Was macht man eigentlich in einer verfahrenen Wohnungspolitik, in der versammelte politische Wirklichkeitsverweigerer regulieren, was nicht reguliert werden muss und damit die Preise hochtreiben, während das Geld an anderer Stelle fehlt? Die Grünen-Fraktion beantragt jetzt eine Senkung der Kappungsgrenze für Leipzig.

Am 31. Juli 2015 trat in Sachsen die Kappungsgrenzen-Verordnung in Kraft. In dieser Verordnung ist bislang als einzige sächsische Kommune die Stadt Dresden als eine Gemeinde im Sinne des § 558 Absatz 3 Satz 2 BGB definiert. Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist der Auffassung, dass nun auch für das Gebiet der Stadt Leipzig die Voraussetzungen für die Einführung einer abgesenkten Kappungsgrenze bei Bestandsmieten vorliegen. Der Wohnungsleerstand ist auf 3 Prozent gesunken. Gerade wer wenig verdient, findet kaum noch angemessenen Wohnraum zu einem bezahlbaren Preis.

Noch wirkt auch auf dem Wohnungsmarkt das Prinzip Angebot und Nachfrage. Und solange auch genug Mieter da sind, die auch hochwertigen Wohnraum für deutlich mehr Miete nehmen, wird auch für diese Klientel gebaut. Und zwar ausschließlich.

Das wird sich auch in diesem Jahr nicht ändern, wenn Leipzig endlich 20 Millionen Euro Förderung für sozialen Wohnraum bekommt – der nicht wirklich bezahlbar sein wird, weil die Förderbedingungen auf Mieten um 6 bis 6,50 Euro abzielen. Nichts von dem, was die Gesetzgeber in Berlin und Dresden für den aktuellen Wohnungsmarkt beschließen, hat mit der realen Grundlage dieser Stadt zu tun: den flächenmäßig niedrigen Einkommen, die praktisch die halbe Stadtbevölkerung nicht in die Lage versetzen, Wohnungen mit mehr als 5 Euro Kaltmiete dauerhaft zu finanzieren.

Ein Ergebnis einer durchwachsenen Klientelpolitik gerade in Berlin, wo man im Gegenzug durch immer mehr Auflagen beim Brandschutz, bei der Wärmedämmung usw. die Baukosten so in die Höhe treibt, dass selbst gutwillige Bauherren keinen Wohnraum mehr unter 10 Euro kalt herstellen können. Gerade das ist ein Bereich, der normalerweise ideal für echten Wettbewerb ist.

Da passt ein Gesetz nicht zum anderen. Selbst die Wohnungsgenossenschaften verzweifeln, weil keiner dieser Wege wirklich belastbar und gangbar ist.

Man schimpft zwar über diese nun endlich wieder verfügbaren Zuschüsse für mietpreisgebundenen Wohnungsbau. Aber die Wahrheit ist – es entsteht nicht nur nicht genug sozialer Wohnraum, es entsteht nicht mal ein Ansporn, den Bau bezahlbarer Wohnungen wieder in die Hände von Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften zu legen.

Da können auch die Grünen nur eine marginale Entspannung beantragen.

„In Zusammenhang mit der im Dezember 2016 in Kraft getretenen neuen Richtlinie zur Förderung von sozialem Wohnungsbau der Sächsischen Staatsregierung wurde laut Sächsischen Staatsministeriums des Innern festgestellt, dass alle maßgeblichen Indikatoren bezüglich Bevölkerungswachstum, Wohnraumnachfrage, Leerstandsquote, Angebotsmiete und Mietbelastung für das Gebiet der Stadt Leipzig vorliegen, die eine zukünftige Gefährdung der Versorgung von einkommensschwachen Haushalten mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen erkennen lassen“, sagt Tim Elschner, Stadtrat und stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Den Antrag stellen sie auch, weil das Programm für sozialen Wohnungsbau der sächsischen Staatsregierung hinten und vorne nicht reicht. Darauf weisen sie in ihrem Antrag extra hin: „Aktuell wird der Bedarf an neuen Sozialwohnungen für die Stadt Leipzig auf jährlich 1.500 beziffert. Aufgrund des neuen sozialen Wohnungsbauförderprogramms des Freistaates Sachsen mit einer jährlichen Bewilligungssumme in Höhe von 20 Millionen Euro können in den nächsten drei Jahren allerdings bestenfalls insgesamt 1.500 neue Sozialwohnungen in Leipzig entstehen. Weil sich die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt vor allem im unteren Marktsegment mittlerweile bemerkbar macht und sowohl bezahlbarer wie preisgünstiger Wohnraum in Leipzig immer mehr zur Mangelware wird, hält die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen es für geboten, diese auch im vom Stadtrat im Oktober 2015 beschlossenen Wohnungspolitischen Konzeptes verankerte Maßnahme ‚Absenkung der Kappungsgrenze‘ nun zur Anwendung zu bringen.“

Das könnte den Mietpreisanstieg zumindest dämpfen. Eine Lösung für das politisch verursachte Dilemma ist es auf längere Sicht noch nicht.

Der Antrag der Grünen-Fraktion.

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Keine Kommentare bisher

Ob der Schritt mit den Kappungsgrenzen der richtige ist, kann bezweifelt werden.
Die “Mietpreisbremse” hat – alles was man so liest – nicht den gewünschten sondern eher den gegenteiligen Effekt. Derartig gemaßregelt wird ein Vermieter jede sich ihm bietende Möglichkeit nutzen, die Miete um das maximal zulässige zu erhöhen.
Die Politik sollte sich eher mit dem Phänomen der Luxuswohungen beschäftigen. Die privaten Strukturvertriebe, die Leipzig als unendliches Geschäftsfeld erkoren haben, sind schon schlimm genug. Solche Projekte:
https://www.gletschersteinstrasse.de
sind für mich unerträglich.
Fehlende Sozialwohungen ist ein (wichtiges) Thema – aber auch für die Mittelschicht wird die Wohungssuche zunehmend problematisch.

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