensch andere Prioritäten hat. Wenn meine Priorität beispielsweise ist, dass ich eine Filiale mit Ansprechpartnern vor Ort habe, dann komme ich um eine Filialbank wie beispielsweise Sparkassen oder Volksbanken nicht herum.

Hier wiederum werden aber meistens Kontoführungsgebühren fällig, schließlich will das Servicepersonal, die Miete und weitere Ausgaben auch bezahlt werden. Wer hingegen auf diesen Vor-Ort-Service verzichten kann, sollte heutzutage kein Geld mehr für Kontoführungsgebühren bezahlen. Es gibt genügend Direktbanken (also: reine Online-Banken) und Neobanken, die kostenlose Girokonten anbieten.

Laut einem Bericht auf Spiegel.de hat die Stiftung Warentest kürzlich die Kontogebühren von Banken und Sparkassen untersucht. Bei vielen Banken kostet das klassische Girokonto demnach bereits über 200 Euro im Jahr. Gibt es empfehlenswerte Alternativen, bei denen das Girokonto kein „Vermögen“ kostet?

Ja, sehr viele sogar. Wie bereits angesprochen, sind vor allem Direktbanken kostenfrei, weil sie kein Filialnetz unterhalten und daher geringere Kosten haben. Beispiele für Direktbanken sind Comdirect, DKB, ING oder Consorsbank. In unserem Magazin haben wir viele kostenlose Girokonten ohne Kontoführungsgebühren zusammengetragen.

Ein Großteil der Anbieter kostenloser Girokonten sind Start-ups, die erst vor einigen Jahren gegründet wurden. Ist unser hart erarbeitetes Geld bei diesen Banken sicher?

Das ist so nicht ganz korrekt. Direktbanken sind in der Regel Tochterunternehmen von großen Bankkonzernen. Schauen wir uns beispielsweise die Comdirect an, die die Tochter der Commerzbank ist. Oder die Consorsbank, die zur französischen Großbank BNP Paribas gehört. Es gibt aber auch Neobanken, auf die Sie sich hierbei beziehen, wie N26 oder Vivid Money, bei denen es sich um sehr junge Unternehmen handelt.

Grundsätzlich gilt, dass jede Bank in Deutschland eine Banklizenz benötigt und sich dementsprechend dann auch der Einlagensicherung bis zu einer Höhe von 100.000 Euro pro Kunde verpflichtet. Junge Neobanken, die die Hürde einer Banklizenz teilweise noch nicht genommen haben, kooperieren dafür mit anderen Banken, die sich dann um die Verwaltung der Kundengelder kümmern und die Banklizenz stellen. Hier sollten Kunden aber natürlich immer genau hinschauen und im Zweifel eher eine größere Direktbank wählen.

Würden Sie persönlich eher ein Girokonto mit Kontogebühren bei einer etablierten Bank eröffnen oder eine der kostenlosen Alternativen wählen?

Es gibt keinen Grund für ein Entweder-Oder. Ich würde ein kostenloses Girokonto bei einer etablierten Bank wie der Consorsbank, Comdirect oder ING eröffnen. Für mich persönlich ist der Service und die Vor-Ort-Beratung nicht entscheidend, deswegen fallen Kontoführungsgebühren bei Filialbanken für mich vollständig raus und ich sehe keinen Grund, Geld für mein Girokonto zu bezahlen – zumal nicht im aktuell wieder steigenden Zinsumfeld.

Wie wird sich die Zukunft von Girokonten und Kontoführungsgebühren entwickeln und welche Auswirkungen wird dies auf Kunden und Banken haben?

Durch die steigenden Zinsen haben Banken nun wieder zunehmend mehr Möglichkeiten, Geld mit Kundeneinlagen zu verdienen. Ich erwarte aus diesem Grund, dass sich Banken wieder stärker um neue und bestehende Kunden bemühen, was zu Kostensenkungen führen dürfte. Natürlich habe ich keine Glaskugel, ich könnte mir aber vorstellen, dass Kontoführungsgebühren tendenziell eher wieder sinken oder bei manchen Banken ganz verschwinden.

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten und die guten Ratschläge.

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