Es hat ein bisschen gedauert. Schon am Mittwoch, 3. Juni, meldete das Sächsische Ministerium für Regionalentwicklung: „In den Städten Dresden und Leipzig gilt auch künftig eine abgesenkte Kappungsgrenze. Die bestehende Regelung wurde heute (3. Juni 2020) vom Kabinett um fünf Jahre bis zum 30. Juni 2025 verlängert.“ Am Montag, 8. Juni, hat nun auch Leipzigs Planungsbürgermeisterin ihre Freude über den Beschluss geäußert.

Das Ministerium hatte übrigens auch neue Zahlen zum Leerstand in den beiden Großstädten Leipzig und Dresden veröffentlicht, die zeigen, dass vom alten Leerstandspuffer nichts mehr übrig gelieben ist und von einer „angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt“ zu sprechen eine echte Verharmlosung ist: „In beiden Städten wurde eine sehr geringe Leerstandsquote (Dresden: 1,5 Prozent; Leipzig: 0,7 Prozent) festgestellt. Die für den normalen Mieterwechsel notwendige Leerstandsreserve, die auf einem funktionierenden Markt bei etwa drei Prozent liegt, ist damit deutlich unterschritten.“

Das ist in beiden Städten weniger, als für einen Wohnungsmarkt mit minimaler Leerstandsreserve notwendig wäre. Und das trifft vor allem die Haushalte mit niedrigem Einkommen, die innerhalb der Stadt kaum noch eine Ausweichwohnung finden, wenn sie zum Umzug gezwungen sind.

Mit der neu erlassenen Kappungsgrenzen-Verordnung der Sächsischen Staatsregierung dürfen Mieten in bestehenden Mietverträgen innerhalb von drei Jahren nur um maximal 15 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden. Die Kappungsgrenze gilt in Leipzig nun zunächst für weitere fünf Jahre.

Die Stadt hatte dies entsprechend eines Stadtratsbeschlusses von 2017 beim Freistaat Sachsen beantragt.

Die Kappungsgrenzenverordnung gilt in Sachsen seit Juli 2015 für die Stadt Dresden und seit Februar 2018 für die Stadt Leipzig. Die Verordnung sollte eigentlich zum 30. Juni 2020 außer Kraft treten. Sachsen ist indes eines der wenigen Bundesländer, die das Instrument der Mietpreisbremse nicht nutzen.

Andernfalls dürfte die Miete bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, kritisiert vor allem die Linkspartei den engen Fokus der Verordnung. Im Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und SPD ist verankert, dass die rechtlichen Voraussetzungen zur Einführung der Mietpreisbremse noch 2020 geschaffen werden sollen.

Angebots- und Bestandsmieten in Leipzig steigen

„Unsere Daten belegen eindeutig, dass eine nahtlose Fortsetzung der abgesenkten Kappungsgrenze zur Dämpfung des Mietenanstieges in Leipzig notwendig ist“, betont nun Dorothee Dubrau, Bürgermeisterin für Stadtentwicklung und Bau. So steigen sowohl Bestands- als auch Angebotsmieten in Leipzig kontinuierlich an.

Gesetzliche Grundlage der erlassenen Verordnung ist Paragraph 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Demnach kann der Vermieter die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen, wenn diese seit 15 Monaten unverändert ist. Die Erhöhung kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Zudem darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren generell nicht um mehr als 20 Prozent erhöhen – das ist die sogenannte Kappungsgrenze.

Ist in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet – wie erneut für die Stadt Leipzig festgestellt – darf nur um maximal 15 Prozent erhöht werden. Die Landesregierungen sind ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.

Aber wie die Milieuschutzsatzung, die am Mittwoch, 10. Juni, in der Leipziger Ratsversammlung diskutiert wird, gehen hier die Meinungen der politischen Parteien völlig auseinander. Während die einen die Sorgen der vielen Mieter/-innen mit kargen Einkommen sehen, nehmen die anderen die Sicht der Wohnungs- und Hauseigentümer ein, auch wenn sie es so deutlich nicht sagen. Was es letztlich ja so schwer machte, die sächsische Staatsregierung überhaupt dahin zu bringen, wieder Maßnahmen für einen sozial abgefederten Wohnungsmarkt zu ergreifen.

Ein kleines Instrument gegen den „Mietenwahnsinn“

Die Linksfraktion im Landtag begrüßte das Vorhaben der Landesregierung, die Kappungsgrenzenverordnung neu aufzulegen, schon Ende Mai.

„Die Kappung von Mieterhöhungen ist insbesondere für Leipzig und Dresden ein wichtiges Instrument, um den Anstieg der Mieten zumindest zu dämpfen. Es ist auch in Zukunft nicht zu erwarten, dass sich die Wohnungsmärkte in den beiden großen Städten Sachsens entspannen. Im Gegenteil: Auch im Umland wird Wohnraum knapper und Mieten steigen“, erklärte die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel.

„Die Kappungsgrenze von 15 Prozent bei Bestandsmietverträgen ist allerdings nur ein Instrument, um Mieterinnen und Mieter zu schützen. Wir erwarten, dass die Landesregierung endlich auch die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Instrumente der Mietpreisbremse und des Zweckentfremdungsverbotes nutzt und dabei das Parlament einbezieht.“

Am Donnerstag, 4. Juni, begrüßte auch Thomas Löser, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, die neue Verordnung.

„Ich begrüße die Verlängerung der Kappungsgrenzen-Verordnung für Dresden und Leipzig. Somit können Mieten in bestehenden Mietverhältnissen innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent angehoben werden. Es macht einen Unterschied, ob eine Familie mit drei Kindern bei einer Bestandsmiete von ehemals 800 Euro jetzt 920 Euro oder 960 Euro zahlt“, sagte er.

„Klar ist aber auch: Die Kappungsgrenze ist nur ein Steuerungsinstrument von vielen. Viele weitere Schritte müssen dafür sorgen, dass Mieten im angespannten Wohnungsmarkt bezahlbar bleiben. Es braucht jetzt schnell die Schaffung der Grundlagen für die Einführung der Mietpreisbremse in Leipzig und Dresden, die weitere Ankurbelung des sozialen Wohnungsbaus in Sachsen und die Fortschreibung der Förderrichtlinie für den sozialen Wohnungsbau.

Bezahlbares Wohnen sollte in unserem Sozialstaat ein Grundrecht sein. Der Wohnungsmarkt allein kann dieses nicht garantieren, daher braucht es politische Regulierung. Die Verlängerung der Kappungsgrenzen-Verordnung ist Teil des Koalitionsvertrags zwischen CDU, Bündnisgrünen und SPD. Wir werden uns weiterhin für bezahlbares Wohnen in Sachsen einsetzen.“

Anja Feichtinger: Die Kappungsgrenzenverordnung allein reicht nicht

Seit 2017 hatte Leipzigs Stadtrat darum gerungen, das Instrument Kappungsgrenze auch in der Messestadt nutzen zu können. Im Mai 2017 hatte die Leipziger Ratsversammlung eine Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen von 20 auf 15 Prozent innerhalb von drei Jahren beschlossen.

„Dass wir mit dieser Entscheidung die Möglichkeit haben, weitere fünf Jahre Mietpreiserhöhungen bei 15 Prozent innerhalb von drei Jahren zu deckeln, ist ein richtiger Schritt“, erklärt die wohnungspolitische Sprecherin der Leipziger SPD-Fraktion Anja Feichtinger.

„Die Situation am Leipziger Wohnungsmarkt ist noch immer schwierig, weil wir u. a. durch viele Zuzüge nach wie vor eine sehr geringe Leerstandquote haben. Das wirkt sich auch auf die Mietpreise aus. Ich gehe davon aus, dass sich diese Situation in den nächsten Jahren nicht deutlich ändern wird. Das Signal aus Dresden kommt mit Blick auf die Folgen der Corona-Pandemie sicher zu einem guten Zeitpunkt, aber die Problemlagen an sich gab es schon vor der Pandemie und es wird sie auch danach geben.“

Der Wohnungsleerstand liegt ja in Leipzig eben nicht bei den von der Stadtverwaltung oft genannten zwei Prozent, sondern nach Auskunft der Landesregierung bei 0,7 Prozent. Die für den normalen Mieterwechsel notwendige Leerstandsreserve, die bei einem funktionierenden Markt bei etwa 3 Prozent liegen müsste, ist damit deutlich unterschritten. Die Angebotsmieten für neu vermietete Wohnungen in Leipzig steigen schneller als die Bestandsmieten. Das ist ein Indiz dafür, dass die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt größer ist, als das Angebot an freien Wohnungen.

„Die niedrigere Kappungsgrenze allein wird die Lage auf dem Mietwohnungsmarkt nicht ändern können. Es muss auch zukünftig mehr Wohnraum, insbesondere im preisgünstigen Segment, geschaffen werden. Auch mit den sozialen Erhaltungssatzungen, die im Juni 2020 beschlossen werden sollen, kommen wir dem Ziel näher, den erhitzten Wohnungsmarkt etwas abzukühlen“, betont Feichtinger.

„Meine Fraktion macht sich seit langem für ein Zweckentfremdungsverbot stark, wodurch verhindert werden soll, dass reguläre Mietwohnungen beispielsweise in Ferienwohnungen umgewidmet und damit dauerhaft dem Wohnungsmarkt entzogen werden. Eine aktuelle Untersuchung, die die Stadt kürzlich vorgelegt hat, macht deutlich, dass hier Handlungsbedarf besteht.

An dieser Stelle ist jetzt wieder der Freistaat Sachsen gefragt, der eine entsprechende rechtliche Grundlage für dieses Instrument schaffen muss. Um wirkliche Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter zu schaffen, müssen die Maßnahmen und Instrumente gut ineinandergreifen. Daran wird die Leipziger SPD-Fraktion weiterarbeiten.“

Nach über einem Jahr kommen die Leipziger Milieuschutzsatzungen am 10. Juni im Stadtrat zur Abstimmung

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