Am Dienstag, 20. Juli, bestätigte die Dienstberatung des OBM auch endlich die neuen Richtwerte für die Kosten der Unterkunft (KdU), die jetzt die Entwicklung der Leipziger Mietkosten auch wieder ein bisschen besser abbilden. Zur Ermittlung der neuen Richtwerte für die Kosten der Unterkunft hat das Sozialamt ein sogenanntes „Schlüssiges Konzept“ erarbeitet.

Diese Verwaltungsvorlage wurde durch den Oberbürgermeister Burkhard Jung in seiner Dienstberatung am 20. Juli 2021 bestätigt. Die neuen KdU-Sätze gelten ab 1. August 2021. Der Stadtrat wird in seiner Sitzung am 13. September 2021 informiert.Grundlage für die neu berechneten KdU-Sätze ist der am 23. Juni beschlossene neue Mietspiegel. (Zur Stadtratsvorlage)

Eigentlich sind es für die einzelnen Bedarfsgemeinschaften nur recht kleine Zuwächse, die sie jetzt als KdU zusätzlich bekommen können – 16,95 Euro monatlich zum Beispiel bei einem Ein-Personen-Haushalt oder 30,13 Euro bei einem Drei-Personen-Haushalt. Aus Sicht der Gutverdiener in Leipzig alles Peanuts. Für die Betroffenen ist es aber in der Regel die Frage, ob das Geld am Monatsende noch reicht oder ob sie dann wieder beim Einkauf fürs Essen sparen müssen.

Für das Gebiet der Stadt Leipzig treten diese Werte in Kraft. Grafik: Stadt Leipzig
Für das Gebiet der Stadt Leipzig treten diese Werte in Kraft. Grafik: Stadt Leipzig

Und für viele der aktuell 33.000 Bedarfsgemeinschaften ist die Sache längst dringend, wie auch das Dezernat Soziales, Gesundheit und Vielfalt betont: „Es wird davon ausgegangen, dass nach einer Anhebung der KdU-Richtwerte zum 01.08.2021 sofort 10 % der leistungsberechtigten Haushalte, die derzeit unangemessen hohe Mietkosten haben, unmittelbar Anspruch auf die neue KdU haben. Darüber hinaus werden im Jahr 2021 weitere 5 % der Bedarfsgemeinschaften eine Mieterhöhung erhalten.“

Was dann logischerweise wieder die Belastung für den Stadthaushalt erhöht. Dabei hofft die Stadt ja seit Jahren darauf, dass dieser Kostenblock endlich abschmilzt, weil auch die Zahl der Bedarfsgemeinschaften rückläufig ist.

Aber in einem Land, das nach wie vor einen derart großen Niedriglohnsektor und so viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse hat wie Deutschland, wird das so nicht eintreten, auch wenn die Verwaltung 2022 wieder mit abschmelzenden Unterkunftskosten rechnet: „Im vorläufigen Haushaltsplan 2021/22 sind die Aufwendungen für die Leistungen der KdU und Heizung mit 132,30 Mio. EUR für das Jahr 2021 bzw. mit 126,63 Mio. EUR für das Jahr 2022 veranschlagt.“

Da reicht der Blick in die Ruhrgebietsstädte, wo die Zahl der Berechtigten seit Jahren wieder steigt und sich der Anteil der Bevölkerung, der dauerhaft von gut bezahlter Arbeit ausgegrenzt ist, regelrecht verfestigt. Was man natürlich auch erwarten kann in einem Land, in dem Aufstiegschancen immer mehr vererbt werden und ganze Milieus systematisch ausgegrenzt und abgehängt werden.

Es ist eher erstaunlich, dass die Folgen auf politischer Ebene einfach nicht wahrgenommen werden. Denn diese systematische Ausgrenzung landet als Kostenblock logischerweise wieder in den Haushalten der Kommunen.

Für die Kosten der Unterkunft und Heizung werden im Jahr 2021 von der Stadt Leipzig voraussichtlich insgesamt 130,4 Millionen Euro ausgegeben (2020: 125 Millionen Euro). Wenn alles gutgeht, resultiert der Anstieg der KdU-Summe 2020 vorwiegend auf das Konto der Corona-Pandemie, die vor allem prekäre Arbeitsverhältnisse besonders hart traf. Wer eh schon schlecht verdient, verliert auch schneller seinen Job. Das ist in Leipzig nicht anders als im Ruhrpott.

Im Zeitraum Januar bis Dezember 2020 erhielten monatlich durchschnittlich 33.400 Bedarfsgemeinschaften Leistungen nach dem SGB II. Im Jahr zuvor waren es ähnlich viele Haushalte. Der in den Vorjahren stattgefundene Rückgang der Anzahl der leistungsberechtigten Haushalte trat im Jahr 2020 aufgrund der Corona-Pandemie so nicht ein.

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