Welche Lebensmittel landen auf den Tellern der Deutschen und wie gesund sind sie? Der Trend im Land ist positiv, doch der Fleischkonsum noch immer zu hoch. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) in ihrem aktuellen Ernährungsbericht. Aber es verändert sich was, stellt Matthias Blüher fest, der sich an der Uni Leipzig mit der Volkskrankheit Adipositas beschäftigt.
„Um der steigenden Tendenz von Übergewicht in Deutschland in den kommenden Jahren entgegenzuwirken, muss auch der Verzehr von Fleisch deutlich zurückgehen“, sagt Prof. Dr. Matthias Blüher, Adipositasforscher an der Universität Leipzig.
Zu den guten Nachrichten aus dem Ernährungsbericht der DGE gehört: Gemüse liegt mit 104 Kilogramm pro Kopf im Jahr am meisten auf den Tellern in Deutschland. Die Tendenz ist steigend. Beliebt sind Tomaten, Möhren, Rote Rüben sowie Zwiebeln. Auch Hülsenfrüchte stehen in der Gunst der Konsumenten weit oben.
„Besonders gut für die Verbraucher sind Kohlarten, Broccoli, Blaubeeren oder Brombeeren, weil neben dem Reichtum an Vitaminen, Spurenelementen und Ballaststoffen mit vergleichsweise wenig Kalorien Sättigung erreicht werden kann“, erklärt der Diabetologe Blüher.
Eine ebenfalls positive Meldung: Deutsche trinken viel Mineralwasser sowie Kräuter- und Früchtetees. Der Verbrauch von Wasser steigt um 1,5 Liter im Vergleich zum Vorjahr und liegt nun bei 154 Litern pro Kopf im Jahr.
Der Professor für Klinische Adipositasforschung sagt: „In der Ernährungsberatung legen wir großen Wert darauf, dass Kalorien nicht über Getränke zugeführt werden. Somit sind Wasser und ungesüßte Getränke wie Tee ein wichtiger Bestandteil bei der Verhinderung und Therapie von Übergewicht.“
Wobei einschränkend erwähnt werden muss: Die DGE wertet hier nur die Menge der verkauften Getränke aus. Was man als Leitungswasser oder selbst bereitetes Getränk trinkt, wird gar nicht erfasst. Und es ist keineswegs ein positiver Trend, wenn die Deutschen mehr Mineralwasser kaufen, wenn sie Trinkwasser mit oft besserer Qualität direkt aus dem Hahn bekommen.
Oder mit den Worten der DGE: „Der Verbrauch von Mineralwasser steigt weiter um 1,5 l pro Kopf und Jahr und lag 2018 bei 154 l. Auch bei Kräuter- und Früchtetees steigt der Verbrauch um 400 ml pro Kopf und Jahr. Kaffee ist weiterhin beliebt mit Zuwächsen von 1,4 l pro Kopf und Jahr. Fruchtsäfte, -nektare und Gemüsesäfte sind mit -0,6 l pro Kopf und Jahr rückläufig im Verbrauch. Der Anstieg beim Verbrauch von Erfrischungsgetränken ist gestoppt und zeigt nur noch eine schwache positive Tendenz. Der Gesamtalkoholverbrauch sank weiterhin, wobei Bier mit einem Rückgang von -900 ml pro Kopf und Jahr am deutlichsten betroffen ist.“
Letzteres kann auch Blüher würdigen: Der Gesamtalkoholverbrauch sinkt in Deutschland, wobei Bier mit einem Rückgang von 900 Milliliter pro Kopf im Jahr am deutlichsten betroffen ist, zeigt die Analyse zum Lebensmittelverbrauch.
Und dann muss er dennoch die positive Einschätzung etwas korrigieren
Rückgänge sind nämlich „beim Verzehr von Obst zu verzeichnen. Äpfel, Birnen und Trauben sind nicht mehr so gefragt, im Trend liegen Beeren und Bananen. Getreideerzeugnisse und frische Kartoffeln kommen seltener auf den Teller als noch vor ein paar Jahren.“
Das klingt, als wäre das eine bewusste Entscheidung der Verbraucher und nicht die Folge deftig gestiegener Preise aufgrund geringerer Ernten. Was vor allem Verbraucher mit kleinem Haushaltsbudget zu spüren bekommen. Gesunde Ernährung hat nun einmal ihren Preis.
Der Verbrauch von Käse hingegen steigt weiter an mit durchschnittlich 200 Gramm jährlich pro Person.
Die Deutschen essen außerdem mehr Rind-, Kalb- und Geflügelfleisch. Allein der Konsum von Schweinefleisch ist um 370 Gramm pro Kopf im Jahr gesunken. Der gesamte Fleischverbrauch liegt seit langer Zeit weitgehend unverändert bei etwa 60 Kilogramm pro Kopf im Jahr.
„Mitunter verursacht erhöhter Fleischkonsum erhebliche Gesundheitsprobleme und kann zu Adipositas beitragen. Diese chronisch fortschreitende Erkrankung ist nicht heilbar, aber behandelbar“, erläutert Blüher.
„Wenn es gelänge, den Verzehr von tierischen Lebensmitteln zu senken und dafür eine pflanzenbetonte Ernährung mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, Getreideprodukten, Kartoffeln und Nüssen zu erreichen, könnten gleichzeitig die Risiken für Gesundheit und Klima reduziert werden. Damit trägt jeder Mensch nicht nur zur eigenen Gesunderhaltung bei, er kann auch für die gesamte Gesellschaft etwas bewirken.“
Blüher versteht das als Appell an die Deutschen und ihre Ernährungsgewohnheiten. Obwohl auch die Adipositas-Forschung in Leipzig zeigt, dass krankhaftes Übergewicht auch ein stark sozial bedingtes Problem ist. Denn die Zahlen der DGE sind auch nach ihrer eigenen Einschätzung problematisch, weil sie nicht wirklich zeigen, was die Menschen tatsächlich essen: „Das erste Kapitel des DGE-Ernährungsberichts schreibt traditionell die Entwicklung des Lebensmittelverbrauchs auf der Ebene der für die Energie- und Nährstoffversorgung wichtigen Grundlebensmittel fort. Die Agrarstatistik liefert mit ihren jährlichen Angaben über die Produktion in der Landwirtschaft und im Ernährungsgewerbe die aktuelle Datengrundlage zum Lebensmittelverbrauch.
Aufgrund der verbraucherfernen Datenerfassung beinhaltet sie auch Anteile wie Knochen, Tierfutter und Bio-Kraftstoff, die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Unter der Annahme, dass diese im Zeitverlauf stabil bleiben, ermöglicht sie unter ernährungsepidemiologischen Gesichtspunkten wertvolle Einblicke in aktuelle Entwicklungen des Lebensmittelverbrauchs und lässt Rückschlüsse auf die Nährstoffversorgung der Bevölkerung zu.“
Wenn also der Kartoffelverbrauch zurückgeht, kann das auch bedeuten, dass weniger Fertigprodukte (Kartoffelchips zum Beispiel) hergestellt wurden. Und wie viele Agrarprodukte und zumeist fett-, salz- und zuckerreiche Fertigprodukte verbraucht wurden, zeigt diese Statistik ebenfalls nicht, obwohl bekannt ist, dass gerade diese „billigen“ Fertigprodukte einen erheblichen Grund für eine früh angelegte Fettleibigkeit legen.
Eigentlich braucht es eine wesentlich detailliertere Statistik.
Denn dass auch die verarbeiteten Fettmacher und Suchtauslöser eine Rolle spielen, ist den Leipziger Adipositas-Forschern durchaus bekannt.
Die Universität Leipzig bietet eine vielfältige Forschungslandschaft, die sich der Prävention und Behandlung der Fettleibigkeit widmet. Zu den Themen der Adipositasforschung in Leipzig zählen unter anderem genetische Assoziationen, Stoffwechselstörungen, Mechanismen der Fettakkumulation, die Rolle des Gehirns beim Essen und therapeutische Interventionen zum Gewichtsverlust und -erhalt.
Das Übergewicht der Leipziger nimmt weiter zu und Armut hat fettmachende Ernährung geradezu zur Folge
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