Die Stadtreinigung droht Leipziger/-innen, die ihren Weihnachtsbaum nicht an einer der 170 offiziellen Stellen entsorgen, mit Bußgeldern bis zu 100.000 Euro. Auf der Website der Stadt ist allerdings von 25 bis 50 Euro die Rede. Dabei ist die Höhe des Sanktionsgeldes abhängig davon, ob der Baum komplett von Schmuck befreit wurde. Und 100.000 Euro wird wohl niemand zahlen müssen.

170 offizielle Ablagestellen für Weihnachtsbäume

Zum Jahresbeginn verändert eine saisonale Besonderheit das Leipziger Stadtbild für ein paar Wochen: Besonders in den Wohngebieten stapeln sich an bestimmten Stellen ausgediente Weihnachtsbäume zu teils meterhohen Bergen. Dort warten sie darauf, von der Stadtreinigung abgeholt zu werden, die für die Entsorgung zuständig ist.

Einige dieser grünen, stacheligen Berge erheben sich allerdings illegalerweise aus der Stadtlandschaft. Erlaubt ist die Ablage der Bäume an 170 offiziellen Stellen, die auf der Website der Stadtreinigung auf einer Karte eingetragen sind. Noch bis zum 31. Januar dürfen die Bäume dort kostenlos entsorgt werden.

Die Stadtreinigung hat sogar extra Schilder aufgestellt, um Stellen zu markieren, an denen Weihnachtsbäume NICHT abgelegt werden dürfen.

„Hier keine Weihnachtsbäume ablegen!“, steht in warnendem Rot auf diesen Schildern, daneben ein ebenfalls rot durchgestrichenes Weihnachtsbaum-Piktogramm. Und darunter: „Bei Nichtbeachtung kann dies mit einem Bußgeld bis zu 100.000 € geahndet werden.“

Irritierend dabei ist, dass auf der Website der Stadt von einem Verwarngeld zwischen 25 und 50 Euro die Rede ist, sollte man seinen Weihnachtsbaum illegal im Stadtgebiet ablegen. Wie teuer kann es also wirklich werden, falls man bei der illegalen Entsorgung des Weihnachtsbaumes erwischt wird? Und warum stellt die Stadtreinigung an manchen Orten extra Verbotsschilder auf, wo doch die Ablage der Bäume auf einem Großteil der Stadtfläche untersagt ist?

Stadtreinigung weist mit rund 30 Schildern auf Ablageverbot hin

Dass die Stadtreinigung eigens Schilder aufstellt, um an bestimmten Orten auf das Ablageverbot aufmerksam zu machen, hat zwei Gründe.

Zum einen werden die Schilder dort platziert, wo früher offizielle Ablageplätze waren, jetzt aber nicht mehr sind. „Gründe dafür können eine fehlende Erlaubnis der Eigentümer auf privaten Flächen sein, Platzmangel aufgrund von neuen Baustellen oder eine zu geringe Fahrbahnbreite für unsere Fahrzeuge“, erklärt Sven Röder vom Eigenbetrieb Stadtreinigung auf LZ-Nachfrage.

Zum anderen werden Verbotsschilder gezielt dort aufgestellt, wo die Stadtreinigung in der Vergangenheit immer wieder illegale Ablageorte ausfindig gemacht hat. „An einigen Stellen müssen wir leider eine steigende Zahl an illegal abgelegten Bäumen feststellen“, berichtet Röder.

In diesem Jahr hat die Stadtreinigung 32 solcher Verbotsschilder in Leipzig aufgestellt, beispielsweise am Stöckelplatz in Schönefeld-Abtnaundorf, an der Ecke Naunhofer Straße/Gletschersteinstraße in Stötteritz, an der Ecke Erika-von-Brockdroff-Straße/Blüchnerstraße in Möckern und in der Rödelstraße in Schleußig.

Ein rechteckiges Schild der Stadtreinigung auf der Erich-Zeigner-Allee in Plagwitz, das darauf hinweist, dass sich hier eine nicht genehmigte Stelle zur Ablage von Weihnachtsbäumen befindet.
Die Stadtreinigung hat rund 30 solcher Verbotsschilder in Leipzig aufgestellt. Foto: Luise Mosig

Doch die Verbotsschilder sind nicht in allen Fällen wirksam. In der Erich-Zeigner-Allee in Plagwitz beispielsweise stapeln sich zum Ärger der Stadtreinigung gleich an zwei Stellen Weihnachtsbäume, an denen sie sich gar nicht stapeln dürfen. Daneben steht jeweils ein „Hier keine Weihnachtsbäume ablegen“-Schild, das angesichts der riesigen Nadelbaumhaufen daneben ein wenig lächerlich wirkt.

Und manchmal werden die Verbotsschilder besprayt, mit Stickern beklebt oder verbogen, wie Röder berichtet. Oder sie verschwinden komplett, wie vergangene Woche am Standort Limburger Steg in Schleußig.

100.000-Euro-Hinweis dient zur Abschreckung

Die Frage nach dem Buß- beziehungsweise Verwarngeld bei rechtswidriger Ablage ist komplizierter zu beantworten. Klar ist nach einer Nachfrage bei Stadtreinigung und Ordnungsamt allerdings: Die bis zu 100.000 Euro Bußgeld, von denen die Stadtreinigung auf ihren Verbotsschildern spricht, sind lediglich als Drohung zu verstehen beziehungsweise zur Abschreckung gedacht.

„Ein Szenario für die Ablagerung eines Weihnachtsbaums, bei dem ein Bußgeld von 100.000 Euro fällig wird, ist kaum vorstellbar“, erklärt das Ordnungsamt. Die Zentrale Bußgeldstelle des Ordnungsamtes ist für die Sanktionierung der Bürger/-innen bei Ordnungswidrigkeiten zuständig, meistens geschieht das durch Bußgeldforderungen.

Rechtliche Grundlage für die Sanktionierung bei der illegalen Weihnachtsbaumablage ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes. Es regelt das deutsche Abfallrecht zentral, beispielsweise die Ahndung von illegaler Abfallentsorgung. Ordnungswidrigkeiten im Bereich Abfallentsorgung können laut Paragraf 69 mit einer Geldbuße bis 100.000 Euro geahndet werden.

Um gleiche Sachverhalte gleich zu ahnden, hat das Sächsische Umweltministerium für viele Ordnungswidrigkeiten aus dem Bereich des Umweltschutzes einen Bußgeldkatalog erstellt, beispielsweise für den Gewässerschutz und eben auch für die Abfallwirtschaft. Der Katalog ist also eine Art Leitfaden für Ordnungsämter, der anhand von Regelbeispielen eine Orientierung zum Festlegen der Bußgeldhöhe geben soll.

Christbaum mit Asbest-Deko könnte teuer werden

Wie viel Geld man bezahlen muss, wenn man sich seines Weihnachtsbaumes an einer nicht gelisteten Stelle entledigt, hängt davon ab, ob er als rein pflanzlicher Abfall zu betrachten ist oder eben nicht. Nur Bäume, die vollständig von Schmuck und anderem Plastik befreit wurden, fallen in die Kategorie „Pflanzliche Abfälle“ des Bußgeldkatalogs.

Hier wird dann noch in der Größe des Abfalls unterschieden. Ein komplett abgeschmückter Baum fällt laut Ordnungsamt in die Kategorie „Menge bis 1 Handwagen, Kofferraum“. Somit werden hier 25 bis 50 Euro Verwarngeld gefordert, wovon auch auf der städtischen Website die Rede ist.

Anders sieht es aus, wenn sich am Baum noch andere Materialien befinden, zum Beispiel eine Lichterkette, Lametta oder Folie am Stamm. „Dann kommen – entsprechend Art und Menge – weitere Abfallkategorien aus diesem Katalog hinzu und die Geldbuße erhöht sich“, erklärt das Ordnungsamt.

Für illegal entsorgte Stoffreste schlägt der Katalog zum Beispiel ein Verwarngeld zwischen zehn und 40 Euro vor, für Verpackungsmaterial 20 bis 50 Euro.

Ein Fall, in dem für einen illegal abgelegten Baum 100.000 Euro fällig werden, ist deshalb kaum vorstellbar. Die teuersten Regelbeispiele aus dem Bußgeldkatalog im Bereich illegale Abfallentsorgung beziehen sich auf „Bauschutt und Bodenaushub mit schädlichen Verunreinigungen“, „Schlammige Abfälle mehrmals oder Menge über 5 m³“ und „Gefährliche Abfälle“ – hier sind jeweils 25.000 Euro angesetzt.

Selbst wenn eine Person mit Bauschutt-Faible also ihren Weihnachtsbaum mit kleinen Bruchstücken aus Asbestplatten verschönern und diesen später illegal entsorgen würde, würden lang keine 100.000 Euro fällig.

Das Ordnungsamt verweist an dieser Stelle darauf, dass ein Regelfall – so wie im Bußgeldkatalog beschrieben – dann nicht mehr vorliegt, wenn die betroffene Person wiederholt einen solchen Verstoß begeht.

Stadtreinigung ruft zu kooperativem Verhalten auf

„Wir möchten an alle Bürgerinnen und Bürger appellieren, ihre Bäume auf den offiziellen Ablageflächen zu entsorgen und vorher von Schmuck und Plastik zu befreien“, schreibt die Stadtreinigung. Sie verweist darauf, dass es den Arbeitsaufwand der Mitarbeiter/-innen erhöht, wenn Bäume nicht an den vorgegebenen Stellen abgelegt werden beziehungsweise Schmuck nicht vollständig entfernt wird.

Angefahren und geräumt werden die illegalen Baumhaufen trotzdem, allerdings später als die legalen und nur, wenn die Mitarbeiter/-innen der Stadtreinigung sie ausfindig machen können. Alle eingesammelten Bäume werden zur Kompost- und Energieanlage nach Cröbern transportiert, wo sie laut Stadtreinigung zerkleinert und kompostiert werden.

Wer sich nicht mit drohenden Bußgeldern und Karten mit Ablagestellen beschäftigen möchte, kann die abgeschmückte Weihnachtstanne übrigens auch zu einem der Wertstoffhöfe bringen.

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So amüsant die 100.000 Euro klingen, so lächerlich sind dagegen 25-50 Euro Verwarnungsgeld für eine Tat, die nicht einfach mal so lapidar passiert oder zufällig stattfindet. Man verliert ja einen Weihnachtsbaum nicht aus Versehen aus seinem Einkaufsbeutel.

Es handelt sich – wie vorher beim Kauf eines Baumes – um einen bewussten Vorgang.
Insofern dürfen im Bußgeldkatalog gern 1.000 Euro stehen, für den Tatbestand der vorsätzlichen Umweltverschmutzung.

170 offizielle Ablagestellen plus Wertstoffhöfe sind mehr als ausreichend und zumutbar.

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