Die Zahl der Marktschwärmereien in Leipzig wächst. Jetzt hat auch der Ernährungswissenschaftler Baris Malinowski, Master of Science der Ernährungswissenschaften, so einen regionalen Online-Lebensmittelhandel im Westwerk in Plagwitz aufgebaut, eine Mischung aus Bauernmarkt und Onlineshop. Das Wichtigste: Hier werden regionale Produkte regional vermarktet.

Dabei weiß man beim Weg in die Marktschwärmerei schon vorher, was man bekommt. Denn die Kund/-innen kaufen die regionalen Lebensmittel online direkt bei den Erzeuger/-innen, diese bringen die Ware wöchentlich ins Westwerk und übergeben sie persönlich der Kundschaft. So entsteht im Viertel auch gleich noch ein Treffpunkt für Genießer/-innen. Über 80 Prozent des Umsatzes bleiben da, wo, sie hingehören: bei den Menschen, die das Gemüse und die Tiere großziehen. Aber Malinowskis Pläne gehen noch weiter.„Ich bin gesegnet, weil ich mein liebstes Hobby dreimal am Tag ausleben kann“, sagt der Gastgeber der „Marktschwärmerei Karl-Heine“. Die Leidenschaft zu ausgezeichnetem Essen, die Begeisterung im Kundenkontakt und ein ausgeprägtes ökologisches Bewusstsein machen die Arbeit in der regionalen Lebensmittelversorgung für Baris Malinowski zu einer sinnstiftenden Tätigkeit. Daneben ist er auch noch als Referent für Ernährungsbildung, für die Kochen macht Schule gGmbH und ehrenamtlich im Ernährungsrat Leipzig tätig.

Seit Mai 2021 baut der Hobbykoch die – zu diesem Zeitpunkt dritte – Marktschwärmerei in Leipzig auf. Das Sortiment umfasst Schnaps und Käse, Gemüse, Brot, Fleisch aus artgerechter Haltung, andere Klassiker, aber auch Neuheiten wie Tempeh aus Leipzig, Kichererbsen aus Sachsen-Anhalt, Low-Carb-Pizzaböden aus Blumenkohl, sortenreine Apfelsäfte uvm.

Weitere Marktschwärmereien befinden sich in Gohlis, auf der Feinkost und neben der Eisenbahnstraße. Im Zentrum West wird gerade eine aufgebaut.

Regionalität gewinnt seit Jahren stetig an Bedeutung und ist dabei nicht nur ein Megatrend. Denn hier kehren Menschen zurück zur Verantwortung für die eigene Ernährung und gleichzeitig auch fürs Klima. Die regionalen Produkte müssen nicht um den Globus geflogen werden, um dann billig im Supermarkt zu landen. Die Transportwege sind kurz. Die Produktion findet direkt im Umland von Leipzig statt.

Und da man auf diese Weise selbst die Produzenten kennenlernt, hört das Einkaufen von Nahrungsmitteln auch auf, ein undurchschaubarer Prozess zu sein, bei dem man den Herkunftsnachweisen auf den Packungen im Supermarkt nicht vertrauen kann. Und fair ist das regionale Einkaufen erst recht: Man kennt Herkunft und Produktionsbedingungen, anders als bei den importierten Billigprodukten im Supermarkt.

Und da sich heute immer mehr Menschen genau über diese Produktionsbedingungen informieren, wird das „Globalisierungs“-Spiel der großen Lebensmittelkonzerne immer schwerer durchzuhalten. Das Vertrauen der Konsument/-innen in die Billigangebote schwindet mit jeder neuen bekannt gewordenen schmutzigen Praktik in der Industrie.

Die voranschreitende Digitalisierung macht die Nutzung der „Marktschwärmerei“-Angebote recht einfach: Man bestellt alles, was man haben möchte, online. Die Übergabe der Lebensmittel in den Schwärmereien ist kontaktarm, denn alle ist schon in der Tüte. Und so verzeichnen die „Marktschwärmereien“ in den letzten beiden Jahren auch einen Boom.

„Der große Vorteil bei uns ist, dass man den Menschen in die Augen sehen kann. Wie geht es den Tieren? Wie bekämpft ihr auf dem Hof Schädlinge? Was fange ich mit Schwarzem Rettich an? Das können Sie bei uns die Person fragen, die Ihre Lebensmittel großgezogen hat“, erklärt Malinowski.

Weitere Pläne des Ernährungs-Unternehmers sind jetzt ein ernährungswissenschaftlicher Stammtisch im Leipziger Westen, ein Inkubator für Lebensmittel- und Ernährungsgründungen mit Ladenlokal und Coworkingspace sowie der Ausbau der Tätigkeit als Referent mit der Firma Olera, die er mit seiner Kommilitonin Isabel Koch im vergangenen Dezember gründete.

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