2015 reichte es zu einem 4. Platz. Hauptstadt des fairen Handels wurde damals Saarbrücken. Leipzigs Bemühen darum, eine Stadt fairen Handels zu werden, wurde zumindest mit einem Anerkennungspreis gewürdigt. 2019 will Leipzig nun erneut in das Rennen um den Titel „Hauptstadt des fairen Handels“ gehen. Der Weg zu einer wirklich fairen Handelswelt ist noch weit. Da müsste eigentlich die EU-Kommission in sich gehen und all ihre Freihandelsverträge auf den Prüfstand stellen.
Es geht um Subventionen, um Marktbeherrschung und Preisdumping. Gerade in der Unfairness der Handelsbeziehungen zeigt sich die Gnadenlosigkeit der ganz und gar nicht „unsichtbaren Hand“ des Marktes. Denn mittlerweile wissen wir eine Menge darüber, wie große Modeartikelhersteller ihre Ramschpreise durch rabiates Absenken der Arbeitsstandards in asiatischen Kleiderfabriken zustande bekommen, wie viele Lebensmittelprodukte in unseren Supermärkten nur deshalb billig zur Verfügung stehen, weil dafür in Ländern Afrikas oder Südamerikas zu miserablen Arbeitsbedingungen produziert wird und auch Umweltstandards gründlich unterlaufen werden. Das macht vor scheinbar werthaltigen Produkten nicht halt, egal, ob es um Aluminium- oder Tropenholz-Importe geht.
Teilweise ist die marktbeherrschende Stellung der Konzerne, die mit solchen Methoden arbeiten, so groß, dass faire und umweltschonende Produkte daneben keine Chance haben, je den Weg zum Kunden zu finden.
Verständlich also, dass der Weg zu einer Stadt, in der man sich rundum fair versorgen kann, weit ist. Und er führt auch in Leipzig vor allem über viele kleine Akteure, die sich ganz bewusst dafür entscheiden, nur noch mit fairen Produkten zu handeln – so wie der Weltladen.
Andere nehmen einzelne faire Produkte ins Angebot.
Aber schon die Beschaffungspolitik einer Stadtverwaltung zeigt, dass man oft lange braucht, um auch nur einzelne Beschaffungsposten auf „fair“ umzustellen. Das ist jetzt endlich auch der Leipziger Feuerwehr gelungen.
„Wir haben mit dieser Unterstützung ein erstes Projekt, bei dem faire Kriterien in der Beschaffung nachweislich berücksichtigt wurden, erfolgreich abschließen können“, erläuterte Peter Heitmann, Leiter der Leipziger Branddirektion, am Dienstag bei der Vorstellung der neuen Bewerbungsrunde um den Titel „Hauptstadt des fairen Handels“.
„Wir haben erstmals Polo-Shirts, T-Shirts und Sweat-Shirts aus erwiesenermaßen fairer Produktion beschaffen können. Unsere anfängliche Sorge um mögliche Kostensteigerungen war dabei unbegründet – das faire Angebot war gleichzeitig auch das günstigste. Ein zweites Projekt der Branddirektion zum Kauf von Diensthemden und -blusen, unter Berücksichtigung sozial fairer und nachhaltiger Aspekte, steht kurz vor dem erfolgreichen Abschluss.“
Der Markt verändert sich also allmählich. Je mehr Kommunen und Konsumenten faire Produkte nachfragen, umso eher schaffen es Produzenten auch, genug solcher Produkte zu verkaufen und damit rentabler zu werden.
Es ist nur ein Punkt aus der neuen Bewerbungsmappe, mit der es Leipzig jetzt schaffen will, den Titel zu gewinnen. Die Mappe enthält Aktionen zur Förderung fair gehandelter Produkte wie Schokolade, Blumen, Kleidung oder Sportbälle, Veranstaltungen wie Infoabende, Filmvorführungen und Stadtrundgänge sowie Maßnahmen zur Stärkung des lokalen Netzwerks „Leipzig handelt fair“. Denn dieses Netzwerk ist es, das auch in den Jahren zwischen den Wettbewerben nicht aufhört, für Aufmerksamkeit für faire Produktion zu sorgen.
„Wir haben unsere Zusammenarbeit in vielerlei Hinsicht professionalisiert, ein neues Corporate Design und eine Geschäftsordnung erarbeitet und gezielt die Zusammenarbeit mit Einzelhändlern und Gastronomen gesucht“, sagt Martin Finke vom Eine Welt e. V. Leipzig, der die Koordination des Netzwerks „Leipzig handelt fair“ übernommen hat. Dazu beigetragen haben zwei vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderte Stellen, für die die Stadt Leipzig per Ratsbeschluss die erforderlichen Eigenanteile beisteuerte.
Und der Umweltbürgermeister erinnert sich daran, dass man 2015 schon mal ziemlich nah dran war am Titel: „Der vierte Platz brachte uns vor vier Jahren nicht nur den Motivationsschub, auf Anhieb einen der fünf Hauptpreise gewonnen zu haben“, sagt Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal. „Der eigentliche Nutzen ergab sich im Zuge der Erarbeitung der Bewerbungsunterlagen, was uns einen guten Gesamtüberblick gab. Wo wir Handlungsbedarf sahen, haben wir in der Zwischenzeit angesetzt“.
Um nachhaltige und faire Beschaffung auch innerhalb der Stadt und ihrer Eigenbetriebe sowie Beteiligungsunternehmen zu stärken, wurde im Umweltdezernat ebenfalls eine Fördermittelstelle eingerichtet.
Außerdem in die Bewerbung eingeflossen ist eine gemeinsame Aktion von Stadtverwaltung, Leipziger Gruppe, Fußballverband und Vereinen zur Einführung fair gehandelter Bälle in Leipziger Schulen und Jugendmannschaften. Ebenso die erste Leipziger Fashion Revolution Night, die im April aus dem Stand hunderte Besucher zur Modenschau von mehr als 20 Leipziger Händlern und Designern fairer Mode in die Moritzbastei lockte.
Weitere Aktivitäten zum fairen Handel sind in Vorbereitung, darunter thematische Stadtrundgänge, ein Fußballturnier mit fairen Bällen, eine Diashow zu fairen Gewürzen und ein Kaffeevortrag. In Kürze erscheint auch die Neuauflage des Fairen Einkaufsführers für Leipzig zusammen mit einem Grußwort von Prof. Dr. Jörg Junhold. Den Direktor des Leipziger Zoos konnte das Netzwerk als prominenten Botschafter für die Idee des fairen Handels gewinnen.
Seit 2003 richtet die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) im Auftrag des BMZ alle zwei Jahre den Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ aus. 2019 werden Preisgelder in Höhe von insgesamt 200.000 Euro ausgelobt. Die Preisträger werden im September bekannt gegeben.
Fair-Handels-Akteure fordern verbindlichen Schutz von Menschenrechten auch von der EU-Politik
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