Es sind im Grunde seit über fünf Jahren immer dieselben Kämpfe, die da zwischen der Stadt und den Leipziger Hausbesitzern geführt werden. Die Stadt versucht, mit einem qualifizierten Mietspiegel den Mietpreisanstieg einigermaßen im Zaum zu halten. Aber eine Zustimmung zum jeweils aktualisierten Mietspiegel von den Hausbesitzern bekommt sie nicht. Also braucht es, wie schon 2016 und 2018, wieder ein Votum des Stadtrates. Am Mittwoch, 23. Juni, stand die Abstimmung über den leicht verspäteten „Mietspiegel 2020“ auf der Tagesordnung.

Dass der Mietspiegel so umkämpft ist, hat damit zu tun, dass das starke Bevölkerungswachstum in den deutschen Großstädten den Wohnungsmarkt zu einer attraktiven Anlage für Investoren gemacht hat. Es wird nicht nur kräftig neu gebaut, sondern auch gekauft und weiterverkauft. Die Mieten steigen kräftig. Und wer als Mieter nicht die entsprechenden Einkommenszuwächse hat, hat ein Problem: Wie kann er sich gegen drastische Mieterhöhungen wehren?Dazu hilft der geltende Mietspiegel, der zumindest Grenzen setzt, was das Begehren nach einer Mieterhöhung durch den Vermieter betrifft. Obwohl er aus Sicht einkommensschwächerer Haushalte natürlich trotzdem ein zweischneidiges Schwert ist.

Was das vorlegende Dezernat Soziales, Gesundheit und Vielfalt auch betont: „Angesichts der aktuellen Diskrepanz zwischen Angebots- und Bestandsmieten ist ein qualifizierter Mietspiegel für die Mieter ein wichtiges Instrument zur Dämpfung von Mietsteigerungen. Dies ist für die Leipzigerinnen und Leipziger in einer Stadt mit einem Anteil an Mietwohnungen von 85 Prozent von hoher Bedeutung. Dennoch wird im Mietspiegel 2020 die Mietpreisentwicklung der letzten Jahre abgebildet. Der Mietspiegel dient daher den Vermietern als fundiertes Begründungsmittel zur Durchsetzung von Mietanpassungen.“

Denn einbezogen in die Erhebung wurden nur Wohnungen, die in den vergangenen sechs Jahren eine Mieterhöhung hatten.

Was dann natürlich im Vergleich zu den vorhergehenden Mietspiegeln spürbare Steigerungen in der Grundmiete bedeutet: „Im Ergebnis der Datenerhebungen der jeweiligen Mietspiegel wird eine gesamtstädtische Durchschnittsmiete ermittelt. Diese lag für den Mietspiegel 2016 bei 5,44 €, für den Mietspiegel 2018 bei 5,54 € und liegt nun für den Mietspiegel 2020 bei 5,89 €. Für den Mietspiegel werden seit 2020 nur Mieten berücksichtigt, die in den letzten sechs Jahren neu vereinbart oder geändert wurden. Für den Mietspiegel 2016 und 2018 galt noch ein Betrachtungszeitraum von vier Jahren.“

Normalerweise brauchte es keine extra Zustimmung durch den Stadtrat, wenn auch die Hausbesitzer in Leipzig zustimmen würden. Aber diese Zustimmung gibt es nicht: „Die Anerkennung der Qualifizierung des Mietspiegels durch die Interessenvertreter der Vermieter blieb regelmäßig seit der ersten Qualifizierung des Leipziger Mietspiegels 2016 aus. Haus & Grund spricht sich bundesweit für die Stärkung einfacher Mietspiegel und damit gegen die Qualifizierung von Mietspiegeln aus.“

Aber vor Gericht belastbar ist nur ein qualifizierter Mietspiegel. Wenn der nicht wenigstens von der Ratsversammlung beschlossen wird, fehlt den Mietern ein Instrument, sich gegen überhöhte Mietsteigerungen juristisch wehren zu können.

Die Alternative liest sich dann so: „Die mit einem einfachen Mietspiegel ermittelte Vergleichsmiete kann bei Mieterhöhungen leicht umgangen werden, indem Vermieter ihr Mieterhöhungsbegehren auf drei Vergleichswohnungen stützen. Damit sind Mieten über der ortsüblichen Vergleichsmiete bei der Anpassung von Bestandsmieten realisierbar. Dieses Vorgehen ist bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels nicht möglich. Bei einem qualifizierten Mietspiegel wird in gerichtlichen Verfahren vermutet, dass die darin enthaltenen Mietpreise zutreffend sind“, betont die Verwaltung.

Am 23. Juni stimmte der Stadtrat dann über die Verwaltungsvorlage ab. Zwar stellten die Fraktionen dann noch einmal ihre Bedenken und Positionen dar. Aber am Wesenskern, dass der qualifizierte Mietspiegel wenigstens hilft, Mietsteigerungen zu dämpfen, wurde nicht gerüttelt.

Ergebnis: Der Mietspiegel 2020 wurde am Mittwochabend beschlossen. Und damit trat er gleich „am Tag nach der Beschlussfassung in Kraft“, also am Donnerstag, 24. Juni. Damit hat er den Mietspiegel 2018 abgelöst.

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Prinzipiell finde ich den qualifizierten Mietspiegel gut, eben darum, dass der Vermieter nicht einfach mit 3 dämlichen Miet-Beispielen manipulieren und unberechtigt Einnahmen erzielen kann.
Ein Mietspiegel lässt – sachliche Erstellung vorausgesetzt – eine halbwegs faire Miethöhenermittlung zu.

Was mich allerdings sehr an diesem Konstrukt ärgert, ist, dass darin seit Jahren Merkmale vorhanden sind, die einfach nur Unsinn, zumindest in ihrer fiskalischen Bewertung, sind.

Besitzt jemand einen Handtuchheizkörper im Bad (reicht nicht zum Heizen) oder abschließbare Fenstergriffe, schlägt der Mietspiegel mit je ca. 30Cent/m² zu.
Das ist einfach unverhältnismäßig und meiner Meinung nach unseriös.
Damit macht sich das Konstrukt als faire und seriöse Berechnungsgrundlage angreifbar.

Passend zum Thema bekam ich dieser Tage eine Mieterhöhung per Post.
Basis: Mietspiegel 2018.

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