Die schnelle Ausbreitung des Coronavirus ist eine direkte Folge der Globalisierung. In mehrfacher Hinsicht. Angefangen vom explosionsartigen Auftreten am ursprünglichen Infektionsherd in Wuhan und dann in all den schnellen Sprüngen – meist per Flugzeug – in mittlerweile 180 Ländern der Erde. Und gerade erst deutet sich an, dass mit den Schutzmaßnahmen auch die globalisierten Lieferwege ins Stocken geraten. Nicht nur die Leopoldina mahnt: Jetzt müssen wir umsteuern!

In ihrem dritten Statement zur Entwicklung der Coronvirus-Krise schrieb sie unter dem Stichwort Nachhaltigkeit auch: „Angesichts der tiefen Spuren, welche die Coronavirus-Krise hinterlassen wird, vor allem aber wegen der mindestens ebenso bedrohlichen Klima- und Biodiversitäts-Krise kann es nicht einfach eine Wiederherstellung des vorherigen Status geben. Nicht zuletzt gilt es, aus den Erfahrungen mit der Coronavirus-Pandemie und ihren Ursachen Lehren für die Zukunft zu ziehen. Die generelle Zunahme der Bevölkerung, Urbanisierung und globale Mobilität, die Vernichtung und Abnahme der Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen durch Landnutzungsänderungen und der Klimawandel tragen wesentlich zum Ausbruch von Epidemien und Pandemien bei.“

Denn Länder, die sich bei Abschottung der Handelswege nicht mehr allein versorgen können, bekommen jetzt ein Problem. Andererseits aber haben gerade jetzt im Lockdown die großen Einzelhandelskonzerne alle Karten in der Hand, mit der regionalen Konkurrenz aufzuräumen und sich den ganzen Markt zu sichern.

Die Gefahr sieht auch der BUND Leipzig.

Die nächsten Wochen und Monate können entscheidend dafür sein, wie unsere Orte und vor allem Innenstädte zukünftig aussehen werden. Denn neben den gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie werden auch wirtschaftliche Veränderungen zu sehen sein. Vor allem kleine Läden und die lokale Gastronomie leiden unter den Auswirkungen der Corona-Krise, während große Online-Händler und europaweit agierende Lieferplattformen steigende Umsätze verzeichnen.

Dazu erklärt der Vorsitzende des BUND Leipzig, Martin Hilbrecht: „Der BUND Leipzig ruft alle Menschen dazu auf, durch ihr Einkaufsverhalten die regionalen Strukturen zu stärken. Lokal einkaufen hilft den Kleinunternehmen, sichert Arbeitsplätze vor Ort und vermeidet Verkehr. Jeder Einkauf ist dabei auch ein Zeichen der Solidarität mit dem Einzelhandel, der Gastronomie oder dem Stand auf dem Wochenmarkt.“

Auch viele kleinere Läden, die bislang nicht über ein Onlineangebot verfügten, haben jetzt neue Angebote. Es lohnt sich also, danach zu suchen, bevor direkt bei den bekannten Online-Konzernen bestellt wird. Und auch bei Essensbestellungen sollte geschaut werden, ob das Restaurant um die Ecke nicht auch selbst liefert. So kann der Zwischenschritt der Lieferplattform gespart werden und es bleibt mehr Geld beim Gastronomiebetrieb. Eine weitere Möglichkeit, die Gewerbetreibenden in der aktuellen Situation zu unterstützen, ist der Kauf von Gutscheinen, die dann später eingelöst werden.

Es gibt verschiedene Plattformen, bei denen sich kleinere Läden und Gastronomiebetriebe registrieren können:

www.paynoweatlater.de

www.rette-deinen-lieblingsladen.de

kiezware.de

www.lokalos.de

Martin Hilbrecht betont etwas, was künftig immer wichtiger werden wird: „Wir haben es bei jedem Einkauf selbst in der Hand, wo und wie wir unser Geld ausgeben und das übrigens unabhängig von Corona. Wer lebenswerte Städte und Ortskerne erhalten will, muss die Geschäftstreibenden vor Ort unterstützen. Nur so kann eine Verödung verhindert und die Nahversorgung dauerhaft gesichert werden. Somit können lokale Strukturen gestärkt, ökologischeres Handeln unterstützt sowie Verkehr und damit Lärm und Abgase vermieden werden.“

Und es geht ja nicht nur um die Händler, sondern erst recht um die regionalen Produzenten. Eine Stadt der kurzen Wege, in der man gut ohne eigenes Auto leben kann, braucht eine gute Nahversorgung. Gleichzeitig können kleinere Geschäfte leichter lokale Anbieter/-innen bei ihrer Produktauswahl berücksichtigen. Und an die Einzelhändler/-innen und Gastronom/-innen appelliert Hilbrecht: „Bitte liefern Sie, wo immer möglich, mit dem Fahrrad aus, bündeln Sie ihre Lieferungen und verzichten Sie weitgehend auf Umverpackungen aus Kunststoff. So kann ihre Lieferung noch nachhaltiger werden!“

Link zum BUND-Projekt „NKI: Klimafreundlicher Lieferverkehr für saubere und lebenswerte Städte“.

Tatsächlich geht es dabei auch um die ganzen Fragen des Artenschutzes. Denn nichts zerstört die globale Artenvielfalt so gründlich wie die industrialisierte Landwirtschaft, die keine Rücksicht auf Schutzräume, Wasservorkommen oder die Belastung der Atmosphäre mit klimaschädlichen Gasen nimmt.

Etwas, was die meisten Menschen gar nicht wahrnehmen, wenn sie ihren Einkauf im Supermarkt erledigen. Wie man es anders machen kann, schildert zum Beispiel Michaela Koschak in ihrem Buch „Klimaschutz im Alltag“. Und welche Folgen unser Wegschauen hat, erzählt Manfred Kriener in „Leckerland ist abgebrannt“.

Gleichzeitig sorgt die massive Abhängigkeit Deutschlands von Billiglieferketten aus Asien und Südamerika dafür, dass die Selbstversorgung des Landes in Krisenzeiten auf tönernen Füßen steht. Der Kampf um eine Stabilisierung der Artenvielfalt geht direkt einher mit der Rückgewinnung einer ökologisch ausgerichteten Landwirtschaft und der Rückbesinnung auf eine klimaschonende Nahversorgung.

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